Umweltzone: Einfahrt nur mit grüner Plakette. Eine blaue wird es zunächst nicht geben. Foto: Schlie Umweltzone: Einfahrt nur mit grüner Plakette. Eine blaue wird es zunächst nicht geben. Foto: Schlie
Abgase

Blaue Plakette für Diesel: Hängepartie geht weiter

Von
Klare Regelungen gegen Stickoxid-Überschreitungen vermisst Bremens Verkehrssenator Joachim Lohse. Die Verkehrsminister haben den Vorstoß für eine blaue Plakette abgelehnt. Für den Senator ist das ein schwerer Fehler.

Weser Report: Kann man sich als Autofahrer jetzt über die Entscheidung der Verkehrsminister gegen eine blaue Plakette freuen?

Joachim Lohse: Ich glaube, es gibt niemanden, der sich jetzt freuen kann. Denn die Hängepartie geht weiter, ein klarer gesetzlicher Rahmen konnte nicht gefunden werden. Jetzt sind die Städte auf sich alleine gestellt und werden die unterschiedlichsten Maßnahmen ergreifen müssen, um Klagen zu verhindern oder zu begegnen.

Was sind denn die Folgen?

Lohse: Städte und Kommunen werden schon jetzt erfolgreich verklagt von Einzelpersonen oder Umweltverbänden, dass sie für saubere Luft sorgen müssen – so wie in Düsseldorf. Und sie haben keine rechtssichere Handhabe. Am Ende könnten Gerichte generell Dieselfahrzeugen die Fahrt in die Stadt verbieten, um die Luft zu verbessern, was sich aber kaum kontrollieren ließe. Die Autofahrer sind orientierungslos. Und die Hersteller leiden ebenfalls – darüber bekomme ich Signale aus der Automobilwirtschaft. Wie gesagt: Es fehlt eine politische Lösung, die die Mehrheit der Verkehrsminister – allen voran Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt – am Freitag leider abgelehnt hat.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen empfiehlt, mittelfristig Abstand vom Diesel zu nehmen. Was meinen Sie?

Lohse: Bevor wir von den Abgasmanipulationen erfahren haben, konnten wir dem Diesel eine bessere Kraftstoffeffizienz bescheinigen und deshalb auch geringeren CO2-Ausstoß. Doch dann kam das Thema Stickoxidbelastung in den Städten auf, das eine wichtige Rolle spielt. Die blaue Plakette an sich hätte ja noch kein Verbot bedeutet, sondern nur, dass die sauberen Fahrzeuge identifiziert werden können. Die Städte und Regionen hätten dann entscheiden können, welche Auflagen sie machen.

Wo steht denn Bremen? Erwarten Sie Klagen wegen der Stickoxidbelastung?

Lohse: Bremen überschreitet die Grenzwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter an drei Messstationen um bis zu 20 Prozent. In anderen Städten sind die Überschreitungen durchaus erheblich höher. Dennoch: Es gelten die Grenzwerte. Es kann also zu einer Klage eines Verbandes oder eines Bürgers kommen. Und dann entscheidet am Ende das Verwaltungsgericht. Bevor Bremen also verklagt wird oder wir Maßnahmen gegen Autofahrerinnen und Autofahrer ergreifen müssen, fordere ich die Automobilindustrie auf, umgehend Fahrzeuge anzubieten, bei denen die Stickoxidemissionen endlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Wie geht es jetzt weiter?

Lohse: Von Länderseite wird Baden-Württemberg eine Bundesratsinitiative starten, der wir uns anschließen werden, denn in Stuttgart gibt es ein Riesenproblem mit der Abgasbelastung, die im Winter zu Fahrverboten führen könnte. In der Bundesregierung gibt es ein Patt zwischen Umweltministerin Hendricks und Verkehrsminister Dobrindt. Es könnte aber auch ein Impuls von der Industrie kommen, die fordert, das Problem endlich gesetzlich zu regeln – wenn nämlich die Verunsicherung der Kunden zu einem Käuferstreik bei Neuwagen und vor allem bei Dieselfahrzeugen führt.

Schreibe einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner