Immer häufiger in Bremen zu sehen sind junge Menschen auf Fahrrädern mit blauem Mantel am Vorderrad: Mobilität mit dem Abo-Modell von Swapfiets. Foto: Swapfiets
Flatrate-Radeln

Rundum-sorglos-Paket für Radler

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Das Unternehmen Swapfiets hat den Bremer Fahrradverleihmarkt aufgemischt.

Das ist modern. Jederzeit Zugriff auf einen Gebrauchsgegenstand zu haben, ohne ihn fürsorglich pflegen und mit operativen Eingriffen einsatzfit halten zu müssen. Das ist die Geschäftsidee von Swapfiets. Das niederländische Unternehmen bietet an, sich von Verantwortung für das täglich genutzte Fahrrad freizukaufen, übernimmt die handwerkliche Wertschätzung des Drahtesels. „Bicycle as a service“ ist das Rundum-sorglos-Paket betitelt für ein stets verfügbares, topfittes Zweirad.

Neues Unternehmenskonzept

Damit hat die jeden Cent Gewinn in die Expansion pumpende Firma in 21 deutschen, 20 niederländischen, drei dänischen und vier belgischen Städten erfolgreich den in Verruf geratenen Fahrradverleihmarkt aufgemischt, nachdem Anbieter sich nicht um ihre Räder gekümmert und Städte mit dem Metallschrott zugemüllt hatten. Etwa Lime-Bike in Bremen. Swapfiet geht anders vor und behauptet, derzeit 160.000 Kunden zu haben. In Bremen seien 2.500 Swapfiet-Räder auf den Straßen unterwegs.

Der Store Am Wall 162-164, in dem laut Swapfiet-Angaben 20 Mitarbeiter beschäftigt sind, war im Juni 2018 der zweite in Deutschland, der erste eröffnet in der Fahrradhauptstadt Münster. Wie viele Start-ups handelt es sich nicht um Mensch-zu-Mensch-Business, vielmehr müssen Kunden im anonymen Internet auf die angenehm auf das Wesentliche reduzierte Website swapfiets.de/offer/bremen gehen und ihr Rad für den Einsatz in der Hansestadt buchen.

Bei den bisherigen Bremer Anbietern wird nach Zeit bezahlt, etwa 1 Euro für die halbe Stunde beim WK-Bike, bei der ADFC Radstation Bremen sind 15 Euro für 24 Stunden fällig, Preise, die auch Call a bike der Deutsche