Hausärzte sind in Bremen nicht in allen Stadtteilen ausreichend vorhanden. Symbolfoto/pixabay Gröpelingen Hemelingen Schwachhausen Ärzte Bedarfsplanung Kassenärztliche Vereinigung Sollen Patienten, die sehr häufig zum Facharzt gehen, sanktioniert werden? Foto: Pixabay
Ansichtssache

Pro & Contra: Sanktionen für „fleißige“ Patienten?

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Frage: Sollen Patienten, die sehr häufig zu Fachärzten gehen, sanktioniert werden?

Pro: Jörg Hermann, Vorsitzender Kassenärztliche Vereinigung Bremen

Der Deutsche an sich geht gern und viel zum Arzt, mehr als alle anderen Bewohner des Erdballs. Dafür zahlt er ja auch ordentlich Beitrag, aber eben leider als „Flatrate“. Lief ja bisher. Aber nun gehen uns leider die Ärzte aus. Weil die Studienplätze fehlen, gibt es immer weniger Ärzte im Land. Sie fehlen im Krankenhaus, im Notdienst und in den Praxen.

Noch mehr aus Ägypten, Syrien und Irak holen geht nicht und ist überdies unanständig. Was tun also? Besser steuern: Erst zum Hausarzt, wenn nötig mit Überweisung zum Facharzt; (ja, nur zu einem).

Und wer sich nicht dran halten will? Der macht weiter wie bisher. Wer aber mitmacht, bekommt einen Bonus: „Termine für alle“, das kann ein Bundesminister versprechen, liefern kann er nicht, will er auch gar nicht. Das Bonussystem ist die Lösung. Einfach, fair, freie Wahl.

Contra: Kathrin Herbst, Leiterin der Landesvertretung Verband der Ersatzkassen

Es ist vollkommen verfehlt, Patienten bestrafen zu wollen. Die freie Arztwahl ist ein hohes Gut für die Ersatzkassenversicherten, genauso wie für alle anderen gesetzlich Krankenversicherten. Auch das Recht darauf, vor schwerwiegenden Eingriffen wie beispielsweise Rücken-OPs eine Zweitmeinung eines anderen Arztes einzuholen, darf nicht aufgegeben werden.

Wer Strafzahlungen fordert, führt die Praxisgebühr über eine Hintertür wieder ein. Die Gebühr ist aber vor rund sechs Jahren zu Recht abgeschafft worden. Sie hat Patienten und Ärzten nur Ärger eingebracht und das Ziel nicht erreicht, die Patientenströme zu steuern.

Jetzt muss es darum gehen, die Arztpraxen besser zu organisieren, um überfüllte Sprechzimmer zu vermeiden. Dabei helfen die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung, sie sollten künftig stärker genutzt werden.

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Eine Antwort

  1. Gunnar-Eric Randt sagt:

    Anständige Ausbildung – Anständige Praxisorganisation.

    Mit einer im weltweiten Vergleich laut Wissenschaftsrat unterdurchschnittlichen, fachlichen Ausbildung, die nicht einmal die Unternehmensführung beinhaltet, gehen niedergelassene Ärzte an den Start. Das muss zwangsläufig ins Chaos führen, sieht man sich die Praxisorganisation an. Der einfache Hausarzt ist in der Regel ein Allgemeinmediziner. Gerade diese Berufsgruppe wurde laut ewiger Hitliste der Klagehäufigkeit gegen Fachärzte beim vergangenen Ranking auf Platz 1 gesetzt.

    Die den Anforderungen der Geldgebercommunity im dritten Jahrtausend nicht mehr gewachsene Berufsgruppe muss in der Praxis grundlegend auf neue Beine gestellt werden, damit ihre Vertreter nicht auch noch Kompetenzüberschreitungen begehen, wie in diesem Falle. Das ist die Aufgabe des Bundesgesundheitsminister, will er wählbar bleiben.

    Eine bessere Ausbildung von Ärzten will die Bundesregierung nicht. Denn schon vor mehr als 12 Jahren kritisierte der Wissenschaftsrat diese am Standort Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten, als zu schlecht. Daran wurde nichts geändert. Anstatt die Medi-Initiative, wurde die MINT-Initiative aufgelegt. In Bremen ist der Patient grundsätzlich gut beraten, hat er mehr als einen Schnupfen, sich anderen Ortes Rat zu suchen. Hier wird nicht einmal eine medizinische Fakultät an der Uni vorgehalten. Der Bundesgesundheitsminister muss also dazu herangeführt werden, dass der chronisch mehrfach erkrankte Patient sein individuelles Gesundheitsmanagement selbst in die Hand nimmt und hierfür bei den Kosten und der Bürokratie entlastet wird.

    In Büsum, in Schleswig-Holstein wird hier bereits vorbildlich gehandelt. In einem großen Fachärztezentrum, dass im Zweischichtbetrieb läuft, sind alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angestellt. Hier können sich Verwaltungsmitarbeiter wie insbesondere Ärzte ihrem Fach widmen, von dem sie in der Regel und im internationalen Vergleich schon zu wenig verstehen, und brauchen sich nicht in Berufsfeldern mit Inkompetenz hervorzutun, für die sie nicht einmal ausgebildet sind.

    Hier können Patienten, die in Panik wegen eines Schnupfens zum Arzt rennen, von Anfängern unter den Medizinern beruhigt, ein wenig nach Quartalspauschale behandelt und von der Verwaltung am Counter ggf. nach Hause geschickt werden, kommen sie zu oft. Auch die Unsitte, dass gleich ganze Familienclans im Wartezimmern einfallen, wie es in Bremen-Gröpelingen oder der Neustadt der Fall ist, kann dort unterbunden werden. So stören sie Patienten und deren Behandlungsabläufe für schlimmere oder chronisch verlaufende Erkrankungen nicht.

    Die Wartezeit verkürzt sich auf Grund des professionellen Praxismanagements, wofür Ärzte in diesem Falle nicht stehen, enorm.
    Keiner jammert über sein Einkommen oder kommt auf Ideen, die aus der Unprofessionalität im Praxismanagement und der zu schlechten Ausbildung von Ärzten diesbezüglich resultieren.

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