Krankenpfleger: Leben retten und putzen

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Pfleger Alwin Rusche bei der Arbeit.                     Foto: Schlie

Sie müssen geduldig und schnell sein sowie über Nerven aus Stahl verfügen: Die Leistungen von Menschen in der Pflege werden allzu leicht unterschätzt. Der WESER REPORT hat einige von ihnen auf der Intensivstation des Rotes Kreuz Krankenhaus besucht.
Ein Alarm erklingt. Alwin Rusche lässt das Kopfkissen fallen, das er gerade beziehen wollte und bellt: „Los, Notfall“. Er hat das Zimmer 5 auf der Intensivstation des Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK) bereits verlassen, als ich zu begreifen beginne.

Ich versuche den stellvertretenden Stationsleiter bei seinem Sprint über Flure und durch das Treppenhaus einzuholen. Vergeblich. Ab und zu erhasche ich einen knappen Blick auf den 15 Kilogramm schweren Notfall-Rucksack den er trägt. Als ich schließlich das Zimmer im dritten Stock erreiche, ist Rusche bereits Teil eines Szenarios, wie man es sonst nur aus Filmen kennt.

Ein starker Stromstoß wird durch den Körper des Intensivpatienten gejagt

In dem Raum schwirren sieben Pfleger und Ärzte um einen übergewichtigen Herren herum, der offensichtlich fast keinen Herzschlag mehr hat. Ein Pfleger drückt mit aller Kraft immer wieder auf seinen Brustkorb, während ein Arzt den Defibrilator vorbereitet. Mit einem lauten „Wupp“ wird der starke Stromstoß durch den Körper des Intensiv­patienten gejagt. Er zuckt und reißt die Augen auf.

Dann beginnt ein anderer Mann erneut damit auf den Brustkorb zu pressen. Wertvolle Sekunden vergehen. Medikamente werden gespritzt. Dann das zweite „Wupp“. Ein anderer Arzt tas­tet in der Leistengegend des Patienten. „Wir haben regelmäßigen Puls.“ Der andere fordert: „Intubieren.“

Allem Stress zum Trotz bleibt Rusche ruhig und reicht ihm ein merkwürdig gebogenes Instrument namens Laryngoskop. Das wird dem Mann in den Hals gezwungen. Gefolgt von einem Schlauch zur Beatmung. Danach bringen ein Arzt, Rusche und ich den Mann in kritischem Gesundheitszustand zur weiteren Behandlung auf die Intensivstation. Ob er die nächsten zwei Tage überleben wird, ist zweifelhaft.

Der Tod ist ein natürlicher Teil der Intensivstation

Insgesamt 16 Betten befinden sich auf der Intensivstation im ersten Stock des RKK. In Schichtdiensten sorgen dort Pfleger und Ärzte rund um die Uhr für die Patienten, die je nach Schwere der Krankheit in Einzel- oder Zweibettzimmern untergebracht sind. Hinzu kommen sechs Betten, die außerhalb der Station, in unmittelbarer Nähe der Operationsräume betreut werden.

Der Tod ist ein natürlicher Teil der Intensivstation. Dennoch findet Rusche die Balance zwischen Empathie und professioneller Distanz. Fast spielerisch gelingt ihm ein mitfühlender und herzlicher Umgang mit Menschen, die sich vielfach im letzten Kapitel ihrer Lebensgeschichte befinden.

Der Beruf des Pflegers ist dabei von einer bemerkenswerten Zwitterhaftigkeit. Zum einen müssen sie in Notfall-Situationen immer wieder Nerven aus Stahl beweisen oder komplexe Medikamenten-Mixe für die Patienten erstellen und gleichzeitig all jede Arbeiten leisten, die mit Hygiene und Sauberkeit zu tun haben – Popos abwischen und Betten beziehen inklusive.

Auf die Frage, ob sein Beruf genug Anerkennung erfahre, antwortet Pfleger Rusche mit einem Schmunzeln: „Sicherlich nicht, aber das ist für viele Pflegende auch nicht entscheidend. Man muss diesen Job ohnehin um seiner selbst willen lieben, um ihn ausüben zu können.“

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