Die Tür des einzigen, jederzeit offenen barrierefreien WCs in der Innenstadt lässt sich vorerst nur von Hand öffnen. Für Rollstuhlfahrer ist das ohne fremde Hilfe kaum möglich. Foto: Konczak
Was für eine unangenehme Vorstellung: Man muss dringend auf die Toilette, bekommt aber die Tür zum „Örtchen“ nicht alleine auf und muss eine fremde Person um Hilfe bitten. Für Menschen mit einer Behinderung ist das in der Delmenhorster Innenstadt aktuell und für unbestimmte Zeit Realität.
Laut Delmenhorster Wirtschaftsförderungsgesellschaft (dwfg), die für die barrierefreie Uni-Sex-Toilette „Am Stadtwall“ (in der Nähe der Bushaltestellen) zuständig ist, wurde bei einer technischen Überprüfung festgestellt, dass die Mechanik der automatischen Türöffnung nicht mehr instandgesetzt werden kann. Das WC sei zwar weiterhin nutzbar, die Tür lasse sich aber vorerst nur von Hand öffnen. Für die Wiederinstandsetzung müsse man den automatischen Türöffner erneuern. Liefer- und Montagezeiten stünden noch nicht fest.
Tür lässt sich nur von Hand öffnen
„Das ist ein Skandal. Nicht nur dass sich Männer und Frauen eine Toilette teilen müssen, was nun wortwörtlich unter die Gürtellinie geht, nun werden Bürgerinnen und Bürger mit einer Behinderung auch noch dazu aufgefordert, sich Hilfe für den Weg zur Toilette bereit zu halten“, macht Florian Bremer seinem Ärger Luft. „Einerseits will sich Delmenhorst verstärkt für die Rechte der Menschen mit Behinderungen einsetzen, gleichzeitig wird es mit diesem Skandal zu Nichte gemacht“, ergänzt er. Als Betroffener fordert Bremer, dass die dwfg sich sofort um eine Lösung kümmert, ohne Umwege und ohne Diskussion. „Man kann sich nicht einfach aus der Verantwortung ziehen, in dem man sagt, man wisse nicht wie lange es dauert, bis die Toilette wieder eigenständig zu betätigen ist“, klagt er.
Das will auch der Behindertenbeirat Delmenhorst keinesfalls akzeptieren. „Die Toilette ‚Am Stadtwall‘ ist das einzige öffentliche, behindertengerechte WC in der Innenstadt was immer zugänglich ist. Rollstuhlfahrer können die Tür per Hand meistens nicht öffnen“, gibt die stellvertretende Vorsitzende, Christa Behrens zu Bedenken.
Behindertenbeirat fordert schnelle Hilfe
Auf Nachfrage teilt Eyke Swarovsky, Kommunikationsmanager bei der dwfg mit: „Wir haben die Hersteller-/Service-Firma um ein Angebot zur Reparatur mit Zeitangabe gebeten. Hierbei wurde deutlich gemacht, dass die Reparatur dringend notwendig ist. Nach Vorliegen der Angaben werden wir die Öffentlichkeit über den Zeitplan der Arbeiten informieren.“
Auf Anregung von Timo Frers, städtischer Pressesprecher wurde an der WC-Tür sowie an der Münzeinwurfanlage zumindest ein Hinweis angebracht, wo sich das nächste behindertengerechte WC befindet: Im Rathaus. Diese Toilette steht während der Öffnungszeiten des Rathauses und mit einem Euro-WC-Schlüssel zur Verfügung. „Dieser Hinweis ist kaum hilfreich, da das Rathaus ja nicht immer geöffnet ist“, gibt Christa Behrens zu bedenken.
Ausweichtoilette im Rathaus
Ein Euro-WC-Schlüssel öffnet beinahe alle Autobahn-Raststätten- und Bahnhofstoiletten sowie öffentlichen Toiletten in Fußgängerzonen, Museen oder Behörden vieler Städte in Deutschland, Österreich, Schweiz und in weiteren europäischen Ländern. Der Schlüssel wird nur an Menschen mit Behinderung verschickt, die auf barrierefreie Toiletten angewiesen sind.
Beim Behindertenbeirat Delmenhorst zeigte man sich darüber hinaus überrascht, dass die dwfg und nicht die Stadtverwaltung für die barrierefreie Toilette „Am Stadtwall“ zuständig ist. „Darüber wurden wir nicht informiert“, ärgert sich Christa Behrens. Sowohl aus dem Rathaus als auch von Seiten der dwfg wollte man diesen Umstand nicht kommentieren.
