Janina Marahrens-Hashagen ist die erste Frau, die Präses der Handelskammer Bremen wurde. Foto: Schlie
Interview

Marahrens-Hashagen: „Unternehmer in die Schulen“

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Seit vergangenen Montag ist Janina Marahrens-Hashagen die neue Präses der Bremer Handelskammer. Im Interview erzählt die Unternehmerin, was sie jetzt anpacken will.

Weser Report: Frau Marahrens-Hashagen, seit Montag sind Sie Präses der Handelskammer. Was sind Ihre ersten Ziele?

Janina Marahrens-Hashagen: Bildung und Ausbildung sind für mich neben vielen anderen Kernaufgaben der Kammer zentrale Themen. Als Unternehmerin sehe ich im Fachkräftemangel ein großes Risiko. Das höre ich auch von anderen Betrieben. Deshalb müssen wir die Berufsorientierung in den Schulen stärken. Wir Unternehmer müssen in die Schulen gehen. Wir müssen den Schülern erklären, welche Ausbildungsmöglichkeiten es gibt, wie ausgebildet wird und in welchen Bereichen ausgebildet wird. In meinem eigenen Unternehmen bilden wir zum Beispiel auch zum Siebdrucker aus. Diesen Beruf kennt fast niemand, nicht einmal die Lehrer. Deshalb müssen wir aufklären und die Schüler für eine Ausbildung begeistern, natürlich auch in den Gymnasien.

Was muss Bremen tun, damit auch junge Fachkräfte aus anderen Regionen hierhin ziehen?

Wenn wir Fachkräfte nach Bremen holen wollen, sind deren erste Fragen: Was bietet ihr an Wohnraum an? In welchen Lagen? Und wie sind die Schulen ausgestattet? In dem Punkt bietet Bremen nach der Pisa-Studie über die Schulleistungen nicht die besten Rahmenbedingungen.

Zur Attraktivität einer Stadt gehört auch eine anziehende interessante City.

In der Innenstadt müssen wir mehr machen und die Aufenthaltsqualität verbessern. Ich war am vergangenen Wochenende in Amsterdam. Da gibt es so viele junge Leute und so viele Restaurants, die ihre Gäste auch im Winter draußen bewirten. In Bremen sollten wir der Gastronomie mehr Außenbereiche geben. Und vor allem müssen wir den Einzelhandel stärken.

Was kann die Handelskammer dazu beitragen?

Wir haben ja schon Vorschläge gemacht, wie man zum Beispiel den Öffentlichen Personennahverkehr in der Innenstadt umgestalten kann. So könnte man die Straßenbahn aus der Obernstraße heraus verlegen, um die Attraktivität dieser Straße zu erhöhen. Es reicht ja nicht, wenn ich als Unternehmerin meinen Betrieb attraktiv mache für junge Leute, die wollen ja auch attraktive Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten, wenn sie aus dem Betrieb kommen.

Wie kann Bremen mehr Unternehmen anziehen, die sich hier niederlassen?

Das ist vor allem eine Frage der Flächen für das Gewerbe und fürs Wohnen. Wir müssen sehen, dass Bremen die deutsche Großstadt mit der zweitdünnsten Besiedelung ist. Nur Dresden ist noch dünner besiedelt. Da ist also noch Luft.

Den Prognosen zufolge wächst die Wirtschaft in diesem Jahr nicht mehr so stark wie im vergangenen Jahr. Das gilt für Deutschland ebenso wie für Bremen. Wie ist Bremen darauf vorbereitet?

Ja, das Wirtschaftswachstum ist langsamer geworden. Aber welche Folgen der Brexit hat, wissen wir noch nicht. Bremen ist auf jeden Fall davon betroffen. Denn zehn Prozent der Bremer Exporte gehen nach Großbritannien. Das ist viel.

Im Mai wählt Bremen eine neue Bürgerschaft. Wie viel Einfluss hat die Handelskammer auf die Politik?

Wir werden Wahlprüfsteine aufstellen und die Forderungen unserer Mitgliedsunternehmen positionieren. Zurzeit haben wir eine Umfrage unter mehr als 700 Unternehmen laufen, um herauszufinden, wo sie die dringlichsten Aufgaben sehen. Aus den Antworten leiten wir die Wahlprüfsteine ab.

Der Spitzenkandidat der CDU für die Bürgerschaftswahl, Carsten Meyer-Heder, ist ein Unternehmer, die Spitzenkandidatin der FDP, Lencke Steiner, ist eine Unternehmerin. Wächst in der Politik das Verständnis für Unternehmer?

Das wäre hilfreich.

Planen Sie selbst eine politische Karriere?

Nein. Ich bin Unternehmerin und werde nie in die Politik gehen.

Gemeinsam mit Ihrem Sohn bilden Sie die Geschäftsführung Ihres Unternehmens H. Marahrens. Wie viel Zeit bleibt für die Arbeit als Präses?

Ich habe mich ja schon viele Jahre in der Handelskammer engagiert. 2001 bin ich ins Plenum gewählt worden, danach war ich im Mittelstandsausschuss und bin seit 2007 Vorsitzende des Industrieausschusses. Dem Präsidium gehöre ich seit 2009 an. Meine Mitarbeiter haben mir immer den Freiraum gegeben, den ich für die Arbeit in der Handelskammer brauchte. Das wird auch weiterhin so sein.

Was ändern Sie als Präses in der Handelskammer?

Ein Schwerpunkt wird in diesem Jahr die Digitalisierung der Handelskammer sein. Wir wollen auch Chats einrichten, in denen die Mitglieder jenseits der Sitzungen miteinander diskutieren können. Aber erst einmal hole ich Kissen für die Sitzgarnitur im Präses-Zimmer.

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