Kristina Vogt eröffnet auf dem Bremer Markt die heiße Phase des Wahlkampfes: „Das ist kalte Enteignung.“ Foto: Schlie Am 15. August wählt die Bürgerschaft den Senat und damit Kristina Vogt voraussichtlich zur Wirtschaftssenatorin. Bisher war die 54-Jährige Fraktionsvorsitzende der Linken. Foto: WR
Interview

Vogt: „Da liegt Zukunftspotenzial für Bremen“

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Die designierte Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Die Linke) über Projekte, Behörde und Echo.

Weser Report: Frau Vogt, ist für Sie ein Traum in Erfüllung gegangen, da sich die meisten Mitglieder der Linken für eine Koalition mit der SPD und den Grünen ausgesprochen haben?

Kristina Vogt: Es ist schon seit 2015, 2016 klar gewesen, dass Rot-Grün sehr wahrscheinlich keine Mehrheit mehr unter den Bremern hat. Deshalb mussten wir uns als Partei anders aufstellen. Denn klar war seither auch, dass die Zeit in der Opposition vorbei sein kann. Darauf haben wir uns sehr lange und sehr akribisch vorbereitet. Jetzt müssen wir natürlich auch in der Koalition beweisen, dass es Änderungen gibt und dass es nicht so weitergeht wie in der letzten Legislaturperiode. Das ist auch der Auftrag, den wir auf dem Parteitag gespürt haben.

Was gehen Sie zuerst an?

Mir ist in meinem Ressort vor allem wichtig, dass wir mit Unternehmen, mit Organisationen wie den Kammern sowie dem Bildungsressort sprechen. Denn wir haben in Bremen viele kleine Betriebe, die keine Auszubildenden finden. Gleichzeitig haben wir große nationale und internationale Konzern, die wenig ausbilden. Wir müssen die Betriebe, die Auszubildende brauchen, unterstützen. Auch die Digitalisierungsunterstützung für kleine und mittlere Betriebe möchte ich relativ schnell umsetzen. Dafür sind nicht so hohe Summen erforderlich wie in anderen Bereichen der Wirtschaftsförderung. Und beim Starthaus möchte ich die Förderung so umstellen, dass insbesondere Frauen bei der Gründung von Unternehmen gefördert werden. Das sind Sachen, die man schon vor den nächsten Haushaltsverhandlungen anleiern kann.

Ihr Programm und der Koalitionsvertrag sehen auch eine Förderung von Alleinerziehenden vor. Wann kommt die?

Das ist eher ein langfristiges Projekt. Das muss aber jetzt vorbereitet und im nächsten Haushalt finanziell hinterlegt werden. Wichtig ist, dass wir vorher mehr Beratung und Betreuung anbieten.

Selbst kleine ausbildende Betriebe sind nicht begeistert vom Ausbildungsfonds, mit dem Sie ihnen helfen wollen.

Mit haben Betriebe klar signalisiert, dass sie Unterstützung brauchen. Damit sie insbesondere stärker Jugendlichen helfen können, die auch in der Berufsschule Schwierigkeiten haben.

Wir groß ist die Skepsis, die Ihnen als künftige linke Wirtschaftssenatorin aus der Wirtschaft entgegenschlägt?

Ich habe nicht vor, Bremens Wirtschaft zu ruinieren. Ich glaube, das wissen auch viele. In den letzten Wochen habe ich auch positive Rückmeldungen bekommen, sogar aus Bereichen, aus denen ich es nicht vermutet hätte. Da haben sich viele gefreut, weil die bisherige Wirtschaftspolitik ganz auf die großen Industrieunternehmen ausgerichtet war. Das ist zwar wichtig, aber die kleinen und mittleren und die familiengeführten Unternehmen waren nicht so im Blick. Viele versprechen sich etwas davon, dass es den Ressortwechsel gibt.

Verändern Sie das Wirtschaftsressort oder verändert eher das Wirtschaftsressort Sie?

In bestimmen Sachen wird in Bremen auch Kontinuität erwartet. Das ist doch klar. Aber es wird auch eine andere Ausrichtung geben, etwa dass man andere Branchen in die Förderung und Clusterbildung aufnimmt, zum Beispiel die Nahrungsmittelindustrie oder die Gesundheitswirtschaft. Da wollen wir deutliche Akzente setzen. Die Windenergie werden wir komplett neu aufstellen. Stichpunkte sind: Zwischenspeicher und Wasserstoffgewinnung aus Strom. Da liegt für Bremen und Bremerhaven Zukunftspotenzial.

Im Wirtschaftsressort sollen sich ja schon einige Mitarbeiter wegbewerben ins neue Ressort für Häfen, Wissenschaft und Justiz, das die Sozialdemokratin Claudia Schilling leiten soll.

Wir sind seit zwei Wochen in Gesprächen und werden das gemeinsam und solidarisch lösen. Klar ist, dass es Veränderungen geben wird. Klar ist auch, dass ein neues Ressort auch zusätzliche Stellen braucht. Wir werden das vorbereiten, die Entscheidung wird dann im neuen Senat gefasst.

Welches Signal geht von der Regierungsbeteiligung der Linken in Bremen aus, der ersten in einem westdeutschen Bundesland?

Das bringt ein bisschen frischen Wind in unsere Partei. Wir sind ja aufmerksam beäugt worden von der Bundesebene. In erster Linie geht es aber darum, dieses Bundesland neu zu gestalten. Bremen steht vor einem strukturellen Wandel, und wir werden in den nächsten Jahren die Weichen stellen müssen, damit er nicht so verläuft wie der in den 1980er und späten 1990er Jahren. Da stehen wir gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern in der Verantwortung.

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Eine Antwort

  1. Gunnar-Eric Randt sagt:

    Deutschland im Frauen- und Familienwahn

    Alleinerziehende allein zu fördern ist Frevel. Söhne alleinerziehender, die noch dazu ohne Familie und Verwandtschaft aufgewachsen sind, wofür sie nicht können, da der Erzeuger ein menschlich degenerierter Finanzbeamter in Bremen war, der mit seinem Sohn seit seinem zweiten Lebensjahr – und deshalb später auch umgekehrt – nichts zu tun haben wollte, die aus Vernunftgründen (seltene, fast noch unerforschte, genetische Erkrankungen) kinderlos und unverheiratet geblieben und Schwerbehindert sind, gehört die Altersversorgung und Einkommensversorgung erheblich erhöht.

    Sie können am wenigsten für ihr Schicksal, von der Politik und der Gesetzgebung im Nachkriegsdeutschland immer mehr an den Rand der Gesellschaft verdrängt und mit ihren Interessen ignoriert zu werden, da sie von Unbefähigten Eltern (Mutter Intensivkrankenschwester in Findorff und später im jetzigen Siechenhaus Bremen-Mitte) gezeugt worden sind.

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