Die Frühchenstation des Klinikums Bremen-Nord soll nach Plänen der Geno nach Mitte verlegt werden. Foto: Füller Die Frühchenstation des Klinikums Bremen-Nord soll nach Plänen der Geno nach Mitte verlegt werden. Foto: Füller
Gesundheit

Beirat fordert Fortbestand der Frühchenstation Nord

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Mit Empörung ist in ganz Bremen-Nord das Vorhaben der Geno aufgenommen worden, die Frühchenstation des Klinikums nach Bremen-Mitte zu verlegen. Der Beirat Vegesack forderte nun einstimmig ein Fortbestehen.

 

Geburtskliniken werden danach unterschieden, ob und wie sie die Kleinsten versorgen können.

Perinatalzentren mit Level 1 etwa sind für Frühchen mit einem Gewicht unter 1.250 Gramm, die noch vor der 29. Schwangerschaftswoche geboren werden, eingerichtet. Ein solches existiert in Bremen im Krankenhaus Links der Weser.

Level 2 in Bremen-Nord

Eine Level 2-Klinik versorgt Frühchen, die bei der Geburt bis zu 1.500 Gramm wiegen und zwischen der 29. und 32. Schwangerschaftswoche das Licht der Welt erblicken.

Für alle Frühchen gilt: Sie brauchen intensive medizinische Betreuung und eine enge Bindung zu den Eltern.

„Bis 2009 wurden in Bremen-Nord alle Frühchen, auch die ganz Kleinen, versorgt“, erinnert sich Jürgen Bachmann, ehemaliger Leiter der Kinder- und Jugendmedizin im Klinikum Bremen-Nord.

Infrastruktur vor Ort

Das Klinikum Bremen-Nord ist inzwischen als Level-2-Klinik eingestuft – nur ein Grund, warum sich viele Eltern nicht nur aus Bremen-Nord für die hiesige Entbindungsstation entscheiden.

Im Fall der Fälle sind qualifiziertes Personal und die nötige Infrastruktur vor Ort.

Konzentration in Bremen-Mitte

Der Aufsichtsrat der Gesundheit Nord (Geno) hatte beschlossen, Fachbereiche an einzelnen Standorten zu bündeln. Es sollen „ökonomische Synergien“ geschaffen werden.

Nach dem Willen von Geno und Politik soll bis 2019 in Bremen-Mitte ein Geburtszentrum mit angeschlossener Neonatologie entstehen.

Dort sollen dann die Level 1- und 2- Frühchen sowie Risikoschwangere versorgt werden. 

Pläne stoßen auf Ablehnung

Sowohl Eltern, als auch Ärzte und Politiker in Bremen-Nord lehnen das Vorhaben ab. Sie verweisen nicht zuletzt auch auf das große Einzugsgebiet des Klinikums Bremen-Nord.

Rolf Schlüter, Sprecher der Geno, verteidigte das Vorhaben im Rahmen der Vegesacker Beiratssitzung: „Der Gesetzgeber hat strenge Richtlinien gesetzt, was die Versorgung von Frühchen der Level 1 und 2 angeht.“

Zu wenig Fachpersonal

Schlüter lobte die Entwicklung, die das Klinikum Bremen-Nord im Bereich der Frühchenversorgung durchlaufen habe.

Es sei jedoch personell nicht zu schaffen, an drei unterschiedlichen Standorten in Bremen die Frühgeborenen-Versorgung aufrecht zu erhalten, da das Fachpersonal rar sei.

„Wir müssen uns aber auch Gedanken über die sozialen Aspekte machen“, gab Schlüter zu. Entbindungen würden selbstverständlich auch weiterhin in Bremen-Nord möglich sein.

Geburtsklinik bleibt in Nord

Grundsätzlich werde die Geburtsklinik in Nord erhalten – eine Versorgung von Level 3-Kindern sei weiterhin möglich, erklärte Bremen-Nords Klinikdirektorin Birgit Hilmer dem Beirat.

