Rainer Hartmann lehrt und forscht an der Hochschule Bremen Tourismus und Stadtmarketing. Sein Buch „Marketing in Tourismus und Freizeit“ gilt als Standardwerk. Foto: Schlie
Interview

Touristen für Bremen: Braucht es eine TV-Serie?

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"Der Filmtourismus ist zu einem beliebten Mittel geworden, um bestimmte Zielgruppen in die Stadt zu locken", sagt Tourismusforscher Rainer Hartmann. Wie es sonst um die Strahlkraft Bremens bestellt ist - unser Interview:

Weser Report: Herr Hartmann, Hamburg hat die Elbphilharmonie, die Musicals und den Hafen; München den Viktualienmarkt, Schwabing und die Kunst, Womit lockt Bremen die Besucher?

Rainer Hartmann: Bremen bietet eine große Vielfalt. Es gibt Kulturangebote, die Weser und die Schlachte. Es gibt interessante Events wie den Weihnachtsmarkt, der viele Menschen anzieht. Und Bremen hat eine interessante Innenstadt mit historischen Bauten. Aber das reicht offensichtlich nicht aus, um über eine längere Zeit große Massen anzuziehen.

Was muss Bremen tun?

Ich war gerade mit einer Gruppe Studierender in Zagreb, die kroatische Hauptstadt ist von der Größe her ungefähr vergleichbar mit Bremen. Da könnte man auch fragen, wer fährt schon nach Zagreb? Dort sind viele Touristen unterwegs. Die größte Gästegruppe sind die Südkoreaner.

Warum Südkoreaner?

Weil sich die Tourismusmanager in Zagreb zusammengetan haben mit einer Filmgesellschaft aus Südkorea. Sie hat eine Fernsehserie gedreht, die in Zagreb spielt und in der berühmte südkoreanische Schauspieler mitmachen. Jetzt bauen die Südkoreaner Zagreb in ihr Reiseprogramm ein, wenn sie nach Europa kommen.

Soll Bremen eine Fernsehserie sponsern?

Das könnte eine Option sein. Der Filmtourismus ist zu einem beliebten Mittel geworden, um bestimmte Zielgruppen in die Stadt zu locken. Lüneburg beispielsweise profitiert von der TV-Serie „Rote Rosen“, Neuseeland von der Filmtriologie „Herr der Ringe“ und Dubrovnik, ohnehin schon stark besucht, von der Staffel „Game of Thrones“. Man kann also auch eine künstliche Touristenattraktion schaffen.

Bremen hat doch die Stadtmusikanten?

Die scheinen das nicht herzugeben, obwohl das Märchen um die ganze Welt geht. Viele Japaner beispielsweise, die hierher kommen, kennen es. Aber Bremen fehlt etwas Erlebbares. Wenn Besucher nach Bremen kommen und stehen dann vor der relativ kleinen Skulptur, sind viele enttäuscht. Manchmal muss man Dinge auch aufbauschen, inszenieren und vermarkten, um einen Effekt zu erreichen.

Der Trend geht doch zu einer kürzeren Hauptreise und mehreren Kurzreisen, meist Städtetrips.

Der Haupturlaub dauert jetzt im Schnitt 12,4 Tage. Bei der Wahl der Städtetrips fragt man sich dann: Mache ich die nach Bremen? Oder doch lieber nach Amsterdam, das auch nicht weit weg ist? Natürlich vergleicht man dann Äpfel mit Birnen. Man kann Bremen nicht mit Amsterdam oder Paris vergleichen. Aber für den Konsumenten ist die Entscheidung die gleiche. Er sagt sich: Ich habe drei Tage Zeit und möchte was erleben.

Das ist auch eine Preisfrage. Bremen ist günstiger als Paris.

Genau. Bremen könnte versuchen, damit zu werben, dass es günstig ist. Ich glaube aber nicht, dass das helfen würde.

Was raten Sie Bremen?

Bremen macht ja schon ein gutes Marketing. Heute ist es aber wichtig, mit besonderen Storys aufzuwarten, mit etwas, das andere Städte nicht haben. Im Eventbereich kann man was machen. Die Kunsthalle ist ja schon dabei. Auch der Weihnachtsmarkt und der Freimarkt sind solche Events. Aber das sind nur kurzfristige Ereignisse. Es muss eine Idee da sein. Heute läuft vieles über Erlebniswelten, die dann gehypt werden. Da spielt die Lage nicht die entscheidende Rolle.

Zum Beispiel?

Hachez hatte 2007/2008 im Universum eine Sonderausstellung über Schokolade. Dann hat das Unternehmen entschieden, eine Schokoladenerlebniswelt aufzubauen, das Chocoversum – und ist damit nach Hamburg gegangen. Manchmal gehen solche Veranstalter nicht nach Bremen, weil sie das Potenzial hier nicht sehen, weil woanders ohnehin mehr Touristen sind.

Wie kann Bremen von den Kreuzfahrten profitieren, die in Bremerhaven festmachen?

Ich sehe darin nicht das Riesenpotenzial. Die Leute müssen ja mit Bussen nach Bremen gebracht werden.

Und was bringt es, Konferenzen nach Bremen zu holen?

Auch das wird ja versucht. Aber Bremen ist nicht der große Konferenzort. Die Stadt hat den Vorteil, dass sie günstiger ist als viele Konkurrenten. Sie hat aber den Nachteil, dass sie als nicht so attraktiv empfunden wird wie Berlin, München oder Hamburg.

Was bleibt Bremen zu tun?

Es gibt viele Möglichkeiten, mehr Reisende in die Stadt zu locken. Aber die ganz große Lösung, die Bremen nach vorne bringen würde, sehe ich nicht. Bremen ist schon attraktiv, aber es gibt eine Reihe von Städten, die als attraktiver empfunden werden. Das zeigen jedenfalls die Zahlen des Reisemarkts.

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