Die nach 1908 entstandene Ansichtskarte zeigt am linken Bildrand die bereits gestutzte Windmühle ohne Flügel.Abbildung: Stadtarchiv Delmenhorst
Postgelände

Mit einer Windmühle fing alles an

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Auf dem heutigen Postgelände befand sich früher eine Holländer-Windmühle. Die Mühlenwerke und später Mondamin spielten eine wichtige Rolle als Vertreter der Delmenhorster Nahrungs- und Genussmittelindustrie.

Mit seiner Bronze „Auszug des Müllers“ vor dem Postamt an der Mühlenstraße hat sich der Bremer Bildhauer Paul Halbhuber auch in Delmenhorst verewigt. Sie nimmt im Reigen der in unserer Stadt vertretenen Kunstwerke im öffentlichen Raum eine besondere Stellung ein, weil sie auf wunderbare Weise an die frühere Nutzung des Areals erinnert, auf dem die gelbe Post 1981 ihr Amtsgebäude beziehen konnte.

Die Luftaufnahme aus der Zeit um 1960 zeigt das Mondamin-Werk in seiner vollen Ausdehnung. Am linken Bildrand verläuft die Mühlenstraße.Foto: Stadtarchiv Delmenhorst

Die Luftaufnahme aus der Zeit um 1960 zeigt das Mondamin-Werk in seiner vollen Ausdehnung. Am linken Bildrand verläuft die Mühlenstraße.Foto: Stadtarchiv Delmenhorst

Blicken wir also zurück: Im Jahr 1859 wurde am Kuhweg, 1865 umbenannt in Mühlenstraße, eine Holländer-Windmühle errichtet, das Müllerhandwerk hielt Einzug. Die Mühle wurde am 3. Dezember 1885 bei einem Brand ein Opfer der Flammen, doch schon im Folgejahr war sie wieder aufgebaut. 1896 erfolgte auf dem Mühlengrundstück die Gründung der „Ersten deutschen Oatsfabrik GmbH“.

Gegenstand des Unternehmens war der Ankauf von Getreide, Reis und Futtermitteln zum Mühlenbetrieb, der Handel mit Mühlenfabrikaten und das Tätigen aller mit dem Müllergewerbe in Beziehung stehenden Geschäfte. Die Oatsfabrik bestand nur eine kurze Zeit, schon im Jahr 1903 ging sie in Konkurs.

Müllerhandwerk in Delmenhorst

Die neuen Eigentümer führten sie als Delmenhorster Mühlenwerke mbH weiter, nach Auflösung der Gesellschaft 1915 traten an ihre Stelle die Delmenhorster Mühlenwerke Baudorff und von Aweyden oHG, später zur Aktiengesellschaft umgewandelt.

Die Holländer-Mühle hatte man im Laufe der Zeit erweitert und ihr eine Dampfmühle und eine Graupenmühle angegliedert. Als die Lagerungsmöglichkeiten für Rohgerste erschöpft waren, entfernte man 1908 ihre Flügel und nutzte ihren Rumpf in der Folge als Gerstesilo.

Erweiterung des Mühlengeländes

Das Mühlengelände baute man nach und nach zu einem weitläufigen Gebäudekomplex aus. 1913/14 entstanden zwei Hafermühlen, um den durch den Ersten Weltkrieg gesteigerten Bedarf an Hafernährmitteln befriedigen zu können. Eine dritte Hafermühle wurde im Zeitraum zwischen 1917 und 1921 errichtet. Ihre Leistung übertraf das Vierfache der Leistung der bestehenden beiden Mühlen, die allerdings bei einem Schadensfeuer im Jahr 1926 vernichtet wurden. Zu dieser Zeit beschäftigte der Mühlenbetrieb um die 100 Arbeitskräfte.

Ausschnitt einer Aktie aus dem Jahr 1920 der Delmenhorster Mühlenwerke AG.Abbildung: Stadtarchiv Delmenhorst

Ausschnitt einer Aktie aus dem Jahr 1920 der Delmenhorster Mühlenwerke AG.Abbildung: Stadtarchiv Delmenhorst

Im Sog der Weltwirtschaftskrise kam das Aus für die Mühlenwerke, die zwangsversteigert wurden. Den Zuschlag erhielt die Städtische Sparkasse. Nach jahrelangem Betriebsstillstand verkaufte die Landessparkasse zu Oldenburg, in der die Städtische Sparkasse aufgegangen war, das Grundstück an den Kaufmann Anton Höing aus Verden, dem Besitzer der Kraftfutterwerke Niedersachsen. Er richtete an der Mühlenstraße eine Niederlassung ein.

Mondamin kommt nach Delmenhorst

1946 brach eine neue Ära an. Die Mondamin GmbH, Hamburg, suchte nach der Kriegszerstörung ihres dortigen Werkes nach Ersatz und fand diesen in Gestalt der ehemaligen Mühlenwerke. Von hier aus gingen nun die Mondamin-Erzeugnisse in die gesamte Bundesrepublik. In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre wurde durch eine Umgruppierung aus der Mondamin das Delmenhorster Werk der Maizena-Gruppe mit der Herstellung von Cornflakes und Röstis.

Der April 1966 brachte das Ende. Die Maizena-Gruppe ließ die Produktion in ihrer Betriebsstätte an der Mühlenstraße im Zuge der Rationalisierungsmaßnahmen der Wirtschaft auslaufen. Bestehen blieb lediglich ein Versandlager mit 30 Mitarbeitern. Den endgültigen Schlusspunkt setzte von Dezember 1976 bis März 1977 der Abbruch der Gebäude auf dem Mühlenareal im Vorfeld des Baus des neuen Postamtes 1.

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