Flugsimulator: In 90 Minuten zum Bremer „Überflieger“

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Landeanflug auf Hong Kong Kai Tak. Fotos: Schlie

Einfach mal in die Luft gehen? Am Airport Bremen kann jedermann abheben. Dort steht ein Flugsimulator, mit dem unsere Redakteurin einen Selbstversuch wagte. Mithilfe des Piloten Jan Rauch wurde das schon fast ein  sprichtwörtlicher „Crash-Kurs“.

Es ist schwarze Nacht, aber nicht dunkel. Grell beleuchtete Wolkenkratzer ragen in den Himmel, Werbetafeln flimmern. Die Stadt zu unseren Füßen kommt immer näher. Wir befinden uns über Hongkong Kai Tak. Ein Flughafen, der aufgrund seiner schwierigen Anflugbedingungen weltberühmt und eigentlich außer Betrieb ist.

Dort soll ich einen A320 sicher auf den Boden bringen. Glücklicherweise habe ich keine 180 Passagiere an Bord. Auf dem Notsitz hinter mir verfolgt nur einer gebannt das Manöver. Unser Fotograf Klaus-Werner Schlie hat mir immerhin noch nicht in den Nacken gespuckt.

Wir bringen den Flieger vor dem Hafen zum Stehen

Also ist fast alles gut. Zumal mein „Copilot“ Jan Rauch – der über mehr als 10.000 Flugstunden (im realen Leben) verfügt und mir damit am Steuerknüppel meilenweit voraus ist – die Situation in letzter Minute rettet. Mit einem Laserpointer weist er mir „da draußen“ den Weg. Und der 41-Jährige gibt mit ruhiger Stimme Anweisungen. Ich gebs ungern zu, aber er korrigiert auch so den einen oder anderen Fehler, was eigentlich nicht die Aufgabe des „zweiten Mannes“ im Cockpit sein dürfte. Aber nur so bringen wir den Flieger vor einem Hafenbecken zum Stehen.

Szenenwechsel. Und der ist – ein paar schnelle Klicks auf Jans Laptop – binnen weniger Sekunden vollzogen. Für unseren Abflug in der chinesischen Metropole zaubert er mir als Kulisse einen romantischen Sonnenuntergang. Die Turbinen laufen. Ich gebe Schub und versuche, den Jet mithilfe jener Pedale, die das Seitenruder steuern, auf der Mittellinie zu halten.

Es klappt – fast. In Schlangenlinien rasen wir über die Startbahn, bis Jan ruft „rotate“. So lautet der Befehl, den Sidestick nach hinten zu ziehen, damit der (vermeintliche) Koloss mit 38 Metern Länge und rund 40 Tonnen Eigengewicht (maximale Starmasse 74 Tonnen) sich gen Himmel bewegt.

„Die Nase etwas höher“, bittet der Pilot

Der echte Pilot: Jan Rauch hat mehr als
10.000 Stunden als Captain über den Wolken verbrach.

Ich muss zunächst – behutsam – auf eine Steigung von zehn Grad gehen. Mein charmanter Lehrer fährt derweil Landeklappen und Fahrwerk ein. Ich reduziere, gelernt ist gelernt, auf 7,5 Grad bis wir die Reiseflughöhe erreicht haben, und versuche dann, die Maschine auf drei Grad einzupendeln.

Da ich aber eine Neigung zu Kurven habe (man will ja mal nach rechts und links schauen), sackt der A320 immer wieder ab. „Die Nase etwas höher“, bittet mich der echte Pilot, der für uns als nächstes Ziel die Karibikinsel St. Martin einprogrammiert hat. Ebenfalls ein spektakulärer Landeplatz. Der Airport liegt so nah am Strand, dass man glaubt, im Wasser zu landen. Die Animation vor meinen Augen lässt mich beinahe glauben, die Haare von Sonnenanbetern im Sog der A320 wehen zu sehen.

Gerne hätte ich noch mehr Überflieger gespielt, doch die 90-minütige Reise mit www.flugsimulator-bremen.com endet. Zum All-Inklusive-Paket gehört nämlich vorab eine theoretische Einweisung und eine Nachbesprechung. Als eine Art Warm-Up sind wir zudem eine Runde über Bremen geflogen.

Der Applaus von den Fluggästen hat gefehlt

Angeblich, ich weiß nicht, ob Jan ehrlich oder höflich war, hätte ich meine Sache gut gemacht. Ich lass das mal so stehen. Der Applaus von Fluggästen hat richtig gefehlt. Im Ernst: Obwohl ich von einer verwirrenden Zahl an Schaltern, Knöpfen und Displays nur Sidestick, Schubhebel und Pedale bedienen musste, merke ich auf dem Heimweg dann aber doch, dass eine gewisse Spannung aus Armen und Beinen weicht. Pilot kann man eben nicht im „Crash-Kurs“ lernen! Ich zolle allen aus der Branche nach dem Erlebnis noch mehr Respekt und bilanziere:  Nach dem Lehrgang auf keinen Fall abheben.

Infos zum Flugsimulator: Das Cockpit ist original und stammt aus einem 17 Jahre alten Airbus, der bis 2014 im Dienst war. Jan Rauch (41) aus Hamburg ist keineswegs nur „Instruktor“, Er ist ausgebildet als Flugzeugmechaniker, Flugbegleiter und Flugkapitän.

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