Wie alltagstauglich ein pflegebedürftiger Mensch noch ist, wird mit der neuen Reform eine größere Rolle spielen. Symbolfoto/pixabay Wie alltagstauglich ein pflegebedürftiger Mensch noch ist, wird mit der neuen Reform eine größere Rolle spielen. Symbolfoto/pixabay
Pflegegrade kommen

Die Pflegereform hat noch Startschwierigkeiten

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Von der Pflegestufe hängt ab, welche Betreuung und wie viel Geld ein Kranker bekommt. Im neuen Jahr soll das System gerechter werden, doch es gibt schon jetzt Probleme bei der Umsetzung.

Der Vater von Ulrike Schneider, die ihren richtigen Namen nicht nennen will, lebt seit mehreren Jahren im Pflegeheim. Er ist krebskrank und dement und wurde vom medizinischen Dienst der Krankenkassen als Pflegefall der Stufe zwei mit eingeschränkter Alltagskompetenz eingestuft. „Nach dem neuen System, müsste er den Pflegegrad vier bekommen, doch unsere Krankenkasse hat nur Grad drei berechnet“, sagt Schneider.

Das mit dem so genannten Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) neu eingeführte System der fünf Pflegegrade sieht vor, dass jeder Kranke einen Grad über seiner bisherigen Stufe eingeordnet wird. Liegt eine eingeschränkte Alltagskompetenz vor, wird zwei Stufen nach oben gerechnet. Ihr Vater, so Schneider, würde aber jetzt schlechter gestellt als vorher. „Ich habe mich beim Bundesgesundheitsministerium beschwert. Dort sagte man mir, ich wäre kein Einzelfall. Viele Kassen rechnen nicht richtig um“, sagt sie.

Eigenanteil wird für alle gleich

Die ab Januar in Kraft tretende Reform erneuert den Pflegebedürftigkeitsbegriff, die Begutachtungsmethode durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, sowie die Einstufung in fünf Pflegegrade. Ziel: Demenzkranke, dauerhaft psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen sollen alle Pflegeleistungen erhalten, die körperlich Kranken schon lange zustehen. Detaillierte Infos dazu gibt es vom Bundesgesundheitsministerium.

Doch nicht nur die Einstufung, auch der Zeitpunkt wirft im Falle Schneider Fragen auf: „Die Mitarbeiter im Pflegeheim haben mich gedrängt, meinen Vater noch dieses Jahr höher stufen zu lassen“, erzählt sie. Mit dem neuen Gesetz werden die privaten Kosten für den Einzelnen, unabhängig vom Pflegegrad, gleich berechnet. Doch die Pflegeheime – so vermutet Schneider – bekommen mehr Geld vom Staat, wenn die Patienten höher eingestuft werden.

Aus der zuständigen Sozialbehörde heißt es, man habe in Bremen gemeinsam mit den Vertretern der Pflegekassen und der Heimbetreiber ein Übergangssystem geschaffen. Dieses soll die Heime davor schützen, wegen der neuen Berechnungen zu wenig Einnahmen zu haben. „Der Heimaufsicht liegen bisher keine Beschwerden vor“, so Sprecher David Lukaßen.

Fragliche Bescheide sollten geprüft werden

Auch beim Pflegestützpunkt Nord habe sich noch keiner beschwert. „Die Heime würden aber im nächsten Jahr mehr Geld bekommen, wenn die Patienten noch im Dezember hoch gestuft werden“, so dessen Sprecherin Sarah Blumenstein. Eine höhere Bewertung werde aber nur vorgenommen, wenn sie medizinisch notwendig sei. „Ob die Bescheide richtig ausgestellt sind, sollten die Betroffenen immer prüfen“, so Blumenstein.

Kein Wunder also, dass die Krankenkassen wegen der Reform einen erhöhten Beratungsbedarf haben: „Am häufigsten gibt es Fragen zu den ersten Rechnungen der Pflegeheime für 2017. Diese fallen teilweise höher aus als bislang“, erklärt Ilja Mertens von der Hkk. Fragliche Rechnungen sollten die Versicherten von der Krankenkasse prüfen lassen. Zudem weist Mertens ebenfalls darauf hin, dass es sich für viele Versicherte lohnen könnte, noch vor dem Jahreswechsel die Pflegestufe zu erhöhen, um 2017 einen möglichst hohen Pflegegrad zugewiesen zu bekommen.

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