Erst kürzlich beschlagnahmten 350 Beamte in Bremen Autos, Bargeld und eine Cannabis-Plantage. Foto: Polizei Bremen
Clankriminalität

Den kriminellen Clans auf der Spur

Von
Bremen ist neben Berlin und Essen ein Hotspot für kriminelle Großfamilien in Deutschland. Der Islamforscher Ralph Ghadban war zu Gast in der Hansestadt und erklärte das Phänomen.

Nach Angaben des Innenressorts leben rund 3.700 Personen aus türkisch- und arabischstämmigen Großfamilien in der Hansestadt.

Der Kampf gegen die sogenannten „Mhallamiye“, von denen bereits rund 750 durch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufgefallen sind, hält aber nicht nur die Polizei in Atem – auch die Politik beschäftigt sich mit dem Thema. Vor einem Monat hat die Bürgerschaft vom Senat ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung der Clan-Strukturen eingefordert.

Die Hintergründe der Mhallami

Auch Ralph Ghadban beschäftigt sich mit den arabischen Clans. Der Islamwissenschaftler und Autor war zu Gast bei der Konrad-Adenauer-Stiftung. In den Räumen der CDU-nahen Stiftung informierte er über die kulturellen und historischen Hintergründe der in Bremen lebenden Großfamilien.

Ghadbans Grundthese: In Deutschland wütet ein besonderer libanesischer Clan, mit Namen Mhallami. Gemeint sind islamische Migranten, welche bis in die 1940er hinein Zuflucht im Libanon gefunden hatten. Dort konnten sie jedoch nur schlecht Fuß fassen, lebten in ärmlichen Verhältnissen und flohen in den libanesischen Bürgerkriegsjahren (1975 bis 1990) vor allem nach West-Berlin.

Aus der Schutzfunktion erwuchs das Verbrechen

Dabei brachten sie ihre alten Clan- und Familienstrukturen mit und organisierten hierzulande eine Parallelgesellschaft­, um sich von der deutschen westlich-individualistischen Gesellschaft abzugrenzen. Dies geschah laut Ghadban vor allem durch organisierte Kriminalität in Form von Diebstahl, Erpressung, Gewaltdelikten, Prostitution und Rauschgifthandel.

Der ehemalige Sozialarbeiter aus dem Libanon betonte aber auch, dass längst nicht alle Clanmitglieder kriminell seien. Allerdings würden alle Mitglieder ihre kriminellen Verwandten decken. „Eigentlich haben die Großfamilien für ihre Mitglieder eine Schutzfunktion, die sie im Libanon auch dringend benötigt haben. In Deutschland haben sich daraus aber häufig Beutegesellschaften gebildet, die den Staat und das Justizsystem ausnutzen und verachten“, erklärte Ghadban.

Razzien nehmen zu

Auch Bremen tue noch zu wenig gegen Clankriminalität, sagte er. Daran ist vor allem fehlendes Personal schuld – aktuell sind bei der Kriminalpolizei noch rund 50 Ermittlerstellen unbesetzt. Künftig soll trotzdem stärker ermittelt werden.

Erst kürzlich hatten rund 350 Beamte bei einer Razzia mehrere Autos, Bargeld in Höhe von mehreren Tausend Euro, eine Waffe und die Pflanzen einer kompletten Cannabis-Plantage beschlagnahmt.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

Schreibe einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner