Das Krankenhausmuseum Bremen zeigt 250 Jahre Psychiatriegeschichte. Foto: Füller
Museum im Quartier

Krankenhaus-Museum: Von der Heilanstalt zum Lernort

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Was ist verrückt? Das ist eine der zentralen Fragen, mit der sich das Krankenhaus-Museum Bremen beschäftigt.

„Psychiatrie ist immer ein Grenzgang in der Gesellschaft, und die Vorstellung davon ändert sich immer wieder“, weiß Achim Tischer, Leiter der Kulturambulanz, unter deren Federführung auch das Krankenhaus-Museum Bremen auf dem Gelände des Klinikums Bremen-Ost betrieben wird.

Durchschnittlich 10.000 Besucher durchwandern jährlich die Ausstellung, die in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiert. Passend dazu arbeitet das Team derzeit auf ein Gütesiegel des Museumsverbands Niedersachsen-Bremen hin.

Exponate aus 250 Jahren

Den Kern der Ausstellung bilden 250 Jahre Psychiatriegeschichte und der jeweilige Umgang mit psychisch erkrankten Menschen in Bremen. „Psychiatrie- und Medizingeschichte sind nicht zu trennen“, sagt Tischer.

Achim Tischer, Leiter der Kulturambulanz, mit einer Kontrolluhr für das Wachpersonal in der Psychiatrie. Foto: Füller

Und so stammen die Exponate nicht nur aus dem Krankenhaus Bremen-Ost, das 1904 als St.-Jürgen-Asyl für Geistes- und Nervenkranke mit 300 Betten im damaligen Dorf Ellen vor den Toren Bremens eröffnet wurde.

Autonome Nervenheilanstalt

Ein Teil der Ausstellung widmet sich der Geschichte der Anlage und des denkmalgeschützten Gebäudeensembles. „Wenn das Wetter es zulässt, beginnen Führungen mit einem Rundgang im Park, um diese Geschichte deutlich zu machen“, sagt Tischer.

Denn die einstige Nervenheilanstalt war völlig autonom. Landwirtschaft, Tierhaltung, Wäscherei und Werkstätten beschäftigten die Patienten. Zu sehen ist dies auch an einzelnen Stücken, die in den Betrieben auf dem Gelände gefertigt wurden.

Zeitzeugen berichten

Doch auch dem Personal sowie den Behandlungsmethoden widmet sich das Museum, historische Behandlungsgeräte veranschaulichen die Therapieformen. Einen großen Komplex bildet im Museum die Zeit des Nationalsozialismus.

Neben zahlreichen Exponaten wird im Krankenhaus-Museum auch auf interaktive Vermittlung gesetzt: So können Besucher an Hörstationen Zeitzeugen lauschen. Ehemalige Angestellte und Patienten und deren Angehörige erzählen aus dem Alltag in der Psychiatrie.

Archiv mit historischen Krankenakten

Zusätzlich verwaltet und pflegt das Team ein Archiv sowie eine große medizinhistorische Sammlung, die allerdings nicht öffentlich ist. „Wir haben viele Anfragen von Angehörigen, aber auch Kooperationen mit der Universität“, erklärt der Museumsleiter.

Dabei gehe es vor allem um historische Krankenakten. Die meisten Anfragen erhält das Team zur NS-Zeit. „Wir sind auch außerschulischer Lernort und arbeiten mit Schulen zusammen“, sagt Tischer.

Dazu gehört etwa das „Labor für inklusive Projektarbeit“ im Museum sowie das Angebot, mit Zeitzeugen aus der NS-Zeit ins Gespräch zu kommen.
Die Mitarbeiter bereiten zudem jährlich etwa vier Sonderausstellungen vor und verbinden so Medizin und Kunst.

Infos zum Krankenhaus-Museum Bremen: kulturambulanz.de

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Eine Antwort

  1. Gunnar-Eric Randt sagt:

    Sieht man sich allein die Historie des Klinikum-Mitte an, die von „A“, wie Aribert Galla, und „O“, wie Organentnahme an falscher Stelle, über „B“, wie Bauverzögerungen und -Verteuerungen, bis „Z“, wie zwischenzeitliche Schließung der Frühchenstation nach der Entdeckung von Krankenhauskeimen und verstorbenen Patienten reicht, sieht man das der Leiter des Krankenhausmuseums recht hat. Die Psychiatrie gehört zum Krankenhauswesen. Viele Verantwortliche aus der Gesundheitspolitik und Praxis gehörten und gehören demnach der Psychiatrie anvertraut.

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