Carsten Sieling umarmt Karoline Linnert. Foto: Schlie Auf der Senatsbank: Carsten Sieling (r.) umarmt Karoline Linnert. Foto: Schlie
Die Entscheidung

Misstrauensvotum gegen Linnert klar abgeschmettert

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Die Abgeordneten der Bürgerschaft haben entschieden: Karoline Linnert bleibt Bremer Finanzsenatorin, mit einer Mehrheit von 45 zu 35 Stimmen. Dem war eine äußerst hitzige Debatte auf der Sondersitzung vorausgegangen.

Das Ergebnis ist eindeutig: Von 81 Abgeordneten, die am Freitag in der Bremischen Bürgerschaft abgestimmt waren, votierten 35 für das Misstrauensvotum der Opposition gegen Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne), 45 stimmten dagegen, einer enthielt sich. Bürgerschaftspräsident Christian Weber verkündete um kurz nach 13 Uhr das Ergebnis. Damit bleibt Linnert im Amt, und kann sich auf ein ordentliches Ergebnis berufen.

Die Kalkulation der Opposition, das wenige Abweichler aus der Regierungsfraktion für ein erfolgreiches Votum genügen, ging damit nicht auf. „Wir haben gezeigt, dass wir zusammen stehen, wenn es darauf ankommt“, sagte SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe. Seine Kollegin Maike Schäfer (Grüne) sagte: „Die Koalition geht weiter gestärkt aus der heutigen Abstimmung hervor.“ Linnert habe nicht nur aus den Reihen der Koalition, sondern auch aus der Opposition Zustimmung erhalten.

Die Abstimmung in geheimer Wahl. Foto: Schlie

Die Abstimmung in geheimer Wahl. Foto: Schlie

Zuvor hatte sich die Bremische Bürgerschaft eine hitzige Debatte geliefert. Um 10 Uhr am Freitag begann die Auseinandersetzung, bei der Vorwürfe an Rot-Grün von allen drei Oppositionsfraktionen erhoben wurden, ebenso von den Einzelabgeordneten, aber gleichzeitig SPD und Grüne sich scharf gegen das Misstrauensvotum verwehrten.

Der Bürgermeister argumentierte staatsmännisch und warf der Oppsition vor, sie spiele mit mächtigen parlamentarischen Instrumenten wie dem Misstrauensvotum. Die Sitzung musste in der Sommerpause einberufen worden, weil der Antrag zum Misstrauensvotum vor einer Woche eingegangen war.

CDU: „Probleme der Bank nicht erkannt“

Einen Neustart für Bremen, forderte CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp zu Beginn der Debatte in seiner knapp halbstündigen Rede. „Sie haben die Probleme dieser Bank nicht rechtzeitig erkannt und Sie haben das Parlament nicht rechtzeitig über diese Probleme informiert“, meinte er an Karoline Linnert gewandt und kritisierte, dass das Schifffahrtsportfolio nicht rechtzeitig zurückgefahren wurde.

Die Option einer Kapitalerhöhung für Bremen habe Linnert von Anfang an nicht verhandelt, stattdessen den Bremer Anteil an der Landesbank „nutzlos verspielt“.

Fast komplett waren die Abgeordneten erschienen

Die Parlamentarier waren nahezu vollzählig in der Bürgerschaft erschienen, bis auf zwei Abgeordnete, Susanne Wendland (Grüne) und Claudia Bernhard (Linke). Und auch die Senatsbänke waren komplett besetzt, Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) hatte neben Linnert Platz genommen.

Thomas Röwekamp wirbt für den Misstrauensantrag. Foto: Schlie

Thomas Röwekamp wirbt für den Misstrauensantrag. Foto: Schlie

Röwekamp widmete sich natürlich auch dem Stabilitätsrat, und hielt der Senatorin vor, dass Bremen mehrfach verwarnt worden war, bis es einen „blauen Brief“ vom Stabilitätsrat gab. Linnert wolle keine Verantwortung für ihre Fehler übernehmen.

Die Koalition kümmere sich um Cannabisfreigabe oder die „Urne auf den Kaminsims“, aber nicht um die notwendige Politik. „Wir brauchen Wachstum an Einwohnern und Flächen und dafür brauchen wir keine Grünen, die auf die Bremse treten.“

Sieling gibt sich am Rednerpult staatsmännisch

Auch Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) ergriff die Position am Rednerpult und argumentierte staatsmännisch: „Parlamentarische Mächte“, wie das Misstrauensvotum oder die Anberufung des Staatsgerichtshofes, bringe die Opposition „nahezu spielerisch ein“, dies halte er gefährlich für das Land Bremen. „Ich bitte Sie, das zu ändern.“ Bremen benötige gute Oppositionsarbeit. Die Zuspitzungen des Bürgermeister mündeten in wütenden Protestrufen der CDU.

