Polizeipräsident Lutz Müller im Gespräch. Foto: WR
Innere Sicherheit

Auch die Polizeireviere stehen vor Kürzungen

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In vielen Revieren könnten die Öffnungszeiten stark eingeschränkt werden, Beamte sind knapp. Polizeipräsident Lutz Müller erklärt den Sparkurs: der Notruf und die Bereitschaftspolizei sind ausgenommen.

Die Bremer Polizei steht vor Sparmaßnahmen, die fast alle Bereiche des Polizeidienstes treffen – ausgenommen sind nur der Notruf 110 und die Bereitschaftspolizei. Dies erklärt Polizeipräsident Lutz Müller dem Weser Report. Nicht nur die Reduzierung der Kontaktpolizisten in den Stadtteilen ist geplant, sondern auch die Einschränkung der Öffnungszeiten von zehn Polizeirevieren. Neben den sieben Revieren, die 24 Stunden am Tag geöffnet sind, könnten andere Reviere nur noch wenige Stunden am Tag besetzt sein. Dies werde gerade mit dem Innenressort diskutiert, so Müller weiter.

In einer ersten Reaktion fordert Jochen Kopelke, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, vom Senat, Verantwortung zu beziehen. „Es ist die Aufgabe des politisch verantwortlichen Innensenators zu entscheiden, welche Aufgaben die Polizei in Zukunft nicht mehr übernehmen soll.“ Es sollten nicht „polizeiliche Aufgaben“ gegeneinander ausgespielt werden. Man dürfe nicht suggerieren, dass eine Aufgabe wichtiger ist, als die andere.

Das Interview mit Polizeipräsident Lutz Müller

Weser Report: Verlieren die Stadtteile jetzt ihre Kontaktpolizisten?

Lutz Müller: 38 Kontaktpolizisten von 100 gehen bis 2018 in den Ruhestand. Wir haben in dem Zeitraum deutlich weniger Personal,  als zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich. Das liegt an zu geringen Ausbildungszahlen in der Vergangenheit und neuen Aufgaben unter anderem im Zusammenhang mit der Terrorlage und dem Thema Zuwanderung. Wenn wir alle Stellen der Kontaktpolizisten besetzen, müssten wir die Bereiche leer laufen lassen,  die für schnelle Hilfeleistungen rund um die Uhr 365 Tage im Jahr notwendig sind. Und das geht nicht. Es wird aber weiterhin in allen Stadtteilen Kontaktpolizisten geben.

Man hört, es sollen auch die Öffnungszeiten in einigen  Revieren auf zwei Stunden begrenzt werden.

Betroffen sind nicht nur die Kontaktpolizisten, sondern alle Tagesdienstbereiche der Polizei. Wir arbeiten an einem größeren Maßnahmenpaket, das noch mit der Innenbehörde abschließend erörtert werden muss. Dabei wird es auch um das Aufgabenspektrum sowie die Öffnungszeiten der Polizeireviere gehen. Das hat auch mit einem veränderten Anzeigeverhalten der Bevölkerung zu tun. Die meisten Anzeigen werden an den wenigen Standorten aufgegeben, die 24 Stunden am Tag geöffnet haben, ohne dass die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Öffnungszeiten der übrigen zehn Reviere müsse wir kritisch überprüfen.

Können Sie nicht schlicht mehr Polizisten einstellen?

Wir haben aktuell nicht genügend Nachwuchs in der Ausbildung. In diesem Jahr bekommen wir nur 40 junge Polizisten dazu. Im kommenden Jahr sind es immerhin 70. Ab 2018 wird sich das entspannen, dann bekommen wir 100 und 2019 120 Polizisten.  Das ist also eine temporäre Durststrecke.

Muss es denn wirklich die Reviere treffen?

Die Sparmaßnahmen werden alle Bereiche treffen, außer dem Notruf 110, den 24-Stunden-Diensten und der Bereitschaftspolizei.  Und auch dort mussten wir akut von 210 um 60 Beamte reduzieren. Aber wir werden freiwerdende Ermittlerstellen bei der Kripo nicht nachbesetzen können. Wir müssen in der Verkehrsüberwachung sparen, im Verkehrskommissariaten und bei der Wasserschutzpolizei. Im Staatsschutz haben wir erheblichen Mehraufwand von 20 bis 30 Stellen. Da muss ich heute schon 15 Mitarbeiter aus anderen Bereichen einsetzen.

Können nicht Angestellte für die fehlenden Beamten in einigen Bereichen einspringen?

Doch, aber nicht unbegrenzt. Wir haben rund 180 Angestellte, das könnte aus meiner Sicht bis auf  360 aufgestockt werden. Das ist in vielen Bereichen kein Problem, wird aber zu Lasten des Vollzugsbereiches angerechnet und nimmt uns Flexibilität.

Wann wird feststehen, wo genau gespart wird?

Die Eckpunkte stehen und wir erörtern sie gerade mit unseren Mitarbeitern und dem Innenressort. Offene Fragen, wie etwa die zukünftige Ausrichtung der Reviere müssen aus meiner Sicht bis Mitte Juni geklärt sein.

Würden Sie sich nicht eine höhere Gesamtzahl an Polizisten wünschen – und mehr Unterstützung durch den Senat?

Eine Gesamtzahl von 2600, was im Moment politisch diskutiert wird, das wäre ein guter Schritt. Ich wünsche mir aber vor allem klare Rahmenbedingungen auch für mehrere Jahre und eine Aufgabenstruktur, die zur Personalsituation passt. Aktuell wünsche mir bei diesen kurzfristigen Maßnahmen Rückendeckung durch die Politik, denn ich kann mich nur in dem Rahmen bewegen, den mir Senat und Bürgerschaft zur Verfügung stellen.  Spätestens im Herbst müssen wir über eine grundsätzliche Polizeireform sprechen.

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