Mithilfe der Drehscheibe wurden die Lokomotiven zu den verschiedenen Abstellgleisen gebracht. Zuletzt wurde die Drehscheibe im Jahr 1996 erneuert, mittlerweile wird sie allerdings nicht mehr genutzt. Fotos: Mader
Unbekanntes Bremen

Bremer Hauptbahnhof: Mit der Lok durch die Wand

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Jürgen Söncksen zeigt den Bremer Hauptbahnhof, wie ihn kaum einer kennt. Im Auftrag des Vereins Stattreisen führt der ehemalige Bahnmitarbeiter an Orte, zu denen Reisende sonst nicht kommen. Ein Blick hinter die Kulissen

Jürgen Söncksen ist Ex-Bahntechniker und kennt den Bremer Hauptbahnhof wie seine Westentasche. So erklärt er Gästen, dass die Figuren am Gebäude Hermes, den Gott der Reisenden und des Verkehrs, und Minerva, die Göttin der Handwerker und des Gewerbes, symbolisieren.

Dann geht es auf das Gelände der Bahn. Neben dem baufälligen Wasserturm, der einst die Dampflokomotiven mit Wasser versorgte, lagern Geräte und Betonschwellen. Sie verbinden die Schienen, verteilen die Last und sichern die Weite der Spuren.

Zum richtigen Gleis per Drehscheibe 

Spezielle Gleisarbeitswagen übernehmen den Austausch der Teile, der regelmäßig nachts erfolgt. „Wenn so etwas stattfindet, empfehle ich, mal eine Nacht zu opfern und sich das anzugucken“, sagt Söncksen.

Besonders beeindruckend ist die alte Drehscheibe, die genutzt wurde, um Lokomotiven auf die unterschiedlichen Abstellgleise zu verteilen. Einmal auf die Scheibe gefahren, in die richtige Position gedreht und schon konnte die Lok auf das ihr zugewiesene Gleis fahren.

„Einfach durch die Wand gefahren“

Im Lokschuppen aus dem 19. Jahrhundert klebt an der Decke noch der Ruß der Dampfloks. Zwischen riesigen Schrauben und Muttern erklärt Söncksen, dass die Lokschuppen regelmäßig zusammenbrachen, wenn mal wieder eine Lok durch die Wand fuhr. Grund dafür waren Druckluftbremsen, die bis in die 1930er Jahre verwendet wurden.

„Man konnte nur einmal richtig bremsen, hat man sich verschätzt, dann sind die Loks auch in Schrittgeschwindigkeit einfach durch die Wand gefahren“, erzählt Söncksen. Darum achtete man irgendwann darauf, dass die Wände am Ende der Gleise keine tragenden Elemente mehr enthielten.

Mehr zu entdecken, als viele Bremer ahnen

Auch über seine Zeit als Techniker der Bahn erzählt Söncksen. Er sei nach 50 Jahren Arbeit überrascht gewesen, dass sein Ruhestand „schon“ angestanden habe. „Die Arbeit war immer spannend und es gab keinen Tag, wo wir auf den Feierabend gewartet haben“, erinnert sich der Bahner.

Es lohnt sich jedenfalls, mit ihm hinter die Kulissen des Bahnhofs zu schauen, der 1889 eröffnet wurde. Dort gibt es mehr zu entdecken, als viele Bremer ahnen.

■ Die nächste Führung ist für den 10. November, 14 Uhr, geplant und kostet 10 Euro, ermäßigt 9 Euro, für Schüler 8 Euro. Eine Anmeldung ist online möglich unter stattreisen-bremen.de

 

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