Straßenkünstlerin: Melissas Musik als Ventil in Vegesack

Von
Melissa Camanak verzaubert die
Vegesacker (Foto: Waalkes)

Für manche ist es die Begleitmusik zum Shoppen, andere gehen lieber schnell dran vorbei: Wer sind die Menschen, die auf Vegesacks Straßen Musik machen?

Ein großer Schluck Wasser aus der Plastikflasche, ein nervöser Blick auf das Handy, nochmal die Gitarre in die richtige Position bringen – die vorbei spazierenden Passanten dabei immer fest im Blick.
Die 16-jährige Melissa Budancamanak erinnert sich noch genau an den Moment, als sie sich zum ersten Mal in die Gerhard-Rohlfs-Straße gestellt hat, um vor fremden Leuten Musik zu machen. „Bis ich den ersten Ton rausgberacht habe,  sind bestimmt zehn Minuten vergangen“, sagt Melissa, die in Aumund-Hammersbeck groß geworden ist, und sich den Künstlernamen Melissa Camanak gegeben hat.

Von dieser Anfangsnervösität ist heute – sechs Wochen später – nichts mehr zu sehen. Melissa steht wieder in der Vegesacker Fußgängerzone, direkt neben einem Café. Kein Verstärker, nur ihre Gitarre und ihre Stimme machen die Musik: Sie singt nicht sehr laut, dafür gefühlvoll.

Mit Musik ein Lächeln zaubern

Ein kleines Mädchen bleibt stehen und lauscht mit geöffnetem Mund den Tönen. Die junge Musikerin lässt sich nichts anmerken – zumindest ihre Stimme singt unbeirrt weiter. Aber ein Lächeln kann sie sich nicht verkneifen. Eine ältere Dame wirft ihr Kleingeld in Melissas Gitarrentasche. Auch hier: Weitersingen, aber ein ehrliches Lachen zum Dank.
Musik sei schon immer ein Teil ihres Lebens gewesen, erzählt sie später. Doch erst seit einem Jahr, ist es aus diesem auch nicht mehr weg zu denken. Melissa schreibt ihre Lieder selber. Sie singt vom Leben, von den Dingen die ihr passieren, die sie bei anderen Menschen beobachtet. „Eines meiner Lieder handelt von einem Menschen, der in seiner eigenen Welt lebt, seine eigenen Regeln hat und es anderen sehr schwer macht, an ihn heranzukommen“, sagt sie und lässt mit einem darauf folgendem Schweigen Platz für Interpretationen.

„Aus etwas Negativem was Positives machen“

Für ihre 16 Jahre scheint Melissa etwas weiter zu denken, als andere in ihrem Alter. „Mir geht es nicht ums Geld“, sagt die Schülerin, die grade in Bremen ihr Fachabitur macht. Mit ihren Auftritten auf der Straße wolle sie viel mehr die Menschen erreichen. „Musik ist ein gutes Ventil. Es ist eine gute Möglichkeit aus etwas Negativem ganz schnell etwas Positives machen“, sagt sie. Natürlich stellt sie sich vor, irgendwann Geld mit ihrer Musik zu verdienen. „Ich will aber dabei ich selbst bleiben und nur machen, was mir Spaß macht. Ich werde bestimmt nicht zu einer Castingshow gehen“, ist sie sich sicher.

Melissa singt gerne
vom Leben (Foto: Waalkes)

Trotzdem sind die Erlebnisse in der Fußgängerzone für sie sehr wichtig: „Man merkt sehr deutlich, ob die Musik ankommt oder nicht“, sagt sie. An ihrem ersten Tag in der Gerhard-Rohlfs-Straße hat ein junger Mann ihr im Vorbeigehen zugerufen, dass sie nicht singen könne. „Das sitzt natürlich“, erinnert sich Melissa. Aber man müsse über solchen Dingen stehen. „Auf der Straße sind Kinder und Rentner die härtesten Kritiker“, stellt sie mit einem Augenzwinkern fest und erklärt: Wenn Menschen ih
re freie Zeit opfern, um sich fremde Musik anzuhören, dann hat man nicht viel falsch gemacht.

Nervosität weicht Mut

Innerhalb von nur sechs Wochen ist die Nervösität einer gehörigen Portion Mut gewichen. Und als Lohn für ihre Mühen reicht dem Mädchen aus Aumund-Hammersbeck ein Moment freier Zeit.
Von Marcel Waalkes

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