Der Allgemeine Soziale Dienst der Stadt und die Polizei bleiben erreichbar. Foto: Konczak Gewalt hat in Familien nichts zu suchen. Foto: Konczak
Gewalt

„Tag der gewaltfreien Erziehung“ ist zu unbekannt

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Gewalt ist immer ein Zeichen von Schwäche. Der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) Delmenhorst fordert anlässlich des „Tages der gewaltfreien Erziehung“ am 30. April die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen.

„Kinder haben ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“ heißt es seit 2000 im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Aus Sicht von Jörg Bernhardt, Vorsitzender des Kinderschutzbundes Delmenhorst, wurde damit in der Gesellschaft das Bewusstsein für ein gesundes Aufwachsen von Kindern ohne Gewalt geschärft. „Dennoch erleben noch zu viele Heranwachsende körperliche, seelische und sexualisierte Gewalt in der Familie, in Einrichtungen und in ihrem sozialen Umfeld. Das Cybermobbing nimmt ebenfalls zu “, beklagt Bernhardt.

Gewalt gegenüber Kindern ist immer ein Zeichen von Schwäche und Überforderung

Auch die Bezirkssozialarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes (umgangssprachlich Jugendamt) kommen bei ihrer Arbeit in Kontakt mit Gewalt in Familien. „Wenn eine Kindeswohlgefährdung gemeldet wird, besuchen wir die Familien nach einer Risikoeinschätzung auch unangekündigt“, teilt Jana Sperga, Fachdienstleiterin Allgemeiner Sozialer Dienst auf Nachfrage mit.

Körperliche Gewalt werde selten gemeldet. Häufiger seien seelische Verletzungen Inhalt einer Kindeswohlgefährdung. „Diese nachzuweisen, ist nicht immer einfach“, sagt Sperga. Um den Verdacht zu belegen,  seien die Sozialarbeiter auf Rückmeldungen durch Schule oder Kindertagesstätte angewiesen.

Es gibt neben der körperlichen auch eine seelische Gewalt

Als Gründe für die Übergriffe bekommen die  Sozialarbeiter von den Eltern oder Stiefeltern häufig eigene Alltagsprobleme und Überforderungen oder Probleme in der Partnerschaft genannt. Auch über die „schwierigen“ Kinder und Jugendlichen klagen die Täter. „In allen Fällen fehlt es bei den Erwachsenen an Empathie dem Minderjährigen gegenüber und an ausreichender Selbstreflexion“, berichtet Sperga.

„Gewalt gegenüber Kindern ist immer ein Zeichen von Schwäche, Hilflosigkeit und Überforderung der Erziehenden. Besonders drastisch je jünger die Kinder sind,“ sagt Dr. Johann Böhmann, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Josef-Hospital Delmenhorst. Da alle späteren Misshandler selber Opfer waren, sollte man Gewalt nie verharmlosen. „Wenn Kinderärzte die Aussage hören ‚ein Klaps hat noch keinem geschadet‘ sollten alle Alarmlampen bezüglich möglicher körperlicher Misshandlungen angehen“, ergänzt der Mediziner.

Aus Opfern werden später selber Täter

Der Kinderschutzbund fordert, dass die Kinderrechtskonvention von 1989 in das Grundgesetz aufgenommen werden. „Das wird bis heute von der CDU/CSU-Fraktion trotz internationalen Drucks durch UNICEF und andere boykottiert. Das ist für mich völlig  unverständlich“, klagt Böhmann. „Der Tag der gewaltfreien Erziehung soll die gesamte Gesellschaft daran erinnern, dass sie eine besondere Verantwortung für ein gesundes Aufwachsen aller Kinder trägt“, betont Bernhardt.

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