Sei es nötig, so könnten auch kleinere Neugeborene in Bremen-Nord entbunden und versorgt werden.

Die Konzentration des Fachpersonals in Mitte sei keine neue Überlegung der Geno, so Hilmer weiter. Auch sie verwies auf den personellen Engpass.

Gegenwind aus Ärztekreisen

Dagegen hielt der ehemalige Oberarzt der Kinder- und Jugendklinik, Jürgen Bachmann, dass genau dieses hoch qualifizierte Personal in Bremen-Nord nicht mehr weiter ausgebildet werden könne, wenn die Klinik verlegt werde.

Junge Kollegen könnten ihre Facharztausbildung schließlich nicht mehr am Klinikum in Nord absolvieren und müssten alle über die Station in Mitte laufen.

„Wer Level 2-Kinder versorgen kann, kann auch Level 1-Kinder über Stunden stabil halten. Wenn die Station in Nord wegfällt, ist das aber nicht mehr möglich“, so Bachmann weiter.

Eltern könnten sich umorientieren

Damit sprach er auch die Problematik für werdende Eltern an.

Er befürchtet, dass viele werdende Eltern sich künftig direkt nach Bremen-Mitte orientierten, Bremen-Nord dadurch einen erheblichen Imageschaden nehmen könnte.

Große Distanzen für Eltern

Zudem sei es Eltern und Kindern nicht zuzumuten, über Wochen hinweg den Weg zwischen Bremen-Nord und Mitte zurück zu legen, wenn das Kind dort bis zu seiner Entlassung bleiben müsse.

„Die Bindung zu den Eltern ist für Frühchen entscheidend“, so Bachmann weiter. Werde diese unterbrochen oder gar nicht intensiv aufgebaut, nähmen die Kinder Schaden. Entwicklungsstörungen seien oft die Folge.

Eine Verlegung sei nicht vertretbar

Das Klinikum in Bremen-Nord liege im Einzugsgebiet für rund 100.000 Bremer. Hinzu kämen die Menschen aus dem Umkreis.  Darauf verwies Beiratssprecher Jürgen Hartwig (SPD).

Aus sozial- und gesundheitspolitischer Sicht sei eine Verlegung der Station nicht vertretbar, auch vor dem Gesichtspunkt einer steigenden Fertilität und zunehmender Bevölkerungszahlen im Bereich Bremen-Nord.

Kapazitäten sind endlich

„Und was passiert, wenn es einen erneuten Keimskandal in Mitte gibt oder die Kapazitäten ausgeschöpft sind?“, fragte Bachmann und warnte, dass die nächsten qualifizierten Kliniken dann in Hannover und Hamburg lägen.

Thomas Pörschke (Grüne) berichtete, andere Städte mit vergleichbarer Einwohnerzahl wie Bremen verfügten über gleich zwei Kliniken zur Level 1- Versorgung.

Erreichbarkeit ist entscheidend

„Ein Krankenhaus in Randlage wie das in Bremen-Nord muss über Einrichtungen verfügen wie jenes in Mitte auch“, so Pörschke weiter.

Vegesack sei zudem ein Zentrum für den Norden Bremens, dessen Bewohner eben nicht in Kürze das Krankenhaus in Mitte erreichten, fügte Marvin Mergard (AfD) hinzu.

Bremen-Nord hat einen guten Ruf

Auch aus dem Publikum meldeten sich Väter zu Wort, die bestätigten, sie und ihre Frauen hätten für die Geburten der Kinder bewusst Bremen-Nord ausgesucht, weil Personal und Infrastruktur vor Ort einen guten Ruf genieße.

Die Beiratsmitglieder stimmten geschlossen für ein Fortbestehen der Perinatalklinik in Bremen-Nord und forderten Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt sowie die Verantwortlichen der Geno auf, die Pläne zu überdenken und neu zu bewerten.

Birgit Hilmer versicherte, die vom Beirat und den Bürgern geäußerten Argumente den zuständigen Stellen zu berichten.

 

 

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