Kommentar – Farbspiele: Rot zwischen Schwarz und Grün

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„Selbst Schuld“ – hörte man nach dem Wahldebakel für die Bremer SPD aus sozialdemokratischen Mündern. Wer den Wahlkampf scheue, dürfe sich nicht wundern, ein so schlechtes Ergebnis einzufahren. Doch die gesamte SPD-Riege ist in der Verantwortung.

Die vom Wahlergebnis geschockten Genossen sparen bei aller Hochachtung nicht mit Kritik an Jens Böhrnsen. Berechtigt. Die Darbietung, extrem zugeschnitten auf den Bürgermeister, war ein Hauch von Nichts.

Fehlentscheidung der gesamten SPD-Riege

Annette Kemp,
Chefin vom Dienst,
Weser Report

Böhrnsen war nicht allein. Seine Genossen hatten es sich auf dem rot-grünen Sofa gemütlich gemacht und geglaubt, der Jens wird es schon richten. Eine Fehlentscheidung der gesamten SPD-Riege, die sich nun  dringend berappeln und auch mal eigene Stärken zeigen muss. Das hoffen auf eine schwache CDU reicht nicht mehr aus

Hinzu kommt die Befürchtung vieler Sozialdemokraten, Wähler extrem zu enttäuschen. Tausende Bremer haben Jens Böhrnsen direkt gewählt und auch für Rot-Grün votiert. Jetzt bekommen sie Böhrnsen garantiert nicht und vielleicht auch keine rot-grüne Regierung. Das ist nach der festen Koalitionsaussage im Wahlkampf schwer zu erklären.

Es kommt auf  Personenstimmen an

Mit dem Rücktritt ist alles anderes geworden. Böhrnsen, der den Christdemokraten in jüngster Vergangenheit stets eine Absage erteilt hatte, machte den Weg frei  auch für eine Großen Koalition. Die ist bei der SPD unbeliebt. Rund Zwei-Drittel der Funktionsträger sprechen sich gegen diese Variante und für Rot-Grün aus.

Deren Mehrheit wäre mit 44 Sitzen – bei insgesamt 83 in der Bremischen Bürgerschaft – allerdings äußerst gering. Ausscheren dürfte niemand, regieren wäre schwierig. Deshalb ist es besonders interessant, wer über die Personenstimmen ins Parlament einzieht – Befürworter der Großen Koalition, von Rot-Grün, Unerfahrene oder auch Querulanten, die sich nicht gerne Fraktionszwängen unterwerfen. Jede einzelne Abstimmung müsste streng abgesprochen werden. Eine brisante Gemengelage.

Sieling, Güthnner, Mäurer oder doch Grotheer?

Dr. Carsten Sieling
Antje Grotheer

Schließlich kommt es auch darauf an, wer die Nachfolge von Böhrnsen antritt. Für eine Große Koalition käme Wirtschaftssenator Martin Günthner ebenso in Frage, wie Innensenator Mäurer. Beide sind nicht unumstritten, der eine gilt als zu jung und arrogant, der andere als zu alt und teilweise zu nett.

Dr. Carsten Sieling scheint der Favorit zu sein. Links, aber für beide Koalitionen geeignet mit gute Verbindungen nach Berlin, die Bremen dringend braucht. Zudem gilt er als erfoglreicher Wahlkämpfer, der sich häufig in der Öffentlichkeit zeigt.

Der Fraktionsvorsitzende, Björn Tschöpe ist als brillanter Stratege bekannt, aber auch als schwierig im Umgang mit den Bürgern. Ex-Parteichef Andreas Bovenschulte hat wohl schon halb abgewunken, seine Frau, Staatsrätin Ulrike Hiller, ist noch im Rennen. Ebenso Antje Grotheer, die schon mehrfach als Senatorin gehandelt wurde.

SPD-Landeschef wird in den nächsten Tagen viel zu tun haben, den richtigen Kandidaten zu finden. Bleiben zwei im Rennen, wird es wohl wieder eine Abstimmung geben, wie vor acht Jahren mit Jens Böhrnsen und Willi Lemke. So schnell würde es dann keinen neuen Bremer Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin geben.

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