Das großflächige Areal des Autokinos wurde auch für Gebrauchtwagenmärkte und sonstige Veranstaltungen genutzt. Foto: Stadtarchiv Delmenhorst Das großflächige Areal des Autokinos wurde auch für Gebrauchtwagenmärkte und sonstige Veranstaltungen genutzt. Foto: Stadtarchiv Delmenhorst
Historie

Delmenhorster Autokino stellte ein Novum dar

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Norddeutschlands erstes Autokino wurde am 12. Juni 1971, am Reinersweg in Delmenhorst-Stickgras – in unmittelbarer Nähe zur Europastraße – eröffnet. 1992 musste es seinen Betrieb einstellen.

Trotz heftiger Regenfälle hatte sich ein wahres Heer von Besuchern zur Eröffnung von Norddeutschlands erstem Autokino eingefunden, sodass das Kinoareal bereits lange vor dem Beginn der Vorstellung hoffnungslos überfüllt war und dadurch viele neugierige Filmfreunde keinen Einlass mehr fanden.

Kurz nach 21 Uhr war es dann so weit. Der Inhaber des Autokinos, Architekt Kurt Becker aus Berlin, begrüßte die Zuschauer und Ehrengäste. Nachdem Oberbürgermeister Ernst Eckert ein Grußwort der Stadt verlesen hatte, flimmerte mit „Die Frau des Priesters“ der erste Filmstreifen über die riesige Projektionswand. Hierbei handelte es sich um eine italienische Produktion aus dem Jahr 1970 mit Sophia Loren und Marcello Mastroianni in den Hauptrollen.

Als erster Film flimmerte „Die Frau des Priesters“ über die Leindwand des Autokinos

Mit den ersten Bauarbeiten für das Großkino war im August 1970 begonnen worden. Über 60.000 Kubikmeter Erdreich mussten bewegt und aufgeschüttet werden. Außerdem waren unter der befestigten Fläche rund 20 Kilometer Kabel zu verlegen. Die Zahl der 700 Personenwagen in einer ausverkauften Vorstellung ergab bei der Ausfahrt eine Autoschlange von mehr als vier Kilometern Länge.

Die groß dimensionierte Projektionswand erreichte mit einer Höhe von 23 Metern etwa die eines siebengeschossigen Wohnhauses. 75 Tonnen Stahl und Aluminium bildeten die Bildwandfläche in der Dimension 15,4 x 36,6 Meter. Das Stromnetz des Autokinos hätte mühelos fast 23.000 Glühlampen zu 40 Watt speisen können.

Ausverkaufte Vorstellungen sorgten für vier Kilometer lange Autoschlangen

Für jeden Stellplatz stand ein Lautsprecher zur Verfügung, der im Fahrzeuginneren platziert werden konnte. Außerdem sorgte eine separate Heizung bei kühlem Wetter für angenehme Temperaturen in den Autos, sodass niemand frieren musste.

Die Vorstellungen begannen spät, weil die Projektorleistung kein Tageslicht duldete und Dunkelheit erforderte. So lief der erste Film in der Regel um 21 Uhr, eine Spätvorstellung folgte meist um 23.30 Uhr. Die Kinobetreiber setzten hier nicht auf filmische Qualität, sondern lockten das Publikum mit Sexstreifen und Horrorfilmen.

Mit der zunehmenden Verbreitung des Fernsehens aber auch durch das gesteigerte Aufkommen von Videotheken gingen die Besucherzahlen des Autokinos immer weiter zurück. Ende April 1992 stellte es seinen Betrieb ein, der Abbau der großen Projektionswand erfolgte im Dezember 1993.

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