Die Alt Hastedter Kirche an der Benningsenstraße Foto: Lenssen 2019: Vor der Alt Hastedter Kirche (erbaut 1862) treffen mit Stresemann- (von links) und Bismarckstraße sowie Benningsenstraße wichtige Verkehrsadern aufeinander. Foto: Lenssen
Kirche Hastedt

Vom Dorf zum Stadtteil: Dazwischen-Sein in Hastedt

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Eine Ausstellung beleuchtet Kirche und den Stadtteil Hastedt im Wandel der Zeit von 1862 bis 2019.

Der Wandel war gewaltig: Innerhalb nur weniger Jahrzehnte wurde aus dem Dorf und der Landgemeinde Hastedt ein reich bevölkerter, industrieller Stadtteil Bremens mit zentralen Schlüsselindustrien, wie der Metall- und später Autoindustrie. Es schwand nicht nur der ehemals bäuerliche Charakter.

Wegen des enormen Bevölkerungszuwachses wurde 1862 auf freiem Feld eine neue Kirche erbaut und wenige Jahre später eine neue Kirchengemeinde gegründet, die „Vereinigte evangelische Gemeinde Hastedt“. Die Ausstellung „Dazwischen in Hastedt“ stellt die Frage nach der Verzahnung von Kirchengemeinde und Stadtteil.

Neuland betreten

Wie reagierte die evangelische Kirche auf die gesellschaftlichen Entwicklungen? Wie die Menschen im Stadtteil auf die Kirche? Welche Antworten gab Kirche auf vorhandene Problemlagen? Wie veränderte sie ihre Arbeit und ihr Angebot? Mit der Untersuchung des Zusammenhangs von Stadtteilgeschichte und Kirchengeschichte betritt die Ausstellung Neuland.

 Alt Hastedter Kirche und Benningsenstraße: 1913 war es noch sehr beschaulich – nicht nur im Winter. Foto: Schulmuseum

Alt Hastedter Kirche und Benningsenstraße: 1913 war es noch sehr beschaulich – nicht nur im Winter. Foto: Schulmuseum

Als wichtiges Fazit postuliert sie für Hastedt und seine Kirche ein Dazwischen-Sein: zwischen Land und Großstadt, zwischen Rückzug und Öffnung, zwischen existenzieller kirchlicher Hilfe und Vorbehalten, zwischen Aufbruch und Stagnation und nicht zuletzt zwischen Hoffnungen und Enttäuschungen.

Zehn Monate lang gesichtet und ausgewertet

In zehn intensiven Monaten haben interessierte Mitglieder der seit 1959 zwei evangelischen Gemeinden – Alt Hastedt (Benningsenstraße) und Auferstehung (Drakenburger Straße) – zusammen mit der Kuratorin und Kulturwissenschaftlerin Andrea Hauser die Ausstellung erarbeitet und dabei auch bisher unerschlossenes Material in Privatbesitz und in den Gemeindearchiven gesichtet und ausgewertet.

Auferstehungsgemeinde an der Drakenburger Straße. Das futuristische Gebäude wurde 1960 eröffnet. Foto: pv

Auferstehungsgemeinde an der Drakenburger Straße. Das futuristische Gebäude wurde 1960 eröffnet. Foto: pv

Dabei herausgekommen ist ein spannendes Stück Stadtteilgeschichte von der Mitte des 19. Jahrhunderts über den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg bis ins 21. Jahrhundert und dem zunehmenden Bedeutungsverlust von Kirche, die zwischen Beheimatung und Öffnung agiert.

Viele Bilder zeigen historischen Wandel in Hastedt

Auf Themeninseln werden einzelne Aspekte der Stadtteilgeschichte. Zum Beispiel die Geschichte des Industriegebiets Hastedter Osterdeich/Föhrenstraße oder die Geschichte der Zwangsarbeit in der Großwäscherei Hayungs in der Drakenburger Straße präsentiert.

Grafiken und reichhaltiges Bildmaterial veranschaulichen den historischen Wandel. Ein Rahmenprogramm zur Ausstellung bietet unter anderem einen Stadtteilspaziergang zur Spurensuche und einen Filmabend zu Nachkriegserinnerungen.

Die Wanderausstellung wird bis zum 27. Oktober in der Auferstehungsgemeinde (Drakenburger Straße) gezeigt und vom 31. Oktober bis zum 24. November in der Gemeinde Alt-Hastedt. Es werden auch Führungen angeboten. Der Eintritt ist frei. Infos und Öffungszeiten im Internet unter kirche-bremen.de/termine

Eine Antwort

  1. Gunnar-Eric Randt sagt:

    Wie reagierte die evangelische Kirche auf die gesellschaftlichen Entwicklungen? Wie die Menschen im Stadtteil auf die Kirche?

    Auf diese Fragen hat der Pastor der Gemeinde eine Antwort bekommen, an die er noch lange denken wird. Er ging mit seinem Hund Gassi. Dabei begegnete ihm ein nicht deutschstämmiger Mann, der Mitten auf dem Gehweg urinierte. Der Pastor reagierte auf die gesellschaftliche Entwicklung in seiner Gemeinde zu seinem eigenen Nachteil, in dem er den Wildpinkler ansprach und rügte. Der reagierte auf den Pastor und schlug kräftig auf den Pastor ein. Der Hund des Pastors aus Hastedt, der ja zum Pinkeln in der Gemeinde ausgeführt worden ist, reagierte nicht. Vermutlich sah er in dem Wildpinkler einen Bruder im Geiste. Erst Passanten konnten den Wildpinkler davon abhalten, weiter auf den Pastor einzuschlagen.

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