Das Fahrrad: Fortbewegungsmittel erster Wahl um betrunken nach Hause zukommen. Foto: Schlie Das Fahrrad: Fortbewegungsmittel erster Wahl, um betrunken nach Hause zukommen. Foto: Schlie
Promillegrenze

Promillegrenze und Fahrrad: Betrunken auf Rädern

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Wer feiert und trinkt, lässt meistens das Auto stehen. Eine beliebte Alternative: das Fahrrad. Aber auch auf dem Drahtesel ist zu viel Alkohol tabu – doch die Grenze von 1,6 Promille ist umstritten.

In gut zwei Wochen ist Vatertag – Anlass für viele junge und ältere Männer, aufs Fahrrad zu steigen und in feucht-fröhlicher Runde beispielsweise durchs Blockland zu radeln. Dass dabei auch mal ein Bier oder Schnaps über den Durst getrunken werden, ist kein Problem – rein rechtlich.

Schließlich sind für Radfahrer 1,6 Promille erlaubt, sofern sie nicht (etwa durch Stürze oder Schlangenlinien) auffällig werden. Autofahrer begehen schon ab 0,5 Promille eine Ordnungswidrigkeit.
Wilhelm Hinners, innenpolitischer Sprecher der CDU Bremen, lehnt die derzeitige Regelung als veraltet ab.

Grenzwerte für Fahrradfahrer seit jeher unveränderlich

Während sich die Grenzwerte für Kfz-Fahrer seit den 50er-Jahren mehrfach geändert haben, seien sie für Radfahrer immer gleich geblieben. „Dabei gibt es heute viel mehr Fahrradfahrer im Straßenverkehr – und eine Menge davon sind viel schneller unterwegs, als früher“, gibt er zu bedenken.

Auch Heike Sprehe, verkehrspolitische Sprecherin der Bremer SPD-Fraktion, findet die aktuelle Grenze nicht mehr zeitgemäß. „Heute weiß man mehr über die Ausfallerscheinungen durch Alkohol. Und 1,6 Promille sind richtig viel.“

Ein leichter Rausch reicht für einen Unfall

Frauen mit dem deutschen Durchschnittsgewicht von 68 Kilo können etwa 1,9 Liter Bier oder 870 Milliliter Wein trinken, bis sie diesen Wert erreichen, Männer mit dem Durchschnittsgewicht von 77,5 Kilo etwa 2,5 Liter Bier oder 1,15 Liter Wein.

„Ich wäre da sturzbetrunken, nehme ich an“, so Sprehe. Die klinische Einteilung des Alkoholrausches spricht dagegen bis zu dem Grenzwert von 1,6 Promille noch von einem „leichten Rausch“. Der aber kann es in sich haben: „Es kommt dabei zur ausgeprägten Enthemmung, einem unsicheren Gang und lallender Sprache“, so Prof. Dr. Jens Reimer, Chefarzt der Abteilung Suchtmedizin am Klinikum Ost.

Radfahrer können Fußgänger gefährden

Zudem würden komplexe Verkehrssituationen schlechter erkannt und die Reaktionsfähigkeit sei verlangsamt. „Wer dabei aufs Fahrrad steigt, hat ein erhöhtes Risiko“, fasst der Psychotherapeut zusammen. Reimer glaubt, dass die Regelung nie verändert wurde, da Fahrradfahrer im Gegensatz zu Autofahrern in erster Linie sich selbst ­gefährden.

Auch Hinners sieht diesen Zusammenhang – glaubt aber, dass auch ein Radler durchaus Fußgänger in Gefahr bringen kann. „Das Unrechtsbewusstsein muss sich aber erst noch entwickeln“, glaubt er. „Die Verführung, nach einer Party betrunken aufs Rad zu steigen, ist einfach größer als beim Auto.“

Alkoholeinfluss als „Hauptunfallursache“

Trotzdem hat sich die Lage in den vergangenen Jahren etwas verbessert. Die Zahl der Unfälle, bei denen ein alkoholisierter Radfahrer der Verursacher war, ist in Bremen stark zurück gegangen: Von 89 im Jahr 2014 auf 73 im Jahr 2015 und 53 im Jahr 2016. Dennoch: „Alkohol­einfluss gehört zu den Hauptunfallursachen bei Radfahrern in Bremen“, teilt Niels Matthiesen, Sprecher der Polizei mit.

Rund um Himmelfahrt, so kündigt Matthiesen an, wird die Polizei „besonders darauf achten, dass Radfahrer nicht übermäßig stark alkoholisiert sind.“ Neben diesen Kontrollen und Appellen an das eigene Verantwortungsgefühl könnten sich die beiden Politiker auch vorstellen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine Gesetzesänderung zu unterstützen – und eine Inititative in den Bundesrat einzubringen.

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