Bremen: Der Streichelzoo „Wilde Westen“ auf der Kippe

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Tierpfleger Lars Rogall im Streichelzoo. Fotos: Schlie

Vor 19 Jahren startete an der Stuhmer Straße mit dem Streichelzoo in Bremen ein Projekt, dass sich zu einer echten Erfolgsstory und zum „Wilden Westen“ entwickelte. Jetzt soll der Zoo abgewickelt werden.

Mit dem Streichelzoo fordert der „Campus Ohlenhof“ ein erstes Opfer: Eigentlich sollte der Zoo für den Bau der neuen Schule verlegt und in der Nachbarschaft als zusätzlicher Lernort neu errichtet werden.

„Abgespeckt“ und abserviert

Kaum noch Hoffnung für das Gröpelinger Vorzeigeprojekt.

Dann kam die „Rolle rückwärts“ und die Absage an den Schulneubau. Nur wenig später dann die erneute „Rolle rückwärts“ und der Schulneubau in abgespeckter Form. Jetzt steht fest: Der Streichelzoo im Wilden Westen wurde „abgespeckt“ und abserviert – die Schweine sind schon fort.

Zwar werden die konkreten Pläne für den Schulneubau erst Anfang März vorgelegt, es steht aber schon fest, dass Schule und Sporthalle auf dem Kleingartenareal hinter dem Streichelzoo errichtet werden sollen. Das spart die Kosten für die geplante Verlegung des Zoos, der nun an seinem alten Standort bleiben könnte.

Allerdings wurde im Hinblick auf die Schulbau-Diskussion in den vergangenen Jahren nichts mehr in die Gebäude auf dem Zoo-Gelände investiert – die sollten ja ohnehin neu errichtet werden.

Für die Sanierung fehlt nun das Geld

Statt Gröpelinger Gnadenhof jetzt Tiervermittlung.

Entsprechend heruntergekommen ist mitterweile die Substanz und hoch der Sanierungsstau. Dr. Bernd Schneider, Sprecher des Sozialressorts, und Quartiersmanagerin Renate Dwerlkotte schätzen, dass ein sechstelliger Betrag für die Instandsetzung nötig wäre. Geld, das im Sozialressort nicht so einfach aufzutreiben ist.

Ohnehin standen für das Projekt aus Mitteln des Amtes für soziale Dienste nur 10.000 Euro im Jahr zur Verfügung. „Es fehlt allen Beteiligten an Fantasie, wie man den Streichelzoo weiter betreiben könnte“, räumt Schneider ein.

Es gebe nämlich gleich mehrere Faktoren für den jetzigen Zusammenbruch. Ein zusätzlicher Grund sei die geänderte Arbeitsmarktpolitik. Deswegen dürften Langzeitarbeitslose nur noch sehr eingeschränkt als InJober tätig sein. In der Folge blieben immer mehr Plätze beim Beschäftigungsträger Comeback leer. Nicht einmal die Hälfte der Plätze im Streichelzoo konnten gegenwärtig noch besetzt werden.

Hindernisse bei der Tierhaltung

Gestern wurde noch repariert statt abgewickelt.

Hinzu kommen dann noch die veterinärrechtlichen Bestimmungen, mit denen es im Streichelzoo schon früher Schwierigkeiten gegeben hat. Die Kontakte mit den über 40 Tieren Tieren auf dem offenen Gelände müssten dokumentiert werden und zum Beispiel für die Haltung von Tieren wie den Zebus etliche bürokratische Hindernisse beseitigt werden. Zudem solle immer ein ausgebildeter Tierpfleger auf dem Gelände vor Ort sein.

Tierpfleger Lars Rogall bemüht sich unterdessen bereits um die Vermittlung der Tiere. Gestern wurden schon Wollschweine abgeholt, es folgen Ziegen und ein Pony. „Es werden aber wohl noch einige Wochen vergehen, bis die meisten Tiere vermittelt sind“, schätzt Rogall.  Sein Vertrag läuft im Mai aus. Bis dahin hat er noch fünf Wochen Urlaub. Wohl auch ein Grund, dass die Tiere jetzt so schnell vermittelt werden.

Der Streichelzoo scheint abgehakt

Auch die Zebus haben wohl keine Zukunft mehr in Gröpelingen.

In der Gesamtschau scheint das Projekt von den Verantwortlichen bereits abgehakt zu sein. Keine Hoffnung mehr für den Zoo, es sei denn, „es geschieht noch ein Wunder“, wie Rogall bemerkt.

Schneider und Dwerlkotte betonen unterdessen, dass es jetzt vor allem um den Erhalt des Gemeinschafts- und des Spielhauses gehe. Dafür solle in Kürze ein Konzept entwickelt werden.

Gebiet befand sich in bedrohlicher Schieflage

Der „Wilde Westen“ ohne Streichelzoo scheint unterdessen undenkbar für viele Gröpelinger. Als der Zoo vor fast 20 Jahren von drei Frauen auf einer Wiese gegründet wurde, gab es in der Nachbarschaft noch die berüchtigten  Behelfsheime, die nach dem ersten Weltkrieg errichtet wurden. Das gesamte Gebiet befand sich in einer bedrohlichen Schieflage und wurde von Polizeibeamten gemieden.

Mit viel Tatendrang und Optimismus entwickelte sich aus der Privatinitiative eine Anlaufstelle – nicht nur für Kinder –, die einen wichtigen Beitrag zur Aufwertung des Quartiers leistete. So entstand mit viel Unterstützung von Ehrenamtlichen und durch soziale Programme der „Wilde Westen“ mit Kletterbunker Lagerfeuer und Betreuungsangeboten. Ein Anlaufpunkt, der nun auf der Kippe steht.

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