Gemeinsam oder auch generationsübergreifend Wohnen, mit eigenen und gemeinschaftlich genutzten Räumen, (auf dem Foto: Bewohner des Wohnprojekts Neumühlen bei Verden) - das wollen auch einige Bürger aus der Gemeinde Stuhr. Bis dahin sind aber einige Hürden zu überwinden. Eine Möglichkeit ist die Gründung einer Baugenossenschaft. Foto: Allerwohnen Genossenschaft Info-Abend im Rathaus Stuhr In Neumühlen bei Verden gibt es schon generationsübergreifende Wohnprojekte. In Stuhr werden noch Ideen fürs Zusammenleben gesucht. Foto: Allerwohnen
Baugenossenschaft

Wohnen für Generationen – wie geht das in Stuhr?

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Junge Familien, Singles und Senioren, die zusammen leben und sich helfen - Stuhrer wollen ein generationsübergreifendes Wohnprojekt starten. Ein Vortrag hat Hürden und Chancen beleuchtet. Jetzt werden Ideen gesucht.

„Viele Menschen in der Gemeinde wünschen sich, im Alter mit anderen Generationen zusammen zu wohnen und den Austausch zu haben“, begann Dagmar Bischof vom Stuhrer Seniorenbeirat den Info-Abend im Rathaus Stuhr. Dafür aber müsse sich erst ein geeigneter Ort finden.

Bürger müssen das Bauprojekt selbst in die Hand nehmen

Solange kein Investor ein familienfreundliches Bauprojekt mit barrierefreien Wohnungen und Gemeinschaftsräumen auf die Beine stellt, sind die Bürger dabei auf sich selbst angewiesen.

Wie sich ein gemeinschaftliches Bauprojekt praktisch verwirklichen lässt, erklärte in den kommenden Stunden Referent Ulrich Steinmeyer. Der Diplom-Ökonom wohnt selbst seit 26 Jahren in Wohnprojekten und war an mehreren Projektgründungen der Baugenossenschaft „Aller Wohnen“ beteiligt.

Klar wurde an dem Abend: Ganz leicht ist es nicht, eine Idee vom gemeinschaftlichen Leben zu Ende zu planen und praktisch umzusetzen – aber es ist möglich.

Generationsübergreifend leben ist nicht immer leicht

Zum Einen warnte Steinmeyer vor zu großem Optimismus, was das Zusammenleben angeht. „Generationsübergreifend – das klingt erst mal ziemlich gut. Im täglichen Zusammenleben nerven die Kinder anderer Leute dann plötzlich doch den einen oder anderen Senior.“

Besonders Menschen, die ihr Leben lang völlig selbständig und ohne die Notwendigkeit für Absprachen gelebt hätten, würde es im Alter nicht unbedingt leicht fallen, sich auf eine Art Wohngemeinschaft einzustellen. Wichtig sei daher, sich ganz genau zu überlegen, was man wirklich wolle und könne.

Gemeinsame Finanzierung muss abgesichert werden

Richtig kompliziert wird das Thema durch die gemeinsame Finanzierung, die auf viele Jahre hin abgesichert sein muss. Dabei muss sich jeder auf den anderen verlassen, weil sonst das ganze Projekt scheitern könnte.

Um etwas Rechtssicherheit zu bekommen, haben sich Steinmeyer und seine Mitstreiter für die Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft entschieden.

Von Genossenschaften und anderen Rechtsformen

Baugenossenschaftsprojekte werden immer von den Menschen organisiert, die auch tatsächlich in dem jeweiligen Wohnprojekt leben wollen – ein vollkommen Außenstehender kann sich nicht beteiligen.

Wer nicht mehr dabei sein will oder kann, verkauft seine Genossenschaftsanteile entweder an die übrigen Genossen, oder an einen neuen Teilhaber, der sich einbringen möchte. Genossenschaften sind außerdem steuerlich begünstigt. Möglich wäre es theoretisch, als genossenschaftliches Bauprojekt in den Schoß einer größeren Genossenschaft zu gehen – und sich so den Verwaltungs-Überbau zu sparen.

Auch andere Rechtsformen sind möglich, etwa eine Wohnungseigentümergemeinschaft. „Dort muss aber jede Änderung mit jedem Miteigentümer im Konsens entschieden werden – das macht die Realisierung des Baus schwierig.

Es braucht Teilhaber mit echtem Engagement

Überhaupt: „Wenn ein Projekt etwas werden soll, ist es wichtig, dass sich eine Kerngruppe findet, die die Hauptorganisation übernimmt“, so der Referent. Ihm selbst sei bei der Planung des vergangenen Projektes mehrfach die „Gruppe weggebröselt“ – Interessenten sprangen kurz vor Ende der Planung ab, neue Teilhaber mussten gesucht werden.

Um früh zu wissen, wer nicht nur reden will, sondern echtes Interesse an dem Projekt hat, kann es daher sinnvoll sein, die Mitstreiter in einer recht frühen Phase finanziell einzuspannen. „Wer bereit ist, 500 Euro Planungskosten zu investieren, der meint es wahrscheinlich ernst“, so Steinmeyer.

Gemeinde Stuhr müsste Grundstück länger reservieren

Erleichtert wird das Bauen als Genossenschaft  – so wie das Bauen insgesamt – derzeit durch die extrem niedrigen Zinssätze. Schwierig ist es allerdings, in  Stuhr ein passendes Grundstück zu finden.

„Da die Planung länger dauert, als bei einem Einzelinvestor, müsste die Gemeinde das Grundstück für die Genossenschaft länger zurückhalten – das wollen aber nicht alle“, sagte Steinmeyer.

Der anwesende Bürgermeister Niels Thomsen gab zu verstehen, dass die Gemeinde unter Umständen bereit wäre, ein Grundstück für ein soziales Bauprojekt zu reservieren. „Aber es muss dann eben auch klare Pläne und klare Ansprechpartner geben“, so Thomsen.

Wie wollen wir leben – Workshop zum Ideensammeln

Um die zu finden, soll in Stuhr soll die Gründung eines Mehrgenerationen-Wohnhauses erst einmal in eine kreative Phase gehen. Der Seniorenbeirat veranstaltet dafür am Samstag, 10. September, einen moderierten Workshop im Haus Lohmann.

Wer sich von den Schwierigkeiten nicht abschrecken lässt, der kann dabei sein, wenn es dort den Freiraum geben soll, zu träumen und Visionen zu entwerfen. Jede Art Vorschlag zum gemeinschaftlichen Leben ist dort erst einmal richtig. Vielleicht findet sich ja auch schon eine Kerngruppe, die diese Ideen Wirklichkeit werden lässt.

Dann kann es schnell gehen: „In dem Projekt Neumühlen, in dem ich heute lebe, haben wir 2002 den ersten Aufruf zum Ideen sammeln gestartet – und 2004 sind wir schon eingezogen“, machte Steinmeyer Hoffnung, dass es auch recht schnell gehen kann. Anmeldungen zum kostenfreien Workshop sind schon jetzt unter der Nummer 0421 / 569 52 82 möglich.

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