Die zunehmende Zahl der Teilzeitbeschäftigten im Einzelhandel bereitet der Arbeitnehmerkammer Sorgen. Foto: Barth
Einzelhandel

„Teilzeitjobs sind ein positives Instrument“

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Der Einzelhandel ist im Wandel: Onlineshopping und Tarifflucht bereiten Sorgen. Die zahl der Beschäftigten steigt, aber es werden meist nur Teilzeitstellen geschaffen. Die Arbeitgeber sehen darin auch positive Aspekte.

Die Arbeitnehmerkammer beklagt die Situation der über 20.000 Beschäftigten im Bremer Einzelhandel. Obwohl die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Einzelhandel seit 2007 um 16 Prozent gestiegen ist, ist die Zahl der Vollzeitbeschäftigten – vor allem bei Frauen – zurückgegangen.

Wettbewerb wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen

„Diese negative Entwicklung kommt nicht von ungefähr“, sagt Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen. „Durch die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten, die Ausweitung der Verkaufsflächen und den Onlinehandel steigt der Wettbewerbsdruck und wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen.“

Jan König, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Nordwest, sieht andere Gründe für die hohe Zahl an Teilzeitbeschäftigten in der Branche: „Viele Beschäftigte, die nach der Kindererziehungsphase in anderen Branchen keine Arbeitszeitmodelle finden, die ihnen eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, wechseln deshalb in den Einzelhandel.“ Daher sei der Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung auch von Arbeitnehmerseite sehr groß.

Minijobs in der Branche gehen zurück

Auch Cornelius Neumann-Redlin, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Bremen, betont, dass Teilzeitstellen für viele die Chance böten, sich nach der Elternzeit wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. „Das geht nicht einfach mit einer Vollzeitstelle. Die Teilzeitbeschäftigung ist dafür ein positives Instrument“, so Neumann-Redlin. „Wenn man das ändern will, dann muss die Kinderbetreuung ausgebaut und flexibler gestaltet werden“, fährt er fort.

In Sachen Onlinehandel teilt König den Pessimums der Gewerkschaft nicht, so seien entgegen der Befürchtungen keine Stellen wegen des Internetshoppings weggefallen, sondern ganz im Gegenteil: „Dem deutschen Einzelhandel ist es zwischen 2008 und 2015 gelungen bundesweit etwa 247.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse aufzubauen.“ In derselben Zeit seien rund 51.000 Stellen für geringfügig Beschäftigte abgebaut worden.

Tarifflucht forciert Entwicklung

„Das zeigt ganz klar, dass Minijobs andere sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze nicht verdrängt haben.“ Für Annette Düring, Vorsitzende des DGB Bremen, ist die Abnahme der Vollzeitstellen problematisch, weil die Löhne im Einzelhandel im Vergleich zu anderen Branchen weit unter dem Durchschnitt lägen.

„Die zunehmende Tarifflucht forciert diese Entwicklung sogar noch“, so Düring. Daher fordern Arbeitnehmerkammer und Gewerkschaft, dass die Tarifflucht der Betriebe unterbunden wird und gleiche Rahmenbedingungen geschaffen werden. „Tarifverträge als allgemeinverbindlich zu erklären ist ein scharfes Schwert. Nicht umsonst gibt es da vom Gesetzgeber hohe Hürden“, warnt Neumann-Redlin.

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