Mit barocktypischem Kleid und Krautkopf-Frisur fügt sich Iris-Michaela Schmidtmann gut in den Ballsaal ein. Foto: Konczak
Oldenburg

Minuett im Schlossmuseum

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Ein Portrait über die Keramikingenieurin und Tanztherapeutin Iris-Michaela Schmidtmann und ihren Weg zum barocken Tanz.

Wenn man Iris-Michaela Schmidtmann im Oldenburger Schloss trifft, um mit ihr über Barocktanz zu reden, dann macht sie keine halben Sachen. Wie eine Gestalt von einem barocken Königshof sitzt die Tanztherapeutin am Eingangsbereich, mit Krautkopf-Frisur und selbst angefertigtem Kleid nach barockem Schnittmuster.

Zählt man das Schminken hinzu, gingen für das komplette Herrichten knappe zwei bis drei Stunden von Schmidtmanns dicht gefülltem Freitag ab. „Leider habe ich keinen 48 Stunden Tag“, sagt sie und lacht herzlich und voller Selbstironie. Schmidtmann gibt Kurse und Workshops zum Barocktanz im Oldenburger Schloss, neuerdings seien zu diesen Kursen auch Führungen zu Personen der lokalen Geschichte wie über Elisabeth von Ungnad hinzugekommen. Da Schmidtmann noch einer hauptberuflichen Tätigkeit nachgeht, bleibt für Hobbys neben den großen Leidenschaften Barocktanz und Kulturgeschichte einfach nicht genug Tag übrig.

Schmidtmann kommt zum barocken Tanz

Den Weg zum Tanz und im besonderen zum Barocktanz führte über eine Bekanntschaft in Duisburg. Schmidtmann hatte bereits vor ihrem Studium für den Ingenieur in Keramik Ballet gemacht. Dann lernte sie, sie war etwa Anfang 20, an der dortigen Folkwangschule ihren späteren Lehrer in Sachen Tanz und Barock kennen. Dieser unterrichtete zu der damaligen Zeit an der Akademie für Alte Musik in Bremen. Nachdem Schmidtmann ihren Keramikingenieur gemacht hatte, zog sie in die unmittelbare Nähe dieser Akademie.

Ein Kontaktstudium ermöglichte ihr, gleichzeitig ihrer Arbeit als Laborleiterin im Ziegelwerk Knabe, heute als Werk der Wienerberger bekannt, und ihrem akademischen Interesse für den Barocktanz nachzugehen. Der Tanz aus der Barockzeit sei dabei bedeutender Teil einer komplexen Kultur, zu der auch die Mode aus der Zeit um 1675 gehört. „Das ist etwas, das mich sehr interessiert. Dass man im Rahmen des Barocktanzes die ganze Kulturgeschichte mitmacht“, sagt Schmidtmann.

Spontan führt Schmidtmann im Ballsaal des Schlosses einen Minuettschritt vor. Dieser besteht aus vielen genauen Bewegungen des Körpers, in Werken von Barock-Autoren wie Raoul-Auger Feuillet peinlich genau notiert. „Eine fürchterliche Schreibe hatte der Mann“, sagt Schmidtmann. Ob sie denn des Französischen mächtig sei? Nun, während ihres Kontaktstudiums war sie auch in dem Land unterwegs, unterhält dortige Kontakte und besucht Frankreich nach wie vor, um auf dem Laufenden im Thema Tanz zu bleiben. Und um französischsprachige Werke aus der Barockzeit über ihre liebste Tanzform zu lesen, reichen ihre Sprachkenntnisse auch.

Die Bedeutung des Kostüms

„Beim Barocktanz geht es mir zwar auch um die Kostüme, vorrangig ist aber der Körper und seine Tüchtigkeit.“ Schmidtmann erzählt weiter, dass sich der aus Jane Austen Verfilmungen bekannte Regency Tanz wie auch der Ballettanz aus dem Barocktanz entwickelt haben. Sie nimmt eine Pose ein, die zur Barockzeit die normale Körperhaltung des Adels darstellte und berichtet über die gesellschaftlichen Funktionen, die der Tanz einnahm. So war die Körperhaltung etwa auch ein Signal über die eigene gesellschaftliche Stellung. Hoheiten wie Ludwig der 14. demonstrierten mit Hilfe des Tanzes ihre gesunde körperliche Verfassung dem Volk gegenüber. Einen bekannten Tanz von Ludwig XIV. möchte Schmidtmann spontan lieber nicht vorführen. Die Schritte seien überaus schwierig und der Boden des Ballsaals zu glatt für ihre Schuhe.

Nichtsdestotrotz passt die Keramikingeneurin und Tanztherapeutin in ihrem Kostüm exzellent in die Umgebung des Ballssaals. Einzig einige Heizkörper, elektrische Leuchten und die aus Stühlen zu findenden Hinweise „Nicht hinsetzen“ deuten auf unsere heutige Zeit. Bei Workshops und Kursen zum Barocktanz sehe das zum Teil ganz anders aus. Die Teilnehmer sind angehalten, bequeme Kleidung und Ballerinasohlen oder Socken mit Gumminoppen zu tragen. Die Bewegungen, der Körper und die Sicherheit stünden im Vordergrund, so Schmidtmann. „Wenn die Teilnehmer eines Workshops auch Kleider aus der Zeitperiode haben, können sie diese am zweiten Termin eines Workshops anziehen. Das hat dann immer eine sehr schöne Wirkung hier im Saal“, erzählt Schmidtmann.

Schmidtmann heute

Ihr Weg führte sie über ein Studium zur Keramikingenieurin zu einem anschließenden Kontaktstudium nach Bremen, heute unterrichtet Schmidtmann Workshops und Kurse zum Barocktanz in Oldenburg und arbeitet an der Jade Hochschule in Oldenburg im Fachbereich für Bauwesen, Geoinformation und Gesundheitstechnologie. „Ich möchte nicht in der Barockzeit gelebt haben,“ sagt sie auf die Frage, ob sie eine romantisierte Vorstellung von der Zeit habe. „Aber die Musik spricht mich sehr an. Entsprechend spricht mich auch der Tanz an, das ist mein Stil.“

Über die Veranstaltungen von Iris-Michaela Schmidtmann kann man sich auf der Internetseite des Landesmuseums unter www.landesmuseum-ol.de informieren. Der nächste Tanzworkshop von ihr findet am 16. Juni von 11 bis 16 Uhr statt und behandelt mit der Courante eine gesonderte Form des Gesellschaftstanzes die angeblich besonders von Ludwig XIV. geschätzt wurde. Der Kurs kostet 27 Euro, eine Anmeldung ist telefonisch unter der Nummer 0441/40570444 oder per E-Mail an info@landesmuseum-ol.de erforderlich.

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