Holger Spengler überzeugt als etwas naiver, aber gutmütiger Vater Eric, der verstehen will, wie die Online-Welt seiner Tochter funktioniert.Foto: Böttcher+Tiensch Holger Spengler überzeugt als etwas naiver, aber gutmütiger Vater Eric, der verstehen will, wie die Online-Welt seiner Tochter funktioniert.Foto: Böttcher+Tiensch
Rezension

Wenn Papa ohne Vorwarnung plötzlich online ist

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Sperrig ist nur der Name: „Papayoloepicfail“ hat am Freitag im Schnürschuh Theater Premiere gefeiert. Ohne erhobenen Zeigefinger erzählt das Stück von Problemen, die das Internet nicht nur Jugendlichen machen kann.

„Papa-Alarm“ – ohne diesen gutgelaunten Warnruf betritt der alleinerziehende Eric (Holger Spengler) aus „Papayoloepicfail“ nie das Zimmer seiner 13-jährigen Tochter Vanessa (Dominique Marino). Die allerdings ist immer genervter von ihrem Vater.

Während sie mit ihrem neuen Schwarm Süley per Smartphone chattet, will ihr Vater viel lieber Zeit im „Real Life“ mit seiner Tochter verbringen. „Du verstehst es nicht“, brüllt Vanessa ihn schließlich völlig entnervt an, als es zum Streit kommt.

Vater dringt in die Online-Welt ein

Also versucht Eric, seiner Tochter zu beweisen, dass er die Sache mit den sozialen Netzwerken sehr wohl versteht. Er taucht ab ins Internet. Ungefragt und dieses Mal völlig ohne warnenden „Papa-Alarm“ dringt er in Vanessas virtuelle Welt ein. Sein Spitzname dort: „Papayolo“.

Nur zu schnell muss „Papayolo“ lernen, dass im Internet mehr als nur ein rauher Ton herrscht und dass seine eigenen Online-Aktivitäten schnell als „Epicfail“, sozusagen als virtueller Super-Gau, beschimpft werden. Spätestens als Vanessa sich wegen Erics Online-Alter-Ego nicht mehr in die Schule traut, ist klar, dass sich etwas ändern muss.

„Papayoloepicfail“ ist bemerkenswert

Dem Schnürschuh Theater ist mit „Papayoloepicfail“ ein bemerkenswertes Stück gelungen. In nur 60 Minuten geht es um die Gefahren beim Chatten, um die unübersichtliche Menge an Rechten, die Nutzer an soziale Netzwerke abtreten, um Hasskommentare und Online-Mobbing, darum, wie Internetstars heute mit ihrer Tätigkeit Geld verdienen, um einen Generationenkonflikt und um die erste Liebe.

Überfrachtet hat Regisseur Mathias Hilbig sein Stück trotzdem nicht. Klar gegliederte, kurze Szenen dürften es der Zielgruppe (Fünft- bis Achtklässler) leicht machen, dem Stoff zu folgen.

Kontext gut recherchiert

Auffällig ist, wie gut das Team in der Online-Welt der Jugendlichen recherchiert hat. YouTube-Stars wie „BibisBeatuyPalace“, „Gronkh“ und „LeFloid“ werden treffend parodiert. Die Hasskommentare, die über die Bühne flimmern, könnten genauso unter YouTube-Videos zu finden sein – inklusive ihrer fragwürdigen Grammatik – und dürften erwachsene Zuschauer aufgrund ihrer Brutalität schockieren, während sich junge Internetnutzer an den harten Ton wohl längst gewöhnt haben.

Auch Dominique Marino und Lena Kluger (als Vanessas Freundin Kira) finden sich sprachlich und darstellerisch so gut in ihre jugendlichen Rollen ein, dass Zuschauern kaum auffallen dürfte, dass die beiden Schauspielerinnen eigentlich schon 28 Jahre alt sind.

Regisseur lässt Vater in die Falle tappen

Hilbig gelingt es, vordergründig locker zu unterhalten und trotzdem echte Probleme und Gefahren darzustellen, die die Online-Welt birgt. Dass er dabei nicht die Tochter, sondern ihren Vater in die „Internet-Falle“ tappen lässt, ist klug.

Es zeigt: Die Gefahren, vor denen Eltern ihre Kinder immer wieder warnen, bedrohen sie selbst eigentlich noch mehr, weil sie sich in der neuen Welt weniger auskennen. Einziger Wermutstropfen: Bisher sind nur Schulaufführungen geplant.

Das Schnürschuh Theater denkt aber über Familienvorstellungen an den Wochenenden nach. Zu wünschen wäre das, denn „Papayoloepicfail“ kann auch Erwachsene gut unterhalten.

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