Volles Haus. Zahlreiche Bürger, aber auch Krankenhausmitarbeiter kamen am Mittwoch in die Markthalle, um die Ratssitzung zur Zukunft des JHD zu verfolgen. Foto: gri Volles Haus. Zahlreiche Bürger, aber auch Krankenhausmitarbeiter kamen am Mittwoch in die Markthalle, um die Ratssitzung zur Zukunft des JHD zu verfolgen. Foto: gri
Städtisches JHD

Mehrheit der Politik stimmt Nachtragshaushalt zu

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Anders als bei der Sondersitzung des Stadtrates am Freitag hat sich die Politik am Mittwoch nun doch für den Nachtragshaushalt und damit verbunden für eine Rekommunalisierung des Krankenhauses ausgesprochen.

Über 300 Besucher – darunter viele Beschäftigte des Josef-Hospital Delmenhorst (JHD) samt Mitglieder des Krankenhaus-Betriebsrates drängten sich am Mittwochabend in die Markthalle, um keinen Moment der öffentlichen Sondersitzung zum Nachtragshaushalt der Stadt Delmenhorst und damit verbunden, der Rekommunalisierung des Krankenhauses zu verpassen. Anders als noch bei der Sitzung am Freitag (21:21 Stimmen) gaben dieses Mal 25 der insgesamt 44 Stimmberechtigten (ein Ratsherr fehlte entschuldigt) dem Antrag ihre Zustimmung, 14 Politiker lehnten ihn ab, fünf enthielten sich. Es wurde geheim abgestimmt. Nach der Stimmenauszählung brachen viele der Politiker und anwesenden Bürger spontan in Jubel aus.

Jubel nach der Auszählung

Vorausgegangen war eine mehrstündige, teilweise emotional geführte Sitzung. Eines hatte die Stadt als Gastgeber besser gemacht, als eine Woche zuvor: Sowohl der Krankenhausgeschäftsführer Florian Friedel als auch der Insolvenzrechtler Mark Boddenberg waren als Gäste mit Rederecht eingeladen.

Boddenberg skizzierte für die Anwesenden zukünftige Szenarien bei einer Zustimmung beziehungsweise Ablehnung des Nachtragshaushaltes. „Ohne das Krankenhaus als Gegenwert werden die Banken die Bürgschaften und Kredite sofort fällig stellen. Hinzu kommen finanzielle Forderungen der Krankenhausmitarbeiter zu Sonderzahlungen, auf deren Ausgleich diese bislang verzichtet haben. Und da Delmenhorst einen medizinischen Versorgungsauftrag hat, kämen monatliche Kosten für die Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes auf die Stadt zu. Die Summe die gestemmt werden muss, beläuft sich insgesamt auf 32,8 Millionen Euro“, erklärte er. Bei einer Zustimmung zum Nachtragshaushalt würden alle Geldgeber ruhig bleiben, wodurch sich die aktuellen Kosten für die Stadt auf 17,9 Millionen Euro belaufen – wegen des Krankenhauses als Gegenwert.

Krankenhaus als Gegenwert

Noch Ende November hatte die Politik 3,5 Millionen Euro für das JHD zur Verfügung gestellt. Mit dieser Summe könne man regulär bis Ende Februar arbeiten. „Für das restliche Jahr kommen auf die Stadt für die Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes monatlich 300.000 Euro hinzu, für 2019 werden 1,5 Millionen angepeilt, danach rechnen wir ohne operative Verluste“, so Friedel. Außerdem habe die Stadt jederzeit die Möglichkeit, das JHD an einen privaten Anbieter zu verkaufen, um so den Haushalt zu sanieren. „Sagen Sie jetzt nein, berauben sie sich aller Gestaltungs- und Mitsprachemöglichkeiten,“ erläuterte der Geschäftsführer die Situation. Denn die Insolvenzverwalter würden beim Verkauf des Krankenhauses die Interessen der Mitarbeiter und der Stadt nicht berücksichtigen.

An die Ratsleute wandte sich Friedel mit dem Appell: „Sie haben mit dem Grundsatzenscheid pro Krankenhaus im November auch eine Verantwortung für die Belegschaft übernommen. Und der müssen sie nun gerecht werden.“

Verantwortung für die Belegschaft

„Man hätte viel früher reagieren müssen. Bis 2014 ging es den Krankenhäusern gut, danach kam eine Schieflage zustande, weil die Umsätze um 15 Prozent einbrachen, die Personalkosten gleichzeitig aber um sieben Prozent angestiegen sind Das kann nicht gutgehen. Wir müssen die Kosten dem Leistungsniveau anpassen“, erklärte Friedel. Gleichzeitig lobte er die konstruktiven Gespräche mit dem Betriebsrat des Krankenhauses und die Mitarbeit des Personals an Lösungen. „Im JHD wurde in den vergangenen Jahren viel falsch gemacht. Dafür kann man aber nicht die Belegschaft verantwortlich machen“, betonte Friedel.

Oberbürgermeister Axel Jahnz gab zu bedenken, dass er am Montag nochmals mit Hannover telefoniert habe und man ihm von dort für den Nachtragshaushalt und die Sanierung des Krankenhauses ein positives Signal gegeben habe. Den Vorwurf einzelner Ratsmitglieder einer schlechten Informationspolitik durch die Stadt wollte Jahnz nicht gelten lassen: „Jedes Ratsmitglied hat die Möglichkeit, an den nicht öffentlich tagenden Sitzungen des Verwaltungsausschusses als Besucher teilzunehmen.“ Die SPD-Franktionsvorsitzende Bettina Janssen wurde noch etwas deutlicher: „Informationsbeschaffung ist eine Holschuld.“

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