Studenten haben das Schnürschuh-Theater 1976 in Bremen gegründet. Seit einem Jahr ist kein Gründungsmitglied mehr aktiv. Foto: pv Studenten haben das Schnürschuh-Theater 1976 in Bremen gegründet. Seit einem Jahr ist kein Gründungsmitglied mehr aktiv. Foto: pv
Schnürschuh-Theater

„Einen Flop können wir uns nicht leisten“

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Politisch engagierte Studenten haben das Schnürschuh-Theater vor 40 Jahren gegründet. Vor allem auf Eigenproduktionen setzt das Theater. Um als kleines Haus überleben zu können, müssen auch Sponsoren gefunden werden.

Das genaue Gründungsdatum kennt beim Schnürschuh-Theater niemand mehr. „Alle erinnern sich unterschiedlich“, sagt Theaterleiterin Anja Hinrichs lachend. Es waren andere Zeiten, damals 1976: Politisch engagierte Studenten haben das Theater gegründet. Und nicht nur das: Auch eine Schnürschuh-Zeitung gab es einmal.

Viele Jahre lang war das Theater in erster Linie für seine Kinder- und Jugendproduktionen bekannt. Das hat sich damals zufällig ergeben. Oft spielte das Schnürschuh-Theater seine Stücke in der Innenstadt. „Sämtliche Kinder wurden dort geparkt“, sagt Hinrichs.

Durchbruch mit „Püppchen“

Mit „Püppchen“, einem Stück über sexuellen Missbrauch in der Familie, war die Bremer Theatergruppe deutschlandweit unterwegs, um Tabus zu brechen. 330 Mal war allein dieses Stück zu sehen. „Die Stücke sind schon damals selbst geschrieben und inszeniert worden“, sagt die heutige Theater-Chefin.

Jahrelang hatten die Schauspieler kein eigenes Haus. In Bremen spielten sie unter anderem in der Weserburg oder im Modernes. Erst als die Zeugen Jehovas 1994 ihren Standort am Buntentorsteinweg aufgaben, wurde das reisende Theater in der Bremer Neustadt sesshaft.

Theater erlebte 2005 große Krise

Die größte Krise in der Geschichte des Schnürschuh-Theaters brach 2005 über die Neustädter hinein. Die Förderung mit öffentlichen Geldern sollte von einem Jahr auf das andere komplett gestrichen werden. Bis dahin hatte das Haus jährlich 175.000 Euro bekommen. Drei Tage lang saßen die Beschäftigten des Theaters zusammen und wollten das Haus schon schließen.

„Dann haben wir mal wieder den Aufstand geprobt“, erinnert sich Hinrichs. Das Ergebnis: Mit der Stadt handelte das Schnürschuh-Theater eine öffentlich-private Partnerschaft aus. So gibt es bis heute immerhin noch 75.000 Euro jährlich. Um trotzdem über die Runden zu kommen, musste das Theater verstärkt Sponsoren überzeugen.

Keine Flops erlaubt

Unter anderem die Sparkasse Bremen gehört zu den größeren Förderern der Kultureinrichtung. „Wenn sowas wegbrechen würde, hätten wir wieder ein Problem“, sagt Anja Hinrichs. Sie erinnert sich aber auch gern an die Krise vor gut zehn Jahren. „Wir haben gemerkt, was für einen tollen Zusammenhalt wir bei Zuschauern und Sponsoren haben“, sagt sie.

Besonders wirtschaftlich zu denken gehört aber spätestens seit dieser Finanzierungs-Umstellung am Buntentorsteinweg zum Alltag. „Wir dürfen uns keinen Flop leisten“, sagt Pascal Makowka, künstlerischer Leiter des Theaters.

Zweite Generation leitet das Theater

Trotzdem oder gerade deshalb setzen die Schauspieler und Regisseure immer mehr auf Eigenproduktionen. Gastspiele gibt es im Schnürschuh-Theater zwar auch noch heute. Aber längst werden die eigenen Stücke nicht mehr hauptsächlich als Schultheater am Vormittag gezeigt, sondern auch am Abend. „Abends haben wir früher nicht so erfolgreich gespielt wie jetzt“, sagt Makowka.

Inzwischen leitet die zweite Generation die Geschicke des Hauses. Mit Reinhard Lippelt hat das letzte Gründungsmitglied inzwischen den Ruhestand angetreten. Die traditionellen Werte der Gründer, sozialkritisch und politisch zu sein, wollen auch die Neuen leben. Aber sie müssen auch das bedienen, was die Zuschauer sehen wollen.

Märchen beliebter als sozialkritische Kinderstücke

Deshalb sind in der Vorweihnachtszeit inzwischen kaum noch sozialkritische Stücke zu sehen. Märchen sind bei Kitas und Schulen gefragter. „Wir haben aber eine eigene Art gefunden, nah am Originalstoff zu bleiben und trotzdem frisch und anders zu inszenieren“, betont Makowka. Das Schnürschuh-Theater bedient die Nachfrage und ist deshalb schon jetzt bei allen Schulvorstellungen im Advent ausgebucht.Insgesamt 16.000 bis 17.5000 Besucher kommen jährlich ins Schnürschuh-Theater.

Stücke, die Zuschauer schon als Buch oder Film kennen, eignen sich auch besser, um die Menschen ins Theater zu ziehen. In der vergangenen Spielzeit feierte „Herr Lehmann“ Premiere: Das Ensemble spielte bis jetzt immer vor ausverkauftem Haus. Regisseur Helge Tramsen wird auch das neue Abendstück „Extrem nah und unglaublich nah“ inszenieren, das 2011 mit Tom Hanks verfilmt wurde.

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