Gaffer könnten schon bald härter bestraft werden – eine Gesetzesinitiative sieht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor. Fotomontage: Konczak Gaffer könnten schon bald härter bestraft werden – eine Gesetzesinitiative sieht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor. Fotomontage: Konczak
Verkehrsunfälle

Gaffern droht künftig Freiheits- und Geldstrafe

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Sie filmen und fotografieren Unfälle und behindern damit die Arbeit der Rettungskräfte. Gaffer sind auch in Bremen und Delmenhorst ein Problem. Das niedersächsische Innenministerium möchte sie künftig strenger bestrafen.

Kommt es auf der Autobahn zu einem Unfall ist es absehbar, dass es auf der entgegengesetzten Fahrbahn zu einem Stau oder zumindest zu stockendem Verkehr kommt. Grund dafür sind Verkehrsteilnehmer, die aus dem Fahrzeug das Unfallgeschehen beobachten, langsamer fahren oder sogar zum Stillstand kommen, um zu fotografieren oder zu filmen – die sogenannten Gaffer.

„Dabei kommt es oft zu gefährlichen Situationen“, sagt Melissa Oltmanns, Pressesprecherin bei der Polizeinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch. Es sei schon vorgekommen, dass Polizisten nach einem Autounfall zum nächsten gerufen worden sind – auf ähnlicher Fahrbahnhöhe wie der Unfall zuvor, nur auf der anderen Seite. „Aber es ist schwierig, diese Unfälle auf Gaffer zurückzuführen“, räumt Oltmanns ein.

Polizei kann nicht angemessen reagieren

Für die Polizei gibt es nur wenige Möglichkeiten auf die Schaulustigen zu reagieren. Beobachten die Beamten am Unfallort, wie jemand mit dem Handy oder Smartphone aus dem Auto ein Foto macht oder filmt, kann der Fahrer wegen Handynutzung am Steuer eine Anzeige bekommen. „Das kommt bei uns schon ab und zu vor“, sagt Oltmanns.

Die zweite Möglichkeit zeigt auch gleichzeitig das Perfide am Gaffen: Stellen die Rettungskräfte fest, dass  die „Zuschauer“ keine Erste Hilfe geleistet haben, könnte sogar ein Straftatbestand erfüllt werden: „Wenn jemand in der Not nicht hilft, liegt unterlassene Hilfeleistung vor“, sagt Oltmanns.

Als weitere Maßnahme führt die Pressesprecherin eine Anzeige wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs auf. Der Fall tritt ein, wenn ein Unfallopfer schon durch Rettungskräfte abgedeckt und vor Gaffern geschützt worden ist und ein Zuschauer trotzdem die Barriere missachtet und ein Foto von der verletzten Person macht.

Pistorius bringt Gesetzes-Initiative in Bundesrat ein

Um Gaffer zukünftig härter bestrafen zu können, hat der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius im Mai eine Gesetzes-Initiative in den Bundesrat einbracht. Er halte es für „geradezu abstoßend, wenn Menschen in Unfallnähe ihre Sensationsgier und Neugierde nicht zügeln können“.

In seiner Rede vor dem Rat betonte Pistorius, dass die Initiative im Interesse der Opfer ist, die Hilfe benötigen und deren Würde geschützt werden müsse. Der Entwurf sieht unter anderem einen ganz neuen Straftatbestand vor: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe soll bestraft werden, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes behindert“, heißt es in der Vorlage.

„Gaffer sind kein neues Phänomen“

Das bisherige Recht sieht nur eine Sanktion vor, wenn die Schaulustigen den Einsatzhelfern Gewalt androhen oder ausüben. Auch wer Bilder von verstorbenen Personen macht, die diese zur Schau stellen, soll bestraft werden.

Gaffer seien kein vollkommen neues Phänomen, sagt Melissa Oltmanns. Mit der Smartphone-Ära aber habe das Ganze zugenommen. „Neugier ist menschlich, aber man muss auch den moralischen Faktor bedenken und wie sich die Opfer fühlen.“

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