Linnert: „Haushaltssperre ist keine Schande“

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Die Finanzsenatorin im Interview (Foto: Schlie)

Bremen wird seine Kreditaufnahme erhöhen müssen, erklärt Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) im Interview. Die Hansestadt musste eine Haushaltssperre einführen, weil die eingeplanten Mittel jetzt überschritten werden. Bei Flüchtlingen müsse der Bund außerdem dringend mit einer Pro-Kopf-Pauschale helfen.

Weser Report:  Haushaltssperre ist ein gewaltiges Wort. Ist das wirklich erforderlich?

Karoline Linnert: Die Haushaltssperre ist nötig, weil unser Controlling gezeigt hat, dass die Kosten für Flüchtlinge, aber auch in anderen Bereichen die dafür eingeplanten Mittel übersteigen. Die Gesamtsumme aller Anmeldungen liegt bei über 200 Millionen Euro. Die Haushaltssperre ist deswegen notwendig.

Werden jetzt alle Ausgaben eingefroren?

Alle Verpflichtungen, die Bremen hat, werden erfüllt. Natürlich werden etwa  Gehälter und  Mieten weiter gezahlt. In den Bereichen Kita, Schule und Flüchtlinge wird dringend benötigtes Personal eingestellt. Ansonsten gilt:  Bei allem, was nicht unmittelbar notwendig ist, greift  die  Haushaltssperre.
 
Die Kosten für Flüchtlinge waren nicht absehbar?

In dieser Höhe nicht, als Ende 2013 der Haushalt beschlossen wurde. Deshalb werden wir über 100 Millionen Euro  in den Nachtragshaushalt einstellen. Dafür müssen wir zusätzlich Kredite aufnehmen. Das Land wird den beiden Stadtgemeinden bei der Finanzierung helfen.

Wissen Sie schon, wie hoch die Kreditaufnahme sein wird?

Noch nicht. Aber wir werden sie so gering wie möglich halten.

Wie hoch ist denn der Anteil, den Bremen für die Flüchtlinge vom Bund erhält?

Bremen hat 2015 bisher fünf Millionen erhalten, weitere fünf werden voraussichtlich folgen. Der Bund hat angekündigt, in 2016  drei Milliarden für die Länder bereitzustellen, das wären 30 Millionen für Bremen. Das reicht nicht. Hier geht es um eine nationale Aufgabe. Wir brauchen eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an den tatsächlich anfallenden Kosten. Bremen strebt mit vielen anderen Bundesländern eine pro-Kopf-Pauschale an.

Wie hoch müsste diese sein?

Der Städtetag schätzt 12.000 Euro pro Jahr. Wichtig ist mir: Flüchtlinge sind in Bremen willkommen. Wir wollen helfen, aber Flüchtlinge helfen auch uns. Wir profitieren von ihrem Wissen und Können – Stichwort Fachkräftemangel.  Unsere Gesellschaft gewinnt dazu!

Ihnen wird vorgeworfen, sich hinter den Kosten für Flüchtlinge zu verstecken.

Nein, das tun wir nicht. Wir haben auch schon vorher Flüchtlinge aufgenommen, nur jetzt werden es eben mehr.

Hätte man die Haushaltssperre, die Bremen vergangenes Jahr schon einmal verhängt hat, durch bessere Planung verhindern können?

Die Haushaltssperre ist keine Schande oder Schmach, auch andere Länder nutzen sie. Bremen ist hoch verschuldet. Der Haushalt ist auf Kante genäht. Wir können nicht wie andere Länder große Reserven anlegen. Das möchte ich auch nicht. Deshalb stoßen  wir bei Veränderungen im Haushalt schnell an Grenzen und setzen jetzt dieses Instrument ein.

Mehr zum Thema: Senat beschließt Haushaltssperre

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