Birte Nienke ist Streetworkerin auf dem Lucie-Flechtmann-Platz und in der angrenzenden Alten Neustadt. Foto: Füller Birte Nienke ist Streetworkerin auf dem Lucie-Flechtmann-Platz und in der angrenzenden Alten Neustadt. Foto: Füller
Neustadt

Streetwork: Miteinander in der Alten Neustadt

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Das gemeinsame Gestalten des Lucie-Flechtmann-Platzes für unterschiedliche Nutzer ist das Ziel von Birte Nienke. Die 28-Jährige ist noch bis Ende August als Streetworkerin in der Alten Neustadt in Bremen unterwegs.

Wenn Birte Nien­ke sich auf den Weg zum Lucie-Flechtmann-Platz macht, hat sie immer ein paar große Thermoskannen im Gepäck. „Ich bringe starken Kaffee, heißes Wasser und Brühe mit“, sagt sie. Die Getränke verteilt sie an Obdachlose, für die der Platz ein „Wohnzimmer“ ist, wie sie sagt.

Wenn es Spendengelder möglich machen, kann sie auch mal kleine Snacks organisieren. Das sei besonders zum Ende des Monats wichtig.

Ein Wohnzimmer für alle

Der Lucie-Flechtmann-Platz ist seit einigen Jahren auch für den Verein Kulturpflanze und seine Nutzer, die am Urban Gardening-Projekt „Ab geht die Lucie“ teilnehmen, eine Art Wohnzimmer. Die gemeinsame Nutzung zwischen den unterschiedlichen Besuchern zu vermitteln, ist eine Aufgabe von Streetworkerin Nienke.

Im vergangenen Jahr hatte der Verein beklagt, dass immer weniger Menschen auf den Platz kämen. Der Grund: Die Obdachlosen nutzten die Beete als Toilette, das Gewächshaus als Schlafplatz und gerieten untereinander in Streit.

Gemeinsamer Entschluss

Der Versuch, sie in das Garten-Projekt einzubinden, schlug damals fehl. Gemeinsam entschieden Polizei, Ortsamt, Beirat und Innere Mission, dass eine Streetworkerstelle für den Platz und die angrenzenden Straßen in der Alten Neustadt nötig seien.

Mit rund 6.500 Euro aus Globalmitteln wurde das Projekt schließlich angeschoben. „Wir wollten so einen Anstoß für dieses wichtige Projekt geben“, sagt Beiratssprecher Jens Oppermann.

Auf Rahmenbedingungen hinweisen

Seit Anfang des Jahres kümmert Nienke sich nun darum, zwischen den Nutzergruppen zu vermitteln. „Ich versuche herauszufinden, was die Menschen stört und die Orte, an denen sie aufeinander treffen, sozialverträglich zu machen“, sagt die gelernte Veranstaltungskauffrau.

Dabei sei sie aber lediglich Besucherin. „Ich hebe nicht den Zeigefinger und sage, was wer wo tun darf und was nicht.“ Sie weise aber durchaus darauf hin, dass es Rahmenbedingungen gibt, an die sich alle halten sollten.

Vereinsamung ist ein großes Problem

Ihre Arbeit basiere auf Vertrauen. „Für die Obdachlosen ist der Platz wichtig. Soziale Gefüge wie die meisten Menschen sie haben gibt es für sie kaum. Sie würden vereinsamen, wenn sie sich nicht irgendwo treffen könnten“, sagt die studierte Kultur- und Bildungswissenschaftlerin.

Natürlich verstehe sie aber auch, dass dies nicht jedermanns Normalität sei.

Unterstützung beim Ämterbesuch

Ein großes Problem sei die Perspektivlosigkeit ihrer Klienten. Sie würden in der Gesellschaft oft nicht als Mitglieder wahr genommen und Wert geschätzt. Mit Gesprächen und Hilfen, die sie anbietet, versucht Nienke dies zu ändern.

So gehört beispielsweise auch die Unterstützung in Ämterangelegenheiten zu ihren Aufgaben. „Jede Minute ist sehr viel Wert für sie.“

Vermittlerin zwischen allen Gruppen

Auch im Bereich der Großen Johannisstraße ist Nienke unterwegs. Dort wurde sie von einer Gruppe Substituierter schnell aufgenommen und anerkannt.

„Wenn Anwohner sich gestört fühlen, können sie mich gerne ansprechen“, so Nienke weiter. Sie werde dann vermitteln und versuchen, Lösungen zu finden.

Umgestaltung des Platzes?

Um den Lucie-Flechtmann-Platz für alle sozialverträglich zu gestalten, plant die Streetworkerin gemeinsam mit allen Beteiligten eine minimale Umgestaltung. Dazu gehöre auch, eine mobile Toilette zu organisieren sowie Sitzgruppen zu konstruieren, an denen Flaschen nicht direkt sichtbar abgestellt werden können.

Ende August ist Schluss

Für diese Aufgabe läuft ihr nun jedoch die Zeit davon. Die Stelle läuft Ende August aus, zudem sind lediglich acht Stunden pro Woche bewilligt. „Es hat sehr lange gedauert, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen und ich würde gerne weitermachen oder einem Nachfolger das Projekt übertragen“, sagt die Neustädterin.

„Ich wünsche mir, dass es weitergeht. Es muss jemanden geben, der sich kümmert“, sagt Nienke.

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