Dr. Yvonne Ingenbleek und Prof. Gerd Turowski krtisieren massiv den Bericht zum Wohnungsmarkt in Delmenhorst.Foto: nba Dr. Yvonne Ingenbleek und Prof. Gerd Turowski krtisieren massiv den Bericht zum Wohnungsmarkt in Delmenhorst. Foto: nba
Stadtentwicklung

NABU-Referenten: Interessenliste ohne Grundlage

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In Sachen Wohnraum- und städtischer Innenentwicklung läuft vieles in die komplett falsche Richtung. Das meint der Naturschutzbund NABU in Delmenhorst hinsichtlich des aktuellen Wohnungsmarktberichts der Stadt.

„Die Schlussfolgerungen, die aufgrund der Daten gezogen wurden, können wir nicht nachvollziehen, in weiten Teilen sind die Datengrundlagen sogar gegensätzlich zu interpretieren“, sagt Dr. Yvonne Ingenbleek, Referentin für nachhaltige Siedlungsentwicklung im NABU Delmenhorst. Ganz deutlich werde das vor allem hinsichtlich des Bedarfs an Einfamilienhäusern auf der „grünen Wiese“.

Als Grund für die Abwanderung der Bevölkerung werde  einseitig auf junge Familien hingewiesen, obwohl 40 Prozent der Fortzüge Senioren beträfen. Zudem würden laut Wohnungsmarktbericht viele junge Leute wegen fehlender Wohnbaugrundstücke die Stadt verlassen, sagt die Referentin. „Dabei ziehen viele der jüngeren Abwanderer wegen einer Ausbildung oder eines Studiums an Universitäts-Standorte. Sie verlassen also nicht wegen fehlender Wohnbaugrundstücke die Stadt“, betont Ingenbleek. Ebenso könne sie nicht nachvollziehen, wie man aus dem Wanderungsgewinn durch Flüchtlinge auf einen Zuwachs an Immobilienerwerbern schließe. „Dieser Zusammenhang ist nicht belegt und spricht auch nicht für einen Bedarf an mehr Ein- und Zweifamilienhäusern“, stellt die Referentin klar.

Behauptung sei nicht belegt

Eine Nachfrage bei der Stadt zu diesem Thema hat bei ihr weiteres Kopfschütteln verursacht: „Die Stadt kann die Interessenliste auch nicht weiter erklären. Die nicht belegte Behauptung stammt offensichtlich von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft.“ Es werde also ohne eine definierte Grundlage behauptet, dass der Bedarf an Einfamilienhäusern nicht gedeckt sei und es sei nicht begründet, wer den Bedarf an Einfamilienhäusern definiert habe, fasst sie zusammen. Demgegenüber werde in dem Bericht nichts dazu gesagt, ob aufgrund des Bedarfs an kleineren und barrierefreien Wohnungen eventuell mehr Gestockwohnungen benötigt werden.

Ganz besonders stören sich Ingenbleek und ihr NABU-Kollege Professor Gerd Turowski, Referent für Raumordnung und Regionalplanung, daran, dass  nicht einmal die Tatsache kommentiert werde, dass 70 Prozent der Bestandsgebäude vor 1980 erbaut wurden und ein hoher Sanierungsbedarf bestehe. „Daraus wird nicht abgeleitet, was man tun muss“, bedauern Turowski und Ingenbleek. Konkret appellieren sie an die Stadtverwaltung und insbesondere an die politischen Entscheidungsträger, den aktuellen Bericht dringend zu diskutieren. „Wir hoffen, dass man auf uns zu kommt.“

Durchmischte Siedlungen schaffen

Allen Volksvertretern haben sie zudem ihre Stellungnahme zum Wohnungsmarktbericht sowie ihr Strategiepapier zur Innenentwicklung zukommen lassen. Darin fordern sie beispielsweise, den Flächenbedarf anhand von Nachfrage und Entwicklung nachvollziehbar zu begründen und die Flächenreserven  offenzulegen. Zur Erfüllung der planungsrechtlichen und politischen Vorgaben sprechen sich die NABU-Referenten zudem dafür aus, dass unmittelbar keine Flächen im Außenbereich in Anspruch genommen werden, solange es Potentiale im Innenbereich gibt. Stattdessen sollten durchmischte Siedlungen geschaffen werden.

Dafür empfehlen sie den politischen Akteuren, nachprüfbare Datengrundlagen von der Stadtverwaltung und die Umsetzung von bereits beschlossenen Konzepten, wie das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) einzufornern. Ganz besonders aber sollten nach Ansicht der NABU-Referenten die vorhandenen Innenenentwicklungspotentiale durch die aktive Vermarktung des Baulückenkatasters durch die Stadtverwaltung aktiviert werden.

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