Fred Buchholz ist Vorstandsvorsitzender der Vermittlungszentrale Taxi-Ruf Bremen. Er warnt vor den neuen Plänen des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer. Foto: Meister Fred Buchholz ist Vorstandsvorsitzender der Vermittlungszentrale Taxi-Ruf Bremen. Er warnt vor den neuen Plänen des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer. Foto: Meister
Interview

„Wir diskutieren, Sammelfahrten anzubieten“

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Der Chef der Vermittlungszentrale Taxi-Ruf, Fred Buchholz, spricht im Interview mit dem WESER REPORT über Sammeltaxis für Bremen, über die Tarifpflicht und autonomes Fahren.

Weser Report: Herr Buchholz, fahren die Bremer seltener Taxi, weil die Autos wegen der vielen Baustellen häufig im Stau stecken?

Fred Buchholz: Für uns sind die vielen Baustellen sehr negativ. Das Taxi steht bei der Anfahrt zum Kunden im Stau, und es steht bei der Fahrt mit dem Kunden im Stau. Aber die Zahl der vermittelten Fahraufträge ist stabil. Es könnte in Bremen allerdings mehr Spuren geben, die nur Taxis und Linienbusse nutzen dürften.

Ihre Branche steht vor einem Umbruch. Die Autokonzerne Daimler und BMW legen die Carsharing-Dienste zusammen und bauen sie aus, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will die Vorschriften für Taxis ändern. Auch der amerikanische Fahrdienstvermittler Uber dürfte dann wieder in Deutschland starten. Wie wirkt sich das auf das Taxi-Gewerbe aus?

Es wäre schon problematisch, wenn Mietwagen nicht mehr nach jeder Fahrt zu ihrer Station zurückfahren müssten und auch unterwegs Fahrgäste aufnehmen dürften. Die Rückkehrpflicht ist ja der wesentliche Unterschied zwischen Mietwagen und Taxis. Wenn die wegfällt, könnten sich Mietwagenfahrer theoretisch hinstellen, wo sie wollten, oder sie kreisen ständig durch die Stadt.

Die Mietwagen-Betreiber können ihre Fahrpreise selbst bestimmen. Die Taxi-Tarife schreibt die Stadt vor. Wann fällt die Tarifpflicht weg?

Die Tarifpflicht ist auch Verbraucherschutz. Der Tarif ist transparent. Der Kunde kann vorher erfahren, was seine Fahrt zirka kosten wird…

…auch die Mietwagen-Fahrer kann man vorher nach dem Preis fragen …

… ja. Aber es kann nicht sein, dass wir alle Pflichten haben und die anderen nur Rechte. Wir haben ja nicht nur eine Tarifpflicht, sondern auch eine Bereitstellungspflicht. An Silvester etwa können nicht alle Taxifahrer feiern. Wir sind verpflichtet, fahrbereit zu sein. Wir können auch nicht kurzfristig die Tarife ändern. So eine Tarifänderung dauert vom ersten Gespräch bis zur behördlichen Genehmigung rund neun Monate. Deshalb können wir nicht kurzfristig auf eine Erhöhung der Kraftstoffpreise reagieren. Wir können auch nicht mehr Geld verlangen, wenn plötzlich viele Kunden kommen. Die Mietwagen dürfen das.

In Bremen braucht jeder Taxi-Unternehmer eine Lizenz. Die Stadt hat deren Zahl begrenzt. In Hamburg gibt es keine Begrenzung mehr. Warum noch in Bremen?

Ich bin ein großer Freund der Kontingentierung, damit der Markt ein wenig geschützt ist. Es ist Aufgabe der Behörde, dafür zu sorgen, dass der Tarif für die Taxi-Unternehmer auskömmlich ist. Ohne Lizenzpflicht kann es passieren, dass sehr viel mehr Taxis dazukämen. Da die Zahl der Fahrgäste aber nicht in gleichem Maße steigt, wäre der Tarif dann nicht mehr auskömmlich.

VW hat einen neuen Service entwickelt: Moia. Sammeltaxis nehmen auf einer Tour mehrere Fahrgäste auf, die in die gleiche Richtung fahren möchten. Ist das auch ein Konzept für Bremens Taxi-Unternehmer?

Wir diskutieren das Pooling, also die Option, Sammelfahrten anzubieten. Die Kunden teilen sich dann Strecke und Preis. Hamburg und Berlin testen das gerade. Ich würde das gerne auch in Bremen machen. Wir bekämen dafür eine Ausnahmegenehmigung. Aber Pooling kostet. Wir brauchen dafür die entsprechende Software, die regelt, welche Personen auf welcher Strecke mitfahren können. Pooling ist die Verkehrsform der Zukunft. Ich würde das gerne noch Ende dieses Jahres in Bremen auf den Weg bringen.

Daimler bietet eine eigene App an: Mytaxi, über die Taxifahrten vermittelt werden.

Wir haben eine eigene App: Taxi Deutschland, betrieben von allen großen Taxi-Zentralen in Deutschland. Sie funktioniert in allen deutschen Orten mit mehr als 5.000 Einwohnern. Mytaxi funktioniert nur in zehn oder elf Städten.

Wann ersetzen die Apps die Taxi-Zentralen?

Ältere oder Kranke werden ein Taxi immer über das Telefon bestellen.

Was machen die Taxi-Fahrer, wenn die Autos autonom fahren?

Das autonome Fahren wird kommen. Aber ein autonomes Auto hilft nicht beim Aussteigen, es trägt auch keine Koffer zur Haustüre. Deshalb wird es auch künftig Taxi-Fahrer geben.

 

Fakten

Der Taxi-Ruf Bremen ist die größte Taxi-Zentrale in der Hansetstadt. Dem eingetragenen Verein gehören 202 Betriebe an, die insgesamt 450 Taxis unterhalten und rund 1.200 Fahrer beschäftigen. Unter den 202 Betriebe sind etwa 120 Unternehmer, die nur ein Taxi besitzen und dieses selbst fahren. Die anderen rund 80 Betriebe verfügen jeweils über zwei bis zu 30 Fahrzeuge. Die Taxi-Zentrale vermittelt nicht nur Fahrten für Personen, sondern auch Kuriertouren. Einige Fahrer leeren für die Post Briefkästen oder holen sträunende Hunde bei der Polizei ab und bringen die Tiere ins Tierheim.

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