Dann stellte sich Sieling hinter die Finanzsenatorin: Karoline Linnert habe aus großer Verantwortung bei der Aufstellung des Haushaltes gehandelt. Und sie habe auch für 2015 300 Millionen Euro Sanierungsbeihilfen aus Berlin mitgebracht. „Jedes Jahr haben wir das Ziel erreicht“ – und seine Abgeordneten quittierten diese Feststellung mit Applaus. Sieling steht hinter der rot-grünen Koalition, das machte er deutlich.

SPD: Schierigkeiten beim Schieden einer „Negativkoalition“

SPD-Fraktionschef Tschöpe meinte, Bremen sei nur eines von vier Bundesländern, die ein „destruktives Misstrauensvotum“ kennen. Das Schmieden einer „Negativkoalition“ für das Misstrauensvotum sei ja schon mit erheblichen Schwierigkeiten für die Opposition verbunden gewesen.

Die Mahnung des Stabilitätsrates treffe Linnert nicht allein, denn die Bürgerschaft habe schließlich gemeinsam den Haushalt beschlossen, der jetzt kritisiert werde. Deshalb gebe es auch keine persönliche Verantwortung von Linnert.

Grüne: CDU wolle nur „politisches Kapital“ schlagen

Maike Schäfer, die Fraktionschefin der Grünen, kritisierte, die CDU habe den Antrag zum Misstrauensvotum mit dem Verbündeten „Bürger in Wut“ eingebracht, ohne die Situation bei der Bank auch nur aufgearbeitet zu haben.

Maike Schäfer am Rednerpult. Foto: Schlie

Maike Schäfer am Rednerpult. Foto: Schlie

Schäfer widmete sich auch den Schiffsbeteiligungen der Landesbank, und erinnerte, dass das Portfolio zu einer Zeit aufgebaut wurde, als die CDU noch mit in Bremen regierte und der CDU-Finanzsenator dem Aufsichtsrat der Bank angehörte.

Die CDU wolle „nur politisches Kapital“ aus der Krise der Landesbank ziehen. Doch damit werde nur die Politikverdrossenheit geschürt. Maike Schäfer: „Wir haben Vertrauen in Karoline Linnert.“

Kritik der Linken am Sanierungskurs der Koalition

Kristina Vogt in der Debatte. Foto: Schlie

Kristina Vogt in der Debatte. Foto: Schlie

Bemerkenswert ist die Position der Linken. Fraktionschefin Vogt erklärte in einer nüchtern-analytischen Rede, der Senat habe „in Gänze nicht das Vertrauen“ ihrer Fraktion. „Wir sehen die Verantwortung nicht nur bei der Finanzsenatorin, sondern insbesondere beim Bürgermeister. Die Gründe sind andere, als die der CDU.“

Linnert könnte nicht mit leeren Händen in die Verhandlungen um die Landesbank gehen und dann hart auftreten. Die Kritik der Linken trifft vor allem den Sanierungskurs der rot-grünen Koalition, der wenig sozial sei.Vogt verwehrte sich auch gegen die Vorwürfe des Bürgermeisters und betonte, die Opposition nehme ihre demokratischen Rechte wahr.

Und Klaus-Rainer Rupp (Linke) ergänzte, die Linke schaue nicht darauf, wer den Antrag gestellt habe. Sie schaue nur darauf, ob dieser richtig sei. Nicht die Vorgänge bei der Landesbank seien ausschlaggebend. Er erinnerte daran, dass die Landesbank auch Einnahmen für künftige Haushalte generieren könne. Die Linke stehe nicht dafür, den Sanierungspfad noch weiter zu verschärfen.

FDP: Finanzsenatorin klebt am Stuhl

Und natürlich nutzte auch die FDP, die ursprünglich die Rücktrittsforderung mit der CDU eingebracht hatte, die Debatte für scharfe Angriffe auf die Senatorin: Diese habe die Chance, aus eigener Kraft zurückzutreten, ausgeschlagen und klebe an ihrem Stuhl, sagte FDP-Fraktionschefin Lencke Steiner. Der blaue Brief sei der „letzte Warnschuss aus Berlin“.

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