"ich frisiere nur saubere Hunde", sagt die ehemalige Versicherungsangestellte. Foto: Lohmann
Hundefriseur

Eine Friseurin für alle Felle

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Birgit Kluge aus Schwachhausen liebt Hunde: In ihrem Geschäft „Tessis Hundeladen“ bringt die Hundefriseurin Fell und Pfoten von Vierbeinern in Form – auf Wunsch auch mit überraschenden Schnitten.

Von Insa Lohmann

Lotta steht schüchtern zwischen den Beinen eines großgewachsenen Mannes, sie kennt die Prozedur bereits. „Sieben oder neun Millimeter“, fragt Birgit Kluge. „Neun Millimeter“, sagt Lottas Herrchen nach einer kurzen Bedenkzeit. Auf die kleine Mischlingshündin mit dem Wuschelfell wartet heute ein etwa zweistündiges Pflegeprogramm.

In Birgit Kluges Geschäft „Tessis Hundeladen“ an der H.-H.-Meier-Allee dreht sich alles um haarige Vierbeiner wie Stammkundin Lotta, die nun erstmal in die Badewanne kommt. „Ich arbeite immer mit einem sauberen Hund“, erklärt Birgit Kluge, die von vielen aufgrund ihres Geburtsnamen Teßmer liebevoll Tessi genannt wird. Doch zur Pflege gehört nicht nur das Trimmen, sondern vor allem die Fell- und Hautwäsche. Auch die  Ohrenreinigung und das Kürzen der Krallen gehört dazu.

An den Job geriet sie durch Zufall

Während die Hundefriseurin mit dem Einschäumen ihres tierischen Kunden beschäftigt ist, schaut ihr Großpudeldame Ennie neugierig zu. Die zehn Monate alte Hündin mit den treuen dunklen Augen und dem weißen Fell ist immer an Kluges Seite. Warum ein Pudel? Sie habe sich schon vor langer Zeit in diese Rasse verliebt. „Pudel wissen alles besser“, sagt die Saloninhaberin und grinst.

Fast 40 Jahre ist es her, dass die Bremerin auf den Hund gekommen ist. Ihr Talent für die Arbeit mit Tieren entdeckt sie eher durch Zufall. Nach ihrer Tanzausbildung will Kluge eigentlich zum Theater. Als sich dieser Wunsch
nicht erfüllt, fängt sie bei einer Versicherung an zu arbeiten. Schnell merkt sie, dass sie im Büro unglücklich ist. Hunde findet sie schon immer toll, bereits als Kind wünscht sie sich einen tierischen Begleiter. Doch erst mit 21
soll sich dieser Traum verwirklichen, als Kluge zwei Hunde aus dem Tierheim aufnimmt.

Foto: Lohmann

Sie findet Gefallen an der Fellpflege der beiden Pudelmischlinge und frisiert die ersten Hunde von Freunden und Bekannten. Die Nachfrage entwickelt sich so rasant, dass die damals 25-Jährige schließlich ihren Job bei der Versicherung kündigt und 1981 ihren ersten Salon in Schwachhausen eröffnet. „Damals sind noch nicht viele Hunde in einen Salon gegangen“, erinnert sie sich. Auch eine staatlich anerkannte Ausbildung für Hundefriseure gibt es nicht.

Birgit Kluge ist ehrgeizig und versucht, so viel Weiterbildung wie möglich zu machen. Vor allem der Stil der amerikanischen Hundefriseure inspiriert sie: „Dadurch habe ich ein Gefühl für die Symmetrie bekommen.“ Als Birgit Kluge mit ihrer Familie in den 1980ern ein Haus in Findorff kauft, zieht die Unternehmerin mit ihrem Geschäft in den Bremer Westen. Inzwischen hat sie das Haus verkauft, zu groß ist es nach dem Auszug der erwachsenen Kinder geworden. Seit einem Jahr ist „Tessis Hundeladen“ zurück in Schwachhausen.

Kein Schnitt ist wie der andere

Die Kundschaft kommt längst nicht mehr nur aus einem Stadtteil, die Hundehalter reisen aus dem gesamten Umland an, um ihre Vierbeiner von Birgit Kluge pflegen und frisieren zu lassen. „Selbst meine Praktikanten von damals kommen wieder hierher“, berichtet die Inhaberin. Früher habe sie sogar Meerschweinchen und Kaninchen in ihrem Salon gepflegt. Heute sind es vor allem Hundehalter, die ihr Geschäft an der H.-H.-Meier-Allee aufsuchen. Auf kleinen Karteikarten notiert sich die Hundefriseurin die Wünsche ihrer Kunden. „Aber man schneidet nie gleich“, sagt Kluge. „Es bleibt ein Handwerk.“

Um den Hundehaltern zu Hause die Pflege ihrer Tiere zu erleichtern, bietet die Saloninhaberin Kurse an, wo sie ihren Kunden den richtigen Umgang mit Bürste, Kamm und Co. zeigt. Anschließend können die Hunde von
Herrchen oder Frauchen selbst im Geschäft von Birgit Kluge gebadet und frisiert werden. Auch Mischlingsdame Lotta hat das Bad im Salon ohne Murren hinter sich gebracht und sitzt nun auf dem Frisiertisch. „Die meisten Hunde finden das Föhnen am schlimmsten“, sagt Birgit Kluge. Viele Halter halten ihre Vierbeiner eher kurzhaarig, zu zeitintensiv sei vielen die Fellpflege. Kluge hat Verständnis dafür, wichtig sei, dass sich das Tier
wohlfühle.

Einmal sei jemand mit einem stark verfilzten Hund in ihren Salon gekommen. Die Inhaberin sah keine andere Möglichkeit, als das Fell zu scheren. Mit Folgen: „Der Hund hat sich danach drei Tage nur versteckt“, sagt
Kluge. „Doch das passiert ganz selten.“ In der Regel fühle sich ein Vierbeiner auch mit kürzerem Fell wohl. Hundedame Lotta rutscht ein wenig unruhig auf dem Frisiertisch hin und her. „Ich bin gleich fertig“, sagt die Hundefriseurin liebevoll und streichelt ihr über das Fell.

Bei Hunden muss man immer lässig bleiben

Lotta kommt schon seit einigen Jahren zu Birgit Kluge in den Salon. Gewinnt sie das Vertrauen der Hunde, erleichtert das die Fellpflege: „Es ist wichtig, dass ich eine Beziehung zu dem Hund aufbaue“, sagt sie. Gerade bei nervösen Hunden sei es besonders wichtig, dass man selbst Gelassenheit ausstrahle. „Hunde sind Meister der Körpersprache, die merken alles.“ Auch das ruhige und gelassene Wesen ihrer Großpudeldame Ennie helfe vielen ängstlichen Hunden beim Friseurbesuch. Gebissen wurde sie in ihrer fast 40-jährigen Berufslaufbahn nur ein einziges Mal.

Birgit Kluge ist häufig auf Messen und Ausstellungen unterwegs, um sich neue Anregungen zu holen. Und obwohl die Bremer Hundehalter es häufig eher schlicht bei den Hundefrisuren mögen, erfüllt die Hundefriseurin aus Schwachhausen manchmal auch ungewöhnliche Wünsche – so wie bei einem weißen Westie-Mischling: „Der hat immer einen Irokesenschnitt bekommen“, berichtet Kluge. „Dieser Job wird eben nie langweilig.“

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