Der Wall hat eine Chance – doch reine Fußgängerzone hilft nicht

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Picknick im Grünen am Wall – bei schönem Wetter hoch attraktiv (Foto: Barth)

Investoren stehen in Bremen nicht Schlange, meint Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger. Ein Gespräch über die großen Baustellen der Bremer Innenstadt – und die Umgestaltung des Walls zum Boulevard.

Weser Report:  Der Innenstadt wird ein Verlust an Kaufkraft vorausgesagt. Ist das auch Ihre Beobachtung?

Matthias Fonger: Es gibt den demografischen Wandel und die Verlagerung von Handel ins Netz. Das sind bundesweite Entwicklungen, auf die der Handel reagieren muss. Doch die Situation der Bremer Innenstadt ist spezieller: Sie ist einerseits städtebaulich sehr attraktiv, andererseits gibt es aber im Großstadtvergleich in der Summe zu wenig Geschäftsfläche. Gerade einmal 16 Prozent der gesamten Einzelhandelsfläche Bremens liegen in der City, das sind in Hannover etwa 30 Prozent.

Genau dort sollte doch das City-Center ansetzen, aus dem sich der Investor aber zurückgezogen hat.

Das liegt aber nicht nur am Investor, deshalb muss dringend aufgearbeitet werden, wie es zu diesem Scheitern kam. Warum hat es so viele Auflagen zur Gestaltung des Centers gegeben? Ist wirklich professionell und auch schnell genug agiert worden? Die Planungen des City-Centers gehen bis ins Jahr 2008 zurück. Inzwischen hat sich viel verändert im Handel. Es ist zu viel Zeit verloren gegangen.

Sollte es denn noch gebaut werden?

Es wäre falsch, sofort eine neue Ausschreibung zu machen. Erst muss wirklich der Hintergrund aufgearbeitet werden. Außerdem müssen jetzt zügig auch kleinere Maßnahmen aus dem von der Handelskammer miterarbeiteten Innenstadtkonzept umgesetzt werden, um die City attraktiver zu machen. Dazu zählen beispielsweise die Aufwertung der 1b-Lagen für Geschäfte oder die Anbindung von Wall und Schnoor. Schließlich sollten alle Beteiligten diskutieren, was man gemeinsam an größeren Projekten umsetzen könnte.

Am Bahnhof wird jetzt das City-Gate gebaut – auch wenn es sehr lange gedauert hat, bis sich ein Investor fand. Ein richtiger Schritt?

Das Bauvorhaben am Bahnhof ist ein sehr wichtiges Projekt, es wird ein Tor zur Innenstadt. Ein Grund für die Verzögerungen war, dass der Investor nun einmal lange gebraucht hat, bis er ausreichend Mieter gefunden hatte. Das zeigt, dass es in der Bremer Innenstadt nicht so einfach ist, bei größeren Projekten zügig die Vermietung hinzubekommen. Man muss erkennen: Wir sind ein Standort, der um Investoren ringen muss.

Die dritte Baustelle in der Innenstadt ist der Wall. Geht man hier den richtigen Weg?

Matthias Fonger im Gespräch
Foto: pv

Wir sind gegen eine komplette Sperrung des Walls. Bei der geringen Frequenz an Passanten würde die Einrichtung einer Fußgängerzone der Entwicklung des Walls mehr schaden als nutzen. Möglicherweise ist es aber bautechnisch unvermeidbar während des Wiederaufbaus oder Neubaus des Harms-Gebäudes im Abschnitt zwischen Herdentor und Bischofsnadel zeitweise einen Einbahnverkehr einzurichten.

Nach der Bauphase muss dann aber genau analysiert werden, welche Auswirkungen dieser Einbahnverkehr auf die Innenstadt hat – und erst dann kann abschließend entschieden werden. Noch haben wir Sommerferien, aber die Verkehrsbelastung auf anderen Straßen wird in der kalten Jahreszeit erheblich zunehmen.

Hat der Wall, der ja eher am Rand der Innenstadt liegt, überhaupt eine Chance als Boulevard?

Ich werde den Wall als Einkaufslage nicht abschreiben – im Gegenteil. Er ist, gerade durch die Wallanlagen, attraktiv zum flanieren. Aber er sollte besser angebunden werden, etwa durch die Aufwertung der Museumsstraße. Hier könnte eine Verbindung von der Domshofpassage zur ehemaligen Harms-Passage entstehen. Dies sollte bei der Planung des Neubaus berücksichtigt werden.

Info: Die Pläne zur Umgestaltung des Walls

Mit Liegestühlen, Buchsbaumkugeln und weiteren Maßnahmen, die am kommenden Dienstag vorgestellt werden, soll der Wall aufgewertet werden. Zuvor hatten Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne) und Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) in dieser Woche das Verkehrskonzept für den Wall präsentiert: Zwischen Bischofsnadel und Herdentor wird eine „temporäre Einbahnstraße“ eingerichtet.

Die Parkplätze werden von der Fassadenseite auf die Seite der Grünanlage verlegt. Damit sollen die Geschäfte besser sichtbar und der „Boulevard Charakter“ gestärkt werden. Der Gehweg kann von Gewerbetreibenden mitgenutzt werden.

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