Hans Jörg Kossmann wünscht sich mehr Sicherheit für Verbraucher und Autohändler. Foto: pv
Interview

Kossmann: „Natürlich Diesel kaufen“

Von
Hans Jörg Kossmann, Obermeister der Kraftfahrzeugtechniker-Innung Bremen, über den Wandel auf dem Automarkt

Weser Report: 2018 war das Jahr des Dieselskandals. Welche Überschrift geben Sie 2019?

Hans Jörg Kossmann: Ich gebe die Überschrift: „Keiner weiß, wo es hingeht“. Es gibt eine unheimliche Verunsicherung, auch unter uns Autohändlern, weil wir nicht wissen was kommt. Kommt E-Mobilität? Kommt etwas Anderes? Wird der Verbrenner abgeschafft? Es ist einfach nicht klar, was sich in zehn Jahren durchgesetzt haben wird.

Wie stellen Sie sich auf die Situation ein?

Gar nicht. Wir müssen uns immer von jetzt auf gleich neu einstellen. Allein, wie unterschiedlich alles interpretiert wird. Ich war kürzlich auf einer Veranstaltung, da hat jemand gesagt: „Wir wollen bis 2025 50 Prozent E-Mobilität.“ Dazu zählen dann aber nicht nur reine Elektroautos, sondern Autos mit Hybridantrieb werden einfach dazu gezählt.

Halten Sie denn dieses Ziel für realistisch?

Ich bin immer dafür, sich an die Fakten zu halten. Wenn wir in fünf Jahren in einer Stadt wie Bremen voll elektrisch fahren wollen, wer soll denn bis dahin die ganzen Kabel verlegen? Und wer bezahlt das? Dann bräuchten wir auch noch Autos, die laufen. Die Netze reichen nicht, um viele Autos gleichzeitig zu laden. Ich glaube, dass wir viel zu viel Geld auf Teufel komm’ raus da reinschießen. Ich zweifle, ob da noch genug Geld für die intelligenten Sachen übrig bleibt.

Was meinen Sie?

Es gibt zum Beispiel diesen synthetischen Kraftstoff aus CO2 und Wasser, den Audi in seine Diesel reinfüllt, wo es eins zu eins funktioniert wie bei herkömmlichem Kraftstoff. Die Herstellung ist noch sehr energie­intensiv, aber das scheint mir ein lohnender Ansatz, weil wir auf die bestehende Infrastruktur aufbauen können. Was verballern wir für Ressourcen, wenn wir die ganzen Batterien und Ladeeinrichtungen aufbauen wollen?

Ist die Brennstoffzelle aus Ihrer Sicht eine bessere Alternative?

Die Brennstoffzelle braucht auch Batterien. Der Vorteil der Brennstoffzelle ist aber, dass wir den Wasserstoff ganz anders transportieren können. Mercedes baut in Bremen den GLC zum F-Cell um. Es wird im Rahmen des Pilotprojektes ausreichend Tankstellen geben. Man sieht: Das ist weitaus einfacher eine Infrastruktur zu schaffen, weil wir diese Ladestationen nicht neu bauen müssen.

Wie wirkt sich die Situation auf die Kunden aus?

Bei ihnen spüre ich ebenfalls eine große Unsicherheit. Sie fragen: „Was soll ich mir kaufen?“

Und was raten Sie dann Ihren Kunden?

Natürlich rate ich einen Diesel zu kaufen. Der CO2-Ausstoß ist relativ niedrig. Das ist doch eine einfache Rechnung: Ein Auto, das fünf Liter Diesel verbraucht wird weniger ausstoßen als eines, das zehn Liter Benzin verbraucht. Das ist weitaus wirtschaftlicher. Dass wir den Diesel, das Beste, was wir an Motoren jemals gebaut haben, so kaputt reden, das will mir nicht in den Kopf. Der Dieselskandal hat da Einiges in die falsche Richtung gelenkt. Ich glaube, wir hätten diese Diskussion niemals so geführt, wenn da nicht einige Hersteller die Vorschriften sehr lax ausgelegt und andere – auf Deutsch gesagt – beschissen hätten. Verlierer sind die Verbraucher, die Wertverluste hinnehmen müssen.

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