Wir sprachen mit Gerd Galwas vom zuständigen städtischen Fachbereich Jugend, Familie, Senioren und Soziales über die Änderungen zum neuen Kita-Jahr. Foto: Konczak Wir sprachen mit Gerd Galwas vom zuständigen städtischen Fachbereich Jugend, Familie, Senioren und Soziales über die Änderungen zum neuen Kita-Jahr. Foto: Konczak
Interview

„Kinder sind die Leidtragenden“

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Zu Beginn des neuen Kindertagesstättenjahres am 1. August treten niedersachsenweit Neuheiten zur Kinderbetreuung in Kraft. Wir sprachen mit Gerd Galwas vom zuständigen städtischen Fachbereich darüber.

Delme Report: Ist Delmenhorst auf den Beginn der Beitragsfreiheit vorbereitet?

Gerd Galwas: Die Ratsmitglieder im Jugendhilfeausschuss haben dem Land vorgegriffen und alle Formen der Kinderbetreuung eingebunden. Die Stadt sorgt dafür, dass alle Familien entlastet werden. Denn das Land hat versäumt, im neuen Gesetz neben den Kindertagesstätten auch an die Tagespflegekräfte zu denken.

Wie darf ich das verstehen?

Bislang hat das Land Niedersachsen 20 Prozent der Fachpersonalkosten getragen. Nun stockt das Land auf 55 Prozent auf. Das Defizit für alle anfallenden Kosten wird die Stadt übernehmen, um auch wirklich allen Eltern, die Beitragsfreiheit zu garantieren. Gebührenpflichtig bleiben lediglich die Hortgruppen sowie die Betreuung der unter Dreijährigen.

Stehen für alle Kinder Betreuungsplätze zur Verfügung?

Wir, wie übrigens alle Städte, laufen dem Bedarf hinterher und können nicht alle Familien versorgen. Das ist selbstverständlich nicht befriedigend. Denn genau genommen hat jedes Kind ab dem ersten Lebensjahr Anspruch auf einen Betreuungsplatz.

Wie wichtig sind neue Kindertagesstätten? Was kostet das?

Im Moment sind sie sehr wichtig. Ein Kita-Neubau kostet rund 3,5 Millionen Euro. Man benötigt dafür ein großes Grundstück und es sollte möglichst für die Familien gut erreichbar sein. Für einen zentralen Standort in der Innenstadt wäre ein Kita-Neubau Am Wollepark ideal. Abgesehen von den Kita-Plätzen fehlt es aber vor allem an den Fachkräften.

Apropos Fachkräfte. Wie gut ist Delmenhorst auf die Änderungen bei der vorschulischen Sprachförderung vorbereitet?

Diese Aufgabe wird zu Beginn des neuen Kindergartenjahres am 1. August auf die Kindertagesstätten übertragen. Das stellt uns vor große Herausforderungen. Bisher wurde die allgemeine Sprachförderung in den Kitas durch eigene Fachkräfte durchgeführt. Hinzu kam im letzten Kita-Jahr eine vorschulische Sprachförderung durch Grundschullehrer. Um die Unterrichtsversorgung der Lehrkräfte zu verbessern, hat das Land nun entschieden, diese Aufgabe den Erziehern in den Kitas zu übertragen. Wir haben aber keine Kräfte, um so etwas kurzfristig zu realisieren.

Wann haben Sie davon?

In der vergangenen Woche wurde das neue Kita-Gesetz vom Landtag beschlossen. Ich hätte mir eine Übergangsfrist gewünscht. Bislang haben wir vom Kultusministerium nicht einmal genaue Angaben, welche Qualifikationen die neuen Sprachförderkräfte mitbringen sollen. Zumal es jetzt schon nicht genug Erzieher und Erzieherinnen auf dem Arbeitsmarkt gibt. Nach Rücksprache mit dem Kultusministerium stehen die Lehrkräfte für diese Aufgabe ab 1. August nicht mehr zur Verfügung, auch wenn die Aufgabe noch nicht von den Kitas übernommen werden kann.

Wie viel finanzielle Unterstützung kommt vom Land?

Delmenhorst erhält voraussichtlich für das Kita-Jahr 2018/2019 rund 420.000 Euro. Davon werden vier zusätzliche Stellen geschaffen. Gemeinsam mit allen sechs freien Kita-Trägern haben wir entschieden, dass eine zentrale Stelle für die Organisation und Verwaltung dieser Stellen Kräfte geschaffen wird, der die bei der Stadtverwaltung liegt. Auch die Gelder vom Land werden dort zentral verwaltet. Die Koordinierungskraft kümmert sich zum Beispiel um die Konzeptentwicklung und die Weiterbildung der Sprachförderkräfte. Diese müssen aber zuerst einmal gefunden werden. Die Leidtragenden sind die Kinder, auf deren Rücken das Ganze ausgetragen wird.

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