Sowohl Anruferinnen als auch Ehrenamtliche bleiben beim Notruf „Mirjam“ anonym. Foto: Barth Sowohl Anruferinnen als auch Ehrenamtliche bleiben beim Notruf „Mirjam“ anonym. Foto: Barth
Muttertag

Wenn Muttersein plötzlich zu einer Krise wird

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Dass junge Mütter mit ihrem Nachwuchs manchmal ernste Probleme haben, wissen die Ehrenamtlichen vom Notruf „Mirjam“. Sie sind rund um die Uhr erreichbar. Sorgen machen sie sich, wenn das Telefon nur einmal klingelt.

Wenn Karin Peters (Name von der Redaktion geändert) ihre 24-Stunden-Schicht als Ehrenamtliche der Mirjam-Hotline antritt, verlässt sie nicht das Haus. Auf dem Handy, das ständig eingeschaltet ist, könnte jederzeit eine junge Mutter oder eine Schwangere anrufen, die überfordert ist und ihre Hilfe braucht.

„Ich will ja nicht, dass ich gerade im Supermarkt an der Kasse stehe, wenn das Telefon klingelt“, sagt die 68-Jährige. Immer griffbereit: ein A-5-Ordner mit allen wichtigen Telefonnummern und Institutionen, bei denen Hilfesuchende die richtige Unterstützung finden.

Mit dem Kind vor die Tür gesetzt

Eine junge Mutter, die mit ihrem kleinen Kind vom Partner vor die Tür gesetzt worden ist und keine Freunde oder Verwandten in der Stadt hat, eine Schwangere, die selbst nach der Konfliktberatung noch nicht weiß, ob sie ihr Kind behalten möchte oder eine Frau mit Beziehungsproblemen, die nicht weiß, was auf sie und ihren Nachwuchs bei einer Trennung vom Partner zukommt – Geschichten wie diese sind es, die Karin Peters und ihre 15 ehrenamtlichen Kolleginnen vom Notruf „Mirjam“ in Bremen zu hören bekommen.

Eine Handvoll Ehrenamtlicher aus Emden unterstützt das Team, weil die „Mirjam“-Notrufe dieser Städte kooperieren. An der Notwendigkeit des Angebots zweifelt Karin Peters nicht: „Es gibt viele Situationen, über die man nicht mit seiner Nachbarin sprechen möchte“, sagt die Ehrenamtliche.

Bis zu 20 Frauen pro Monat melden sich

Seit August 2016 ist die Telefonnummer für Bremerinnen erreichbar. Von der Nachfrage gerade in den ersten Monaten war Projektleiterin Alexandra Maksimovic von der Diakonie Bremen selbst überrascht.

„15 bis 20 Frauen im Monat haben angerufen“, sagt sie. In den vergangenen Wochen sei es etwas ruhiger geworden. Maksimovic vermutet, weil die mediale Präsenz des Angebots nach dem Startschuss zurückgegangen ist. Es werde Jahre brauchen, bis sich die Notrufnummer bei Frauen etabliert hat, schätzt sie.

Anrufer und Ehrenamtliche bleiben anonym

Bei „Mirjam“ bleiben nicht nur die Anruferinnen anonym – ihre Telefonnummer wird zum Beispiel automatisch unterdrückt – auch die Mitarbeiterinnen melden sich nicht mit Namen. „Schon allein, weil ich das Gefühl hätte, dass sich mein Gegenüber auch verpflichtet fühlen würde, sich vorzustellen, wenn ich meinen Namen sage“, erklärt Karin Peters.

Die Gespräche mit den Anruferinnen dauern unterschiedlich lange, mal einige Minuten, selten auch einmal bis zu einer Stunde. Ziel ist niemals eine unmittelbare Lösung des Problems. Die Frauen bekommen stattdessen Hilfe im bestehenden, aber oft undurchsichtigen Dickicht der Unterstützungsangebote durch Ämter und Institutionen.

Notruf „Mirjam“ ist rund um die Uhr erreichbar

Anders als sie ist der Notruf „Mirjam“ aber rund um die Uhr zu erreichen – und deshalb klingelt bei Karin Peters auch schon einmal nachts das Telefon. Für die Rentnerin kein Problem. „Ich gehe ja schon mit dem Gedanken ins Bett“, sagt sie.

Wenn das Handy aber nur einmal klingelt, wird sie unruhig. „Dann frage ich mich immer, warum die Frau wohl der Mut verlassen hat.“ 

Der Notruf „Mirjam“ für Schwangere und Mütter ist unter der Nummer 0800 / 605 00 50 zu erreichen.

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