CD-Kritik: Understatememt aus Bremen-Nord

Von

Grillmaster Flash, Blumenthals Export-Schlager, hat seine erste Platte rausgebracht. Am 26. Juni ist „Andere Leude My Ass“ auf dem Speck-Flag-Label erschienen. Höchste Zeit, um einen genauen Blick auf das Debut-Album von Grillmaster Flash zu werfen.

Sie macht Spaß, diese erste komplette Platte von Grillmaster Flash. Bei seinem Breminale-Gig vor knapp einer Woche kamen weit mehr als tausend Menschen, um ihn zu sehen. Doch auch wenn sich der Erfolg langsam bemerkbar macht, ist der schlecht in ein Genre einzuordnende Musiker sich treu geblieben.

 

Der wahre Bremen-Norder

 

Immer wieder taucht ein Hauch Bremen-Nord auf dieser CD auf. Oft in bitterböser Rückschau und selten in lobenden Tönen – doch immer authentisch. In „Ganz vorn in der Achterbahn“ erzählt „Grilli“ die Geschichte, wie er der Freundin den Rücken kehrt und in sein neues, besseres Leben verschwindet. Er singt: „Mit‘m Fahrrad übern Deich von Burg bis Blumenthal. Ein Rucksack voll mit Bier“. Nur ein Bremen-Norder sieht ihn vor seinem inneren Auge den Deich entlang strampeln, denn nur er weiß, wie weit das eigentlich ist.

Die Songs erzählen vom Scheitern und dem öden Mittelmaß 

 

Das Album ist poppig, rockig und hier und da etwas punkig. Es ist zu nah am echten Leben, um sich mit den Werken von „Die Ärzte“ vergleichen zu lassen und zu witzig und unverblümt, um mit der Grand-Hotel-Van-Cleef Garde um Thees Uhlmann und „Kettcar“ in einer Reihe im Plattenregal zu stehen. Aber musikalisch gibt es Vergleichbarkeiten. Die Songs erzählen vom Scheitern und der Öde des Mittelmaßes.  Aber eben auf die unverkennbare Art des Grillmasters. Das Stück „Du bist gut“ ist eine Hommage an alle, die wollen aber nicht wirklich können. „Der letzte Zug ist abgefahren und du weißt nicht, wohin“ beschreibt eine Orientierungslosigkeit, die Grilli aber mit seiner angeborenen Leichtigkeit nichtig erscheinen lässt, denn „Du bist gut“.
Di erste Demo-Veröffentlichung ist neun Jahre her
(Heavy Metal ist tot). Nun startet Grillmaster Flash
mit „Andere Leude my Ass“ durch. Foto: Fabiane Lange
Der Song, und gleichzeitig auch Titel des Albums, „Andere Leude My Ass“ ist ein Fingerzeig – und zwar mit dem Mittelfinger – in Richtung all jener, die es besser wissen (wollen). „Sei das Graubrot vom Vortag, sei ein Power-Point-Vortrag“, heißt es in dem Stück, in dem „andere Leude“ noch als „Nichtraucherkneipenbefürworter“ und „All-Inclusive-Touristen“ betitelt, ja eigentlich beschimpft werden. Und man selbst sitzt zu Hause und spürt von innen eine langsam aufkommende Genugtuung und nickt nicht wegen der Musik, sondern der Aussage zustimmend mit dem Kopf.

 

Die Vorteile der Gesichtsbehaarung von Bud Spencer 

 

Aber Grillmaster Flash wäre nicht Grilli, wenn er seinem Erstlingswerk nicht eine gehörige Portion charmanten Wortwitzes hinzugefügt hätte. „Bud Spencers Bart“ ist nicht nur sprachlich ein Hochgenuss, sondern auch tatsächlich richtig witzig. Mit Humor wird erklärt wie viel besser das Leben doch wäre, wenn man den Vollbart des mittlerweile 85-jährigen Schauspielers tragen würde. „Mit so‘nem Bart wäre ich ziemlich Rock‘n Roll“ ist noch die geringste Versprechung, die sich Grilli von der Gesichtsbehaarung verspricht.

Auch wenn sich das Album viel mit dem beschäftigt „was hätte sein können“, ist es sehr gelungen. Klassisches Understatement aus Bremen Nord. Man ist gespannt, wohin die Reise geht.

 

Schreibe einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner