Was der Koalitionsvertrag in Bremen noch zu bieten hat

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Wir sind laut Koalitionsvertrag „auf dem Weg zur Biostadt“:
Rote Tomaten neben grünen Gurken (Foto: pv)

Neben harten Fakten scheint der neue Bremer Koalitionsvertrag wie ein Sammelsurium an fast schon kuriosen Absichtserklärungen.. 335 Mal formuliert Rot-Grün von „wir wollen“ und „wir werden“ – das ist wirklich Spitze.


Diese Koalitionäre lieben Bremen. Deshalb braucht Rot-Grün auch 139 Seiten Koalitionsvertrag, um die Liebe zu beschreiben. Die Liebe zu dieser Stadt, diesem Bundesland, sogar darüber hinaus, zu den Entwicklungsländern.

Gewiss – die beiden Partner haben sich in wichtigen Fragen verständigt (OTB bauen, Feldmark nicht bebauen, 200 Kräfte an Schulen – wir haben berichtet). Aber der Vertrag hat mehr zu bieten. Dass die Präambel weit ausholt – geschenkt. Das Recht, sich dort zu verewigen, hat jeder. Doch die Ausschweifungen gehen weiter.

Einzelhändler sollen im Internet anbieten

So wird unter der vielsagenden Überschrift „Einzelhandel heißt gemeinsam handeln“ festgestellt: „Wir werden koordinierte Initiativen weiterentwickeln, um Betreiber von stationären Ladengeschäften dabei zu unterstützen, „Multichannel-fähig“ zu werden – also das Internet als zusätzliches, mit dem klassischen Geschäft vor Ort verzahntes Instrument zu nutzen.“

Prima, der Handel soll ins Netz. Nur wie das geschehen sollte, darüber findet sich nichts. Es wurde ja auch nur versprochen, „koordinierte Initiativen“ weiterzuentwickeln. Ist das im jahr 2015 nicht etwas spät? Soll es öffentliche Schulungen geben? Keine Antwort.

Immerhin heißt es wenige Absätze später: „Dort wo dies möglich und sinnvoll ist, reduzieren wir Verkehrsräume zu Gunsten von neuen Lagen und Adressen.“ Auch gut, wenn die neuen Lagen mangels Verkehrsflächen nicht erreicht werden, kann ja das Internet als Ersatz-Transportweg herhalten.

Bremen auf dem Weg zur „Biostadt“

Die Devise von Carsten Sieling aber, Bremen wolle eine „wachsende Stadt“ sein, findet sich genau drei Mal im Koalitionsvertrag. Nicht gerade ein Konzept. Dafür gibt es etwas anderes, ganz feines: „Bremen hat sich auf den Weg gemacht, „Biostadt“ zu werden“, wird erklärt.

Klar, es geht um „Nachhaltigkeit“, um „bewusste Ernährung“ und um Landwirte. Das Konzept wird nicht weiter erläutert, man ist ja erst „auf dem Weg“, aber es ist offenbar jetzt schon so gut, dass vereinbart wird, die „Biostadt-Idee“ über die Grenzen Bremens hinaus bekannt zu machen.

Überhaupt: Rot-Grün hat eine Lieblingsformulierung. 126 Mal heißt es im Koalitionsvertrag „wir wollen“. In fast allen Fällen kommt danach nichts konkretes. Kostprobe: „Wir wollen mit einem Förderprogramm alte Obstbäume“ – na, was schon – erhalten.

209 Mal heißt es „wir werden“

Die Schwester von „wir wollen“ ist „wir werden“, kommt 209 Mal vor. „Wir werden mit der DEHOGA in einen Dialog treten, wie in Bremer Hotels und Hostels der Anteil der barrierefreien Zimmer und Gasträume gesteigert werden kann.“ Eine feine Formulierung, „in den Dialog treten“, und sie heißt – überhaupt nichts.

Nun sei entlastend angeführt, dass der Koalitionsvertrag in Hamburg, auch von SPD und Grünen unlängst beschlossen, kaum anders ist. Er hat 115 etwas ausschweifende Seiten. Doch Rot-Grün will dort weniger. Die Formulierung „wir wollen“ gibt es ganze 30 Mal im Koalitionsvertrag. Viel wollen, viel werden – das muss man eben können. Und das – liebe Koalitionäre – das musste doch einmal festgehalten werden.

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