neururer.klein. Foto: nph Früher wäre Peter Neururer einer der üblichen Verdächtigen gewesen, wenn ein kriselnder Klub einen neuen Trainer suchte. Inzwischen ist der Mann mit der Erfahrung von 619 Bundesligaspielen aber mehr als TV-Experte und in der Trainerfortbildung gefragt. Foto: Nordphoto
Interview

Neururer: „Misserfolg nicht nur Sache des Trainers“

Von
Beim Anruf aus Bremen spielt Peter Neururer mit einigen Schalker Kicker-Legenden gerade eine Runde Golf. Für das Interview lässt der TV-Experte dann aber sogar Olaf Thon, Klaus Fischer und die Kremers-Zwillinge warten.

Weser Report: Herr Neu­rurer, seit zehn Tagen suchen die Verantwortlichen von Werder nach einem neuen Trainer. Fast jeden Tag kursieren neue Namen. Wieso Ihrer eigentlich nicht? Sie sind doch oft schon als sogenannter Feuerwehr-Mann in schwierigen Situationen eingesprungen und haben dann Mannschaften noch zum Klassenerhalt geführt.

Neururer: Das stimmt. Aber, dass mein Name im Zusammenhang mit Werder bislang nicht gefallen ist, ist auch gut so. Ohne jetzt etwas zu bestätigen oder zu dementieren, sollte man Trainerverhandlungen immer so führen, dass die Öffentlichkeit nichts davon mitbekommt.

Was würde für einen Typen wie Sie sprechen?

Ich bin Trainer mit Leib und Seele, verfüge über den Nachweis von 619 Spielen im Profibereich. Diese Erfahrung hat die ältere Trainergeneration, zu der ich inzwischen gehöre, den vielen jungen Trainern heutzutage voraus. Erfahrung kann man sich nicht kaufen.

Was für einen Trainer braucht Werder nun, nach saisonübergreifend 14 Spielen ohne Sieg?

Einen erfolgreichen! (lacht) Ich glaube es sollte jemand sein, der Erfahrung in der ersten oder zweiten Bundesliga hat. Es muss aber auf jeden Fall ein Mann sein, der eine größtmögliche Garantie darstellt, dass Werder der Klassenerhalt gelingt. Wer es aus der aktuellen Situation heraus schafft, mit Werder die Klasse zu halten, der hat Erfolg. Es sollte aber auch jemand sein, mit dem man sich gleichzeitig eine Perspektive für die Zukunft schafft. Mit Skripnik und Nouri war das – in Nachhinein betrachtet – nicht der Fall. Beide waren zwar als Retter erfolgreich, danach aber doch ziemlich schnell gescheitert. Werder braucht keine Übergangslösung. Das wird auch dem Selbstverständnis eines solchen Klubs nicht gerecht, der vor ein paar Jahren noch regelmäßig Champions League gespielt hat, Deutscher Meister und Europapokalgewinner war. (Pause) Aber je mehr man von der Vergangenheit redet, umso mehr wird einem natürlich bewusst, dass die Gegenwart beschissen ist.

Interimscoach Florian Kohfeldt hat die Mannschaft am vergangenen Freitag bei der unglücklichen 1:2-Niederlage in Frankfurt betreut. Haben Sie das Spiel zufällig gesehen?

(lacht) Allerdings. Gemeinsam mit meinem Sohn Jörn, der tatsächlich ein riesiger Werder-Fan ist. Spielerisch, läuferisch, taktisch, in Sachen Engagement und Ausrichtung waren die Bremer in der ersten Halbzeit klar besser und haben wirklich guten Fußball geboten. Am Ende jedoch mit der typischen Konsequenz, wenn man seine zahlreichen Chancen nicht nutzt. Eines hat das Spiel aber bewiesen: An mangelnder Qualität der Spieler liegt es bei Werder nicht, dass die Mannschaft nach knapp einem Drittel der Saison so schlecht dasteht.

Auf welche Knöpfe würden Sie drücken, wenn Sie in solch einer Situation übernehmen?

Ich würde am Bewusstsein der einzelnen Spieler ansetzen und am Bewusstsein, für welchen Klub sie spielen. In Schalke brauchtest Du nur auf das Wappen auf der Brust zu zeigen. Das steht dort nicht nur für den Klub, sondern quasi für eine Religion. Klar. Das hat sich heutzutage auch alles geändert. Aber eines ist ja wohl klar: Der sportliche Misserfolg ist ja nicht nur Sache des Trainers. Dafür ist vor allem auch die Mannschaft selbst verantwortlich. Da muss man den einzelnen Spielern auch mal klar machen, wofür sie bezahlt werden. Dass wie beim 0:3 im letzten Heimspiel gegen Augsburg der Mannschaft von den eigenen Zuschauern Häme und Spot entgegenschlägt, darf sich jedenfalls nicht wiederholen.

Zur Person

Peter Neururer (62) ist seit mehr als 30 Jahren im Geschäft und trainierte zahlreiche Traditionsklubs. Darunter Schalke, Hertha BSC, 1. FC Köln, Hannover, Alemannia Aachen, RW Essen, Offenbach. Bochum führte er sogar in den UEFA-Pokal.

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