Interview: Seit 25 Jahren prüft Hans-Jürgen Wächter Azubis

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Hans-Jürgen Wächter prüft seit 25 Jahren
Verkäufer und Einzelhandelskaufleute. Foto: Schlie

Die Handelskammer hat diese Woche ihre dienstältes­ten Prüfer geehrt. Einer von ihnen ist Hans-Jürgen Wächter. Seit einem Vierteljahrhundert prüft er angehende Verkäufer und Einzelhandelskaufleute.

Weser Report:  Wie haben sich die Prüfungsinhalte in 25 Jahren für junge Verkäufer verändert?

Sie wurden modernisiert. Die Berufsbilder haben sich verändert. Früher ging es schwerpunktmäßig um Warenkunde, also zum Beispiel darum, dass jemand, der beim Herrenausstatter arbeitet, Warenwissen zu den Stoffen in allen Tiefen anbieten konnte. Später wurde die Prüfung mehr der Anwendung von Informations- und Kommunikationstechniken und der Kundenorientierung gewidmet.

Und wie haben sich die Prüflinge verändert?

Junge Menschen waren früher vielleicht etwas formbarer. Heute sind Jugendliche ganz anders vernetzt und umfassend informiert. Der Ausbilder selbst hat inzwischen eher die Rolle eines Coaches, während früher die Ausbildung in vielen Bereichen anders, aber nicht härter oder leichter war. Jugendliche sind heute selbstbewusster und selbstsicherer geworden.

Woran liegt das?

Als ich 1990 als Prüfer angefangen habe zur Zeit der Wiedervereinigung, war die Jugend eher pessimistischer. Die hohen Arbeitslosenzahlen haben sich auf ihre Einstellung niedergeschlagen. Heute sucht die Wirtschaft nach geeigneten Azubis. Die jungen Leute sind oft selbstsicherer und pragmatischer.

Was hat sich für Auszubildende sonst verändert?

Die Anforderungen an die Jugendlichen steigen. Sie versuchen, sich länger schulisch zu qualifizieren und sind deshalb oft auch älter, wenn sie die Ausbildung beginnen. Wo früher ein Haupt- oder Realschüler fast automatisch in die Ausbildung ging, besucht er heute weiter die Schule. Außerdem sind junge Leute häufiger sich selbst überlassen. Sie müssen sich um vieles selbst kümmern. Was früher in der Familie geklärt wurde, passiert häufig nicht mehr, weil der Zusammenhalt innerhalb der Familie eher gesunken ist.

Immer wieder wird auch die mangelnde Ausbildungsreife der neuen Generationen beklagt. Wie schlagen sich dieje, die einen Platz gefunden haben, in ihren Prüfungen?

Ich persönlich als Pädagoge habe beobachtet, dass alle jungen Menschen gegenüber früher breite Grundkenntnisse im IT-Bereich haben. Außerdem sind sie in Sachen Teamfähigkeit und Englisch viel fitter. Aber ich merke auch, dass die Beherrschung der Rechtschreibung nachgelassen hat.

Wie sieht es aus mit Mathe?

Kaufleute müssen rechnen können. Von einem Autoverkäufer will der Kunde zum Beispiel wissen, wie seine Finanzierung funktioniert. Die technischen Möglichkeiten sind aber so enorm, dass etwas Einfaches wie die Grundrechenarten häufig schwer fällt. Ich tue mich aber schwer zu sagen, das sei schlechter geworden. Das Problem mit der Mathematik gab es schon immer.

Zur Person:

Hans-Jürgen Wächter, 69, ist Berufsschullehrer und Studiendirektor a.D.. Ab 2004 war er stellvertretender Schulleiter der Beruflichen Schulen im Einzelhandel (heute: Berufsbildende Schulen für Einzelhandel und Logistik) bis er 2012 in Pension ging. Seit 25 Jahren sitzt er in verschiedenen Prüfungsausschüssen der Handelskammer Bremen und prüft angehende Verkäufer, Einzelhandelskaufleute und auch Ausbilder. 

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