Der gebürtige Delmenhorster Chansonnier Tim Fischer ist am 6. November im Kleinen Haus zu hören und erleben. Foto: Jim Rakete Der gebürtige Delmenhorster Chansonnier Tim Fischer ist am 6. November im Kleinen Haus zu hören und erleben. Foto: Jim Rakete
Konzert

„Publikum und ich sind auf einem Dampfer unterwegs“

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Tim Fischer ist am 6. November zu Gast im Kleinen Haus Delmenhorst. Im Interview verrät der Chansonnier mehr über sein neues Programm „Absolut“ und Künftiges.

Delme Report: Nach der Premiere und Folgeauftritten in Ihrer Wahlheimat Berlin steht Ihr Heimspiel in Delmenhorst fast oben auf Ihrem Tourneeplan…

Tim Fischer: Ja, Delmenhorst und ich haben uns in den vergangenen Jahren wiedergefunden. Ich fühle mich wohl hier und wir begleiten auch dieses Mal wieder die Kinderwunschbaum-Aktion, die ich so klasse finde. Im Anschluss an das Konzert werden wir dafür im Foyer sammeln und es wäre schön, wenn das Publikum, rechtzeitig etwas in den Sparstrumpf steckt, damit die Eimer ordentlich gefüllt werden.

Im Fokus der Tour steht Ihre neue CD „Absolut“. Auf dem Album kombinieren Sie ältere Lieder und Lieblingslieder wie die „Rinnsteinprinzessin“ mit Klassikern von Jacques Brel und Hildegard Knef. Wie kam es zu dieser Auswahl?

Zu der „Rinnsteinprinzessin“ kann ich sagen, dass sie  vom Publikum eingefordert wird. Die Leute sind böse nach dem Konzert, wenn sie nicht gespielt wird. Das empfinde ich als ein großes Kompliment. Marianne Rosenberg hat mal zu mir gesagt, „Tim, wenn du verdrossen bist ein Lied zu singen, was die Leute gerne hören wollen, dann musst du es von der anderen Seite betrachten. Sei froh, dass du ein Lied hast, dass wirklich mit dir verbunden wird.“ Ich habe diese Worte als so echt, wahr und stimmig empfunden und bin sehr stolz, dass ich dieses Lied habe. Ich liebe die „Rinnsteinprinzessin“. Und die Autoren des Songs, Edith Jeske und Rainer Bielfeldt, haben auch neue Lieder geschrieben, die wir präsentieren. Es gibt zudem Neues von Sebastian Krämer, der einen fantastischen Umgang mit Sprache und eine ganz spezielle Sicht auf die Welt, ihre Geschichten und ihre Figuren hat. Die ersten Vorstellungen in Berlin sind sehr gut angekommen, was uns natürlich sehr freut.

Wie lange haben Sie an dem Programm gearbeitet?

Etwa drei Jahre lang und wir haben das Gefühl, dass sich das jetzt auszahlt. Das ist natürlich eine lange Strecke. Die Lieder werden geschrieben, man trifft eine Auswahl und beginnt, sie zu erarbeiten. Dann zieht man alles wieder in den Zweifel und bearbeitet es wieder bis das Kind endlich geboren und die Nabelschnur durchgeschnitten ist. Und ich muss sagen, die Eltern sind ganz glücklich, denn hurra, es ist ein Mädchen! Wir sind so erleichtert, dass der Abend so gut geworden ist.  Es gibt durchaus brüllend komische Nummern, aber es gibt auch ganz besinnliche Balladen, die ganz wunderbar in unsere Zeit passen.

Bei Ihren Konzerten hört man immer wieder Chansons, deren Gehalt die Zuhörer nachhaltig beschäftigt. Was wird den Zuhörern dieses Mal gehörig unter die Haut gehen?

Genau das, macht für mich das Chanson aus. Dass die Lieder gehaltvoll sind. Es gibt heute eine junge Generation von Schreibern und Liedermachern, die ganz klar ihre Befindlichkeiten, ihre Sicht auf die Dinge in einer erstaunlich guten Sprache beschreiben. Dazu gehören natürlich auch Sebastian Krämer und Thomas Pigor die beide Platz in unserem neuen Programm finden. Das Feedback in Berlin war so toll, dass ich sagen kann, dass wir damit absolut den Nerv der Zeit getroffen haben. Und ich habe das Gefühl, dass ich noch nie so ein aktuelles und modernes Programm hatte. Auch die Klassiker von Jacques Brel fügen sich zeitlos ein.

Tim Fischer präsentiert in Delmenhorst sein neues Album "Absolut". Foto: Jim Rakete

Tim Fischer präsentiert in Delmenhorst sein neues Album „Absolut“. Foto: Jim Rakete

Auf dem neuen Album ist unter anderem die Hitler-Parodie von Thomas Pigor zu hören. Ist das Lied ein heißes Eisen, wenn man es auf der Bühne präsentiert?

Nein, es gibt viele Hitler-Parodien und Möglichkeiten des Umgangs mit dem Mann. Als ich das Lied von Thomas Pigor hörte, fand ich, dass es dicht an der Auffassung von Charlie Chaplins „Der große Diktator“ ist. Das hat mir gefallen. Der einzige Umgang, den man mit Hitler haben sollte ist, sich über ihn kaputt zu lachen. Das Publikum weiß, dass es keine Verherrlichung von Hitler ist, sondern eher das Gegenteil. Ich möchte nicht die Frauke Petri des Chansons werden.

Bei der CD-Produktion haben Sie sich renommierte Musiker ins Studio eingeladen, wie die Harfenistin Simonetta Ginelli, Jazzer und Rockmusiker. Was zeichnet einen Chanson-Abend aus, der ausschließlich von ihrem langjährigen Bühnenkollegen Rainer Bielfeldt „beflügelt“ wird?

Rainer schafft es, am Flügel ein ganzes Orchester zu ersetzen. Das ist nicht jedem Pianisten gegeben. Auf einer CD fehlt natürlich der ganze schauspielerische Aspekt  und dann ist es schön, wenn man auch ein paar andere Instrumente hört. Die Palette ist sehr bunt und vielfältig geworden und das ist das Schönste, denn Abwechslung ist ja die Würze des Lebens. Ich habe mich an frühere Zeiten erinnert, wie man für beste Freunde, die Geliebte oder den Geliebten eine Kassette mit den unterschiedlichsten Songs aufgenommen hat. So gehen wir auch vor. Wir versuchen uns jetzt nicht, an jedes Genre heranzuschmeißen, aber wir klammern eben auch nichts aus.

Sie stehen seit fast 30 Jahren auf der Bühne. Gibt es etwas, das Sie immer wieder überrascht?

Ja, das Publikum. Wir sind immer mehr zusammengewachsen und auf einem Dampfer unterwegs – demnächst auf der Delme.

Wird man Sie auch mal wieder vor der Kamera sehen?

Ja, Tom Tykwer, der unter anderem auch „Lola rennt“ und „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“ gemacht hat, dreht gerade in Berlin die Serie „Babylon Berlin“. Und ich habe eine ganz tolle Rolle darin ergattert, über die ich aber noch nichts verraten darf.

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