Ellen Janhsen-Poldin ist Urotherapeutin und hilft bettnässenden Schulkindern. Foto: Schlie Ellen Janhsen-Poldin ist Urotherapeutin und hilft bettnässenden Schulkindern. Foto: Schlie
Inkontinenz

20 Prozent der Schulkinder sind noch nicht trocken

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Für Grundschüler hat gerade der Ernst des Lebens begonnen. Fast 20 Prozent von ihnen sind nachts noch nicht trocken, knapp jeder zehnte hat auch tagsüber Probleme. Hilfe finden Familien am Klinikum Links der Weser.

Junge Eltern bekommen früher oder später fast immer die Frage gestellt: Ist Euer Kind schon trocken? „Bei dem Thema gibt es viel Kummer, Sorgen und Druck von außen“, sagt Ellen Janhsen-Podien. Sie ist seit 25 Jahren Kinderkrankenschwester – und außerdem Urotherapeutin und Kontinenztrainerin für Kinder am Klinikum Links der Weser.

Mal sind es die Schwiegereltern, die sich ganz sicher sind, dass der Nachwuchs mit 18 Monaten auf Windeln verzichten müsste – und gelegentlich auch Kindergärten, die von neuen Kindern erwarten, dass sie Harndrang und Stuhlgang im Griff haben, wenn sie ihre Einrichtung besuchen.

Einnässen erst ab fünf Jahren ein Problem

„Aber erst, wenn Kinder fünf Jahre alt geworden sind, ist das Einnässen laut Weltgesundheitsorganisation auffällig“, sagt Ellen Janhsen-Podien. Und selbst dann mahnt sie noch zu Gelassenheit: Es gebe viele Kinder, die es nicht schaffen, bis zu diesem Alter ihre Blase – gerade nachts – zu beherrschen.

Die meisten Kinder, die in die Urotherapie am Klinikum Links der Weser kommen, sind deshalb schon im Grundschulalter. „Sieben bis zehn Prozent der sechsjährigen Kinder sind tagsüber nicht trocken und fast 20 Prozent haben nachts Probleme“, sagt die Expertin, die selbst auch Urotherapeuten im gesamten deutschsprachigen Raum ausbildet. Jungs sind häufiger betroffen als Mädchen. 400 neue Kinder jährlich besuchen die Sprechstunde in Kattenturm. Oft haben Familien dann schon lange Leidenswege hinter sich.

Thema sorgt in Familien für Frust

Denn in Familien sorgen die Ausscheidungsprobleme häufig für Frust. „Es gibt Konflikte, Kinder resignieren und Eltern schimpfen“, weiß Ellen Janhsen-Podien aus ihren Beratungen. Unwille oder Faulheit der Kinder sei dabei regelmäßig nicht das Problem.

„Rechtzeitig auf die Toilette zu gehen, ist keine Frage des Wollens, sondern eine Frage des Könnens“, betont die 50-Jährige. Meistens stecke eine funktionelle Störung hinter den Problemen. „Das Gehirn ist bei betroffenen Kindern zum Beispiel nachts häufig noch nicht in der Lage, den Willen der Blase zu koordinieren.“

Kein zwingender Zusammenhang zur allgemeinen Entwicklung

Was bei Erwachsenen unterbewusst funktioniert – der Blase suggerieren, dass der Körper schläft und gerade kein guter Zeitpunkt für eine Entleerung ist – können Kinder noch nicht. In seltenen Fällen können aber auch organische oder neurologische Störungen die Ursache für das Einnässen sein.

Außerdem gebe es keinen zwingenden Zusammenhang zur allgemeinen Entwicklung des Kindes. So gebe es Kids, die auch ansonsten Probleme mit der Aufmerksamkeit zeigen und langsamer lernen. „Aber genauso kommen auch Schulkinder, die richtig clever und gut in der Schule sind“, sagt die Urotherapeutin. Nur das Trockenwerden will nicht klappen. „Kinder müssen sehr viel lernen. Sie können nicht alles gleich gut können“, gibt sie zu bedenken.

Info-Veranstaltung am 17. August

Kinder, die in die Therapie zu Ellen Janhsen-Podien und ihren Kollegen kommen, lernen zum Beispiel mit einem Verhaltenstraining, ihre Probleme in den Griff zu kriegen. „Das Kind muss selbst lernen, auf die Signale seine Körpers zu achten“, betont die Kinderkrankenschwester. Eltern können bei der Unterstützung schnell Fehler machen. „Wir merken, dass es oft Rückschritte gibt, wenn viel Druck gemacht und das Kind ständig zur Toilette geschickt wird.“

Das Klinikum Links der Weser veranstaltet am Mittwoch, 17. August, einen offenen Info-Abend zum Thema „Nasse Betten, nasse Hosen, große Sorgen?“. Beginn ist um 19 Uhr im Visit-Hotel Links der Weser, Senator-Weßling-Straße 1a, Raum Theodor Billroth I. Der Eintritt ist frei.

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