Diese Helfer erklären Flüchtlingen, wie Bremen tickt

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„Sprinter“ Abdulhalim Sfouk mit Hasnaa Mashhadani (2. v. l.),
ihren Kindern und ihrer Schwester Duaa (Foto: Sozialressort)

In Bremen begleiten vierzehn Hartz-IV-Empfänger 560 Flüchtlinge als Sprach- und Integrationsmittler (Sprinter). Ob Arabisch, Pashtu, Tigrinya oder Dari: Die Sprinter sprechen die Sprachen der Flüchtlinge, dolmetschen beim Arzt und bei Behörden, beantworten Fragen – und erklären, wie Deutschland und wie Bremen tickt.

Der dreijährige Hamza fährt sich durch die Haare, bis sie lässig nach oben stehen; sein sechsjähriger Bruder Ali schaut interessiert zu den Kameras und Mikrofonen; und die kleine Schwester der beiden sitzt auf dem Schoß ihrer Mutter Hasnaa Mashhadani. So eine Pressekonferenz kann dauern.

Die Familie Mashhadani, die hier viel Aufmerksamkeit bekommt, ist aus Syrien geflohen und wohnt erst seit kurzem in Deutschland. Alle sechs – Hasnaa Mashhadani, ihre drei Kinder, ihre minderjährige Schwester Duaa und ihr Neffe Bakri – müssen nun lernen, in einem fremden Land ohne deutsche Sprachkenntnisse zurecht zu kommen. In solchen Fällen helfen in Bremen  die sogenannten „Sprinter“ – Sprach- und Integrationsmittler, die als Ein-Euro-Jobber den Flüchtlingen beistehen.

Sprinter sprechen die Sprache der Flüchtlinge

Vor allem bei Behördengängen und Arztbesuchen sollen Sprinter die Neuankömmlinge begleiten. Neben Deutsch sprechen sie auch Sprachen aus den Herkunftsländern der Flüchtlinge, so dass sie zwischen beiden Seiten übersetzen und vermitteln können. Bisher werden in Bremen 560 Personen von 14 Integrationsmittlern betreut.

Einer der Sprinter ist Abdulhalim Sfouk. Er ist selbst syrischer Flüchtling und kam erst vor zweieinhalb  Jahren nach Deutschland in ein Heim in Bayern. „Dort mussten wir warten, bis irgendwann ein Übersetzer für alle vorbeikam, damit wir unsere Fragen stellen konnten“, erzählt er. Hier seien sie mehr Helfer, könnten für die Leute da sein, und ihnen alles erklären.

Wie verhält man sich in der Bahn?

Das Erklären ist neben dem Übersetzen die zweite wichtige Aufgabe der Sprinter. „Wie verhält man sich in der Bahn, oder beim Arzt -und warum muss man immer pünktlich kommen. Mülltrennung und die deutsche Bürokratie, das alles seien Dinge, die zunächst einmal fremd sind“, so Maike tom Dieck, die als Leiterin des „Hauses der Familie“ in Huchting das Projekt von Anfang an mit begleitet. In Huchting wurde das Projekt „Sprinter“ schon vor fünf Jahren für den Stadtteil konzipiert. Erst seit März sind die Sprach- und Integrationsmittler auch im Rest Bremens aktiv.

Die Deputation für Soziales möchte die Gelder für das Projekt heute von 145.000 Euro auf 175.000 erhöhen.  Doch auch damit trägt Bremen nur 25 Prozent der Kosten. Die restlichen 75 Prozent  werden vom Jobcenter finanziert – alle Sprinter waren zuvor für mindestens ein Jahr arbeitslos.

Hochqualifiziert – aber keine gelernten Sozialarbeiter  

Aicha Zergani aus Marokko (l.) mit Naim Orya
aus Afghanistan (Foto: Sozialressort)

Nur eine Woche lang werden die Sprinter für ihre anspruchsvolle Aufgabe qualifiziert – dabei sind sie keine Sozialarbeiter, sondern kommen aus ganz unterschiedlichen Berufsgruppen.

Aicha Zergani aus Marokko etwa hat in Bremen Jura studiert. Anschließend fand sie keine Stelle und landete so im März über das Jobcenter bei Sprinter. Die fachfremde Arbeit falle ihr leicht, sagt sie. „Vorher habe ich ja auch schon für Freunde bei Terminen übersetzt.“

Damit die Sprinter wenigstens ein bisschen Unterstützung bekommen, treffen sich alle einmal wöchentlich zum Austausch. Dort wird über positive, aber auch belastende Situationen gesprochen, sagt Maike tom Dieck. „Das schwierigste an der Arbeit ist das Psychische“, meint auch der Sprinter Naim Orya, ein ehemaliger Fernsehjournalist aus Afghanistan.

Die Flüchtlinge bringen den Wunsch nach Frieden mit

Schwierig sei es etwa, wenn man schlechte Nachrichten übersetzen müsse. Die Arbeit lohne sich trotzdem. „Wir machen den Leuten klar, wie Deutschland tickt“, erklärt Orya und fährt fort: „Die Flüchtlinge bringen etwas hierhin mit – den Friedenswunsch.“

Familie Mashhadani lächelt währenddessen die meiste Zeit schweigend in die Runde. Das meiste, was hier besprochen wird, verstehen sie wohl noch nicht. „Wir wissen hier gar nichts. Wir können keine Papiere ausfüllen und nicht mal die Sprache sprechen. Ich bin von Herzen dankbar, dass es die Helfer gibt“, erklärt Hasna Mashhadani auf Arabisch. Abdulhalim Sfouk übersetzt.

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