Zum Mars würde Wirtschaftssenator Martin Günthner auch gerne fliegen. Von Montag an begrüßt er in Bremen erst einmal die Menschen, die dies möglich machen könnten. Foto: Meister
Interview

Martin Günthner: „Einen eigenen Zugang ins All“

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Auftakt zum größten Raumfahrt-Kongress der Welt: Ab heute steht Bremen für knapp eine Woche im Fokus der Forschung. Wie wichtig Bremen für die Raumfahrt ist? Darüber sprachen wir mit Wirtschaftssenator Martin Günthner.

Weser Report: Herr Günthner, wann wird auf dem Mars die Bremer Flagge gehisst, beteiligen sich doch gleich zwei Bremer Unternehmen an der nächsten Mars-Mission: OHB und Airbus?

Martin Günthner: Der Mars ist für die Raumfahrtszene hochinteressant. Für den Menschen wird der Weg zum Mars aufgrund der großen Entfernung über den Mond führen oder über Stationen im Weltraum. Da die internationale Raumstation ISS in die Jahre gekommen ist, muss man ohnehin über neue Stationen nachdenken. Dabei spielt Bremen als Spitzen-Standort der Luft- und Raumfahrt eine herausragende Rolle.

Würden Sie mitfliegen zum Mars?

Ich glaube, das würde jeder machen, der die Möglichkeit dazu bekäme. Als Alexander Gerst Anfang Juni zur Raumstation ISS flog, waren wir beim Start in Baikonur in Kasachstan und haben gesehen, wie strahlend er in die Rakete gestiegen ist. Und von außen auf die Erde zu schauen, das muss grandios sein.

Auch wenn sich Bremen als herausragenden Standort für die Luft- und Raumfahrt sieht, bei den Patentanmeldungen liegt es am Schluss. In keinem anderen Bundesland wurden 2017 weniger Patente angemeldet.

Ich führe das nicht auf mangelnde Innovationskraft am Wirtschaftsstandort Bremen zurück. Wir haben eine hohe Innovationskraft. Mein Eindruck ist, dass Raumfahrtunternehmen für viele ihrer Ideen kein Patent anmelden, weil sie kaum Nachahmer fürchten.

In der gesamten Bremer Wirtschaft gibt es vergleichsweise wenig Forschungs- und Entwicklungsabteilungen.

Auf die Gesamtwirtschaft Bremens bezogen ist das so. Deshalb versuchen wir ja, die Schlüsseltechnologien und Felder weiter zu stärken, in denen wir schon stark sind. Aus diesen Bereichen entstehen dann Effekte für andere Branchen. Ein Beispiel: OHB hat sich im vergangenen Jahr erstmals auf der Transport- und Logistikmesse präsentiert, weil Technologien aus der Raumfahrt auch beim Transport von Containern eingesetzt werden können.

Wie lockt die Wirtschaftsförderung Bremen Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrt an die Weser?

Wir halten engen Kontakt zu Unternehmen und Wissenschaftlern. Diese Kontakte beschränken sich nicht auf Bremen. Denn viele Entscheidungen sind ja international geprägt. Deshalb unterhalten wir auch gute Verbindung zur Europäischen Raumfahrtbehörde ESA in Paris, aber auch zur amerikanischen Weltraumbehörde Nasa oder zur Airbus-Zentrale in Toulouse. Wir können uns ja nicht darauf ausruhen, dass in Bremen die Oberstufe der Ariane-Rakete oder die Galileo-Satelliten gebaut werden. Wir müssen auch weitere Unternehmen für den Standort hier gewinnen.

Mit welchen Argumenten?

Bremen hat eine unglaubliche Dichte an Unternehmen der Luft- und Raumfahrt, es hat exzellente Wissenschaftler und exzellente Fachkräfte. Diese Ballung gibt es in dieser Weise sonst nicht in Deutschland und selten in Europa.

Hat Bremen denn genug Flächen für die Branche?

Wir sind am Flughafen gerade dabei, weitere Gewerbeflächen mit direkter Anbindung an das Rollfeld zu erschließen. OHB erweitert sich im Technologiepark. Gerade für die Kernindustrie Luft- und Raumfahrt hat Bremen immer geeignete Flächen.

Tesla-Gründer Elon Musk und Amazon-Gründer Jeff Bezos investieren auch in die Raumfahrt, haben eigene Unternehmen für den Bau von Raketen gegründet. Wie wirkt sich das auf Bremen aus?

Das zeigt, dass die Branche hochdynamisch ist, dass sie zunehmend auch auf private Anwendungen setzt. Bremen hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark auf die Infrastruktur der Raumfahrt konzentriert, beispielsweise auf den Bau von Satelliten oder Modulen für die internationale Raumfahrtstation. Jetzt kommt es darauf an, die Daten, die sich daraus ergeben, auch für andere Bereiche wirtschaftlich zu nutzen. In diese Felder investieren die Unternehmen in großem Umfang, hier gehen auch Start-ups rein. Wir müssen sicherstellen, dass Europa, dass Deutschland einen eigenen Zugang zum Weltraum hat. Ich möchte in der Frage, welche Satelliten wir nutzen oder mit welchen Raketen wir ins All gelangen, nicht abhängig sein von einem erratisch handelnden amerikanischen Präsidenten oder von einer chinesischen oder russischen Regierung. Deren geostrategische Interessen könnten unseren entgegenstehen.

Was hat Bremen von dem Raumfahrtkongress, der an diesem Montag in der Hansestadt beginnt?

Er ist wie ein gigantischer Scheinwerfer, der auf Bremen gerichtet ist. Rund 6.000 Wissenschaftler haben sich angemeldet, es ist damit der größte Raumfahrtkongress, den es weltweit je gegeben hat. Der Kongress ist das Highlight des Jahres. Abgesehen von den Nebeneffekten, dass die 6.000 Besucher ja auch hier übernachten, essen und einkaufen. Das große Interesse beweist auch die hohe internationale Attraktivität, die Bremen für die Branche hat.

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