Der Angeklagte verzog am zweiten Prozesstag keine Miene, als Zeugen zum Unfallhergang befragt wurden. Foto: Niemann Auch am vierten Prozesstag konnten die Zeugen keine genauen Angaben zum Unfallfahrer machen. Ihre dürftigen Beschreibungen könnten zwar auf den Angeklagten passen, doch vor Gericht konnte sich keiner genau erinnern. Foto: Niemann
Unfall in der Vahr

Emotionaler Prozesstag ohne richtige Erkenntnisse

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Am vierten Prozesstag gegen den mutmaßlichen Unfallfahrer in der Vahr hat das Gericht Klassenkameraden und eine Lehrerin des 13-jährigen Jungen zum Unfallhergang befragt. An den Fahrer konnte sich wieder keiner erinnern.

Der erste Zeuge am Dienstag war ein 15-jähriger Klassenkamerad des 13-jährigen Unfallopfers. Er hatte mit einem Freund an der Straßenbahnhaltestelle gewartet, als der Unfall passierte. „Ich habe einen Knall gehört und dann gesehen, wie der Junge durch die Luft geflogen ist“, sagt er vor Gericht. Er sei dann zunächst zu seinem Klassenkameraden gelaufen und dann gemeinsam mit einem Freund zum Unfallwagen, der ein paar Meter weiter an einer Verkehrsinsel zum Stehen gekommen sei. 

Die Richter wollten von dem Zeugen wissen, wie viele Personen der Junge im Wagen gesehen hatte und ob er jemanden habe erkennen können. Beides verneinte der 15-Jährige. „Ich habe nur zwei Sekunden geschaut und gesehen, dass die Fahrertür ein Stückchen offen stand, mehr nicht.“

Lediglich einen Hinterkopf und ein Bein habe er vom Unfallfahrer sehen können, als dieser wieder in seinen Wagen gestiegen ist. „Ich glaube, der hatte eine blaue Arbeitshose an und dunkle Haare“, so der Zeuge. Bei der Polizei hatte er zudem zu Protokoll gegeben, dass es sich um einen Ausländer gehandelt habe, vor Gericht konnte sich der Junge daran nicht mehr erinnern.

Video von polizeilicher Gegenüberstellung gezeigt

„Dem Unfallopfer geht es inzwischen besser“, erzählte der 15-jährige auf Nachfrage. Der 13-Jährige habe zwar häufig Kopfschmerzen und müsse in der Schule den Fahrstuhl benutzen, auch beim Sport sei er langsamer als früher, aber es ginge ihm besser. „Außerdem hat er lauter Narben am Kopf“, so der Zeuge. 

Auch der zweite Klassenkamerad, der den Unfall beobachtet hatte, konnte sich am Dienstag nicht mehr an den Fahrer erinnern. „Ich weiß, dass der Fahrer geflüchtet ist, bei einer Gegenüberstellung bei der Polizei konnte ich ihn aber nicht wieder erkennen“, gab er an.

Die Richter spielten daraufhin das Video der Gegenüberstellung, das einige Tage nach dem Unfall am 10. Juni gedreht wurde, vor Gericht ab. Zu sehen: Ein Polizeibüro, in das nacheinander neun verschiedene Personen treten. Sie alle stehen relativ weit weg vom Zeugen, man erkennt die Statur, die Haarfarbe, aber kaum Details. Ähnlich ging es dem Zeugen. Auch angesichts der Bilder kam seine Erinnerung an den Unfallfahrer nicht zurück. 

Die dritte Zeugin, ein 15-jähriges Mädchen, konnte genauso wenig Angaben zum Unfallfahrer machen, wie ihre Vorgänger. „Der hatte dunkle Haare und war etwas kleiner als ein durchschnittlicher Erwachsener“, sagte sie aus. Die Polizei hatte ihr in der Vernehmung Fotos von Tatverdächtigen vorgelegt, doch ohne Erfolg. Auch vor Gericht konnte sie nichts genaueres sagen. 

Ersthelferin erinnert sich weinend an Unfall

Emotional wurde der Prozesstag, als die Frau in den Zeugenstand gerufen wurde, die den 13-jährigen Jungen direkt nach dem Unfall zuerst versorgt hat. Die Zeugin arbeitet an der nahe gelegenen Schule und wartete nach Feierabend auf die Straßenbahn, als der Unfall direkt vor ihr passierte. „Ich habe gesehen, wie der Körper richtig auf die Schienen geschmissen worden ist“, berichtete sie unter Tränen. Immer wieder musste sie ihre Schilderungen unterbrechen, um ihre Tränen zu trocknen. 

„Ich bin dann direkt zu dem Jungen hin gelaufen und habe geschaut ob er noch atmet. Weil ich gerade einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht hatte, wusste ich, dass ich ihn nicht bewegen darf, um zu verhindern, dass er im Rollstuhl landet“, erzählt sie. Also habe sie versucht, die Blutung zu stoppen.

„Dann kam eine Krankenschwester und hat die Betreuung unternommen. Ich habe wie verrückt die Kinder angeschrien, dass sie sich das Nummernschild des Unfallwagens aufschreiben sollen“, erzählte sie weiter. Ein Mädchen und zwei Jungs hätten das auch gemacht und der Polizei einen Schnipsel übergeben.

Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt

Sie habe dann eine Straßenbahn gestoppt und dem Fahrer erklärt, er möge die Schienen absperren, auf denen der Junge schwer verletzt lag. „Zu dem Fahrer kann ich nichts sagen, ich war total auf das Kind konzentriert, hatte einen Tunnelblick“, sagte die Frau. Nach dem Unfall sei sei eine Woche krank geschrieben worden, weil sie psychisch stark mitgenommen gewesen sei. „Ich leide bis heute unter den Eindrücken“, sagte die Frau. 

Wirklich helfen, den Angeklagten als Unfallfahrer zu identifizieren konnte keiner der Zeugen. Am Donnerstag sollen weitere Zeugen vor Gericht gehört werden, zudem wird ein Sachverständiger zum Unfallgeschehen aussagen. 

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