Navida Kauser hat gerade erst einen Modeladen eröffnet. Foto: WR Navida Kauser hat gerade erst einen Modeladen eröffnet. Foto: Drügemöller
Stadtteilspaziergang

In Huchting gibt es mehr als das Center zu sehen

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Die Kirchhuchtinger Landstraße ist schon lange keine klassische Einkaufsstraße mehr - und doch gibt es viel zu entdecken: Nützliches und Kurioses, Traditionelles und High-Tech und vor allem: Jede Menge gute Gastronomie.

Kirchhuchtinger Landstraße. Ein paar Frauen mit Kinderwägen, Radfahrer und einige Jugendliche wagen sich auf die Straße – bummeln aber tun sie nicht, eher scheinen sie auf dem Weg anderswohin.

Der viele Verkehr schreckt ab, vielleicht auch, dass es wenige Schaufenstergeschäfte gibt. Außerdem ist da ja noch das Roland-Center, das den Stadtteil versorgt. Heute aber bleibt das links liegen – im Mittelpunkt stehen soll die Kirchhuchtinger Landstraße.

Huchtings altes Dorfzentrum liegt verlassen da

Die Tour beginnt an dem Platz, den Stadtteilpolitiker als „Huchtings altes Dorfzentrum“ bezeichnen: Die Triade aus Grundschule, St.-Georg-Kirche und Altem Dorfkrug sieht schön aus, ist heute aber eher verlassen.

Kein Kind verbringt diesen Ferientag an der Schule, der alte Dorfkrug ist ohnehin längst jenseits von Gut und Böse und die schmale Kirche hat ebenfalls geschlossen – schade, die Kirchenkühle hätte gut getan. Für eine Pause am schön gepflegten Friedhof ist keine Zeit, ich habe Durst und Hunger.

Verhungern muss man nicht

Atnan Gönenc wartet vor Nuris Grillstation in Huchting auf sein Tantuni

Atnan Gönenc wartet auf sein Tantuni

Immerhin: Was Gastro-Angebote angeht, ist die Kirchhuchtinger Landstraße gut ausgestattet. Mehrere Tische vor Necos Steinofen-Grill sind mit Gästen besetzt, und auch vor „Prishtina“ steht eine Gruppe und unterhält sich. Viele weitere Imbisse und Restaurants sollen noch folgen.

Mich aber zieht es heute zu Nuris Grillstation, der gelbe Wagen fällt auf. Atnan Gönenc steht dort und wartet auf sein Tantuni. „Ich komme gerade aus Walle, hätte also oft anhalten können, um was zu essen“, sagt Gönenc. „Aber das hier ist ein Geheimtipp.“

Seit zwei Jahren betreibt Nuri Alper den Imbiss. „Tantuni kann Nuri noch besser als Köfte“, verrät mir Gönenc noch, bevor er in sein Auto steigt. Mein Köfte auf jeden Fall ist wirklich lecker – saftiges Fleisch, das Brot mit den richtigen Röstaromen.

Wildblumen auf der Brachfläche an der Kirchhuchtinger Landstraße

Wildblumen auf der Brachfläche

Brachfläche ist zu einem blühenden Biotop geworden

Unter dem Grillwagen wird es zu heiß, die zweite Hälfte esse ich in der Natur. Auf der Brachfläche neben dem Fahrradmarkt wachsen Kornblumen, Margariten, und andere Blumen in gelb, orange, blau, weiß und lila – man könnte einen Blumenstrauß pflücken.

Direkt gegenüber liegt ein kleiner Park mit hohen Bäumen, die etwas Schatten spenden, bevor es weitergeht.

Kirchhuchtinger Landstraße kann auch Mode

Apotheken, Ärzte, gleich mehrere Massage- und Kosmetiksalons und Rechtsanwälte – an Dienstleistern mangelt es nicht. Aber gibt es hier denn keinen einzigen Modeladen?

Doch, den gibt es. Navida Kauser steht vor dem „Ivory – Young Fashion“-Store zwischen Kleidern und Blusen. Seit einigen Jahren schon besitzt die Familie die Ladenfläche, aber erst vor zwei Monaten konnte sie den Shop gegenüber vom Roland-Center eröffnen.

Kausers Geschäftsprinzip: „Immer wieder ,Sale‘, dann ist schnell Platz für neue Mode.“

Traditionalisten in der dritten Generation

Viel länger dabei als der Ivory-Shop ist das Farbgeschäft von Rudolf Unruh. Seit 1958 verkauft Unruh dort Farben, sowie Garten- und Baumarktzubehör. Unruhs Vater hat das Geschäft eröffnet, er selbst hat fast von Anfang an mitgearbeitet. Heute ist die dritte Generation dabei, Rudolf Unruhs Sohn.

„Wir haben alles, was Sie brauchen, und was wir nicht haben, besorgen wir Ihnen“, steht an der Tür. „Wir versuchen uns am Kunden zu orientieren, damit fahren wir ganz gut“, erklärt Unruh, „so behaupten wir uns noch gegen die Großen.“ Der Baumarkt Max Bahr am Roland-Center habe dagegen schon vor Jahren schließen müssen.

Figuren aus der 3-D-Druckerei an der Kirchhuchtinger Landstraße

Figuren aus der 3-D-Druckerei

Auch eine Straße für Spezialbedarf

Ebenfalls lange dabei ist Polli‘s Deckenstübchen – doch das hat heute leider geschlossen, Polli macht Ferien. So kann man die Plauener Spitze nur im Schaufenster bewundern – ein Laden für echte Spezialisten.

Beinahe noch spezieller mutet die 3-D-Druckerei an, die im September 2015 an der Straße eröffnet hat. Dreidimensionale Bildnisse von sich selbst kann man dort drucken lassen, oder Ersatzteile für Oldtimer. „Es gibt hier eine sehr nette Nachbarschaft, nicht so elitär“, sagt Geschäftsführer Rudolf Triller. „Huchting ist super – an Laufkundschaft richte ich mich ohnehin nicht so sehr.“

Wenig los in den Geschäften…

Die Laufkundschaft hält sich heute auch auffallend zurück: Nur im „Euro Bazar“, wo es günstige Kirschen, frisches Fleisch und ColaTurka gibt, sind Kunden zu sehen, ansonsten können nur Imbisse und Eisdiele Gäste anziehen.

Hörgeräte und Farbe, Jalousien und orthopädische Hilfen sind nicht die Artikel, die man im Alltag kauft. Ein Shopping-Paradies ist der Straßenzug nicht.

…bis man zu Mapo’s Flohmarkt kommt

Doch halt! Am Ende der Straße, kurz nach dem Netto-Markt, kommt man zu einer wahren Wundertüte von Laden: Mapo’s Flohmarkt. „Offen für die Probleme der Nachbarschaft“ steht an der Tür – und innen, da finden sie sich endlich, die Käufer.

Eine Frau möchte um den Preis einer Bluse feilschen, Kinder spielen zwischen den Regalen verstecken und ein Mann scherzt mit dem Verkäufer.

Hier gibt es alles, was die Straße sonst vermissen lässt, wenn auch teilweise nur gebraucht: Hosen und Kleider, Tennisschläger, DVDs und Schmuck, ein Mikroskop, ein Zelt, alte Weingläser – und sogar den vielleicht hässlichsten Tontopf-Fisch diesseits der Weser…

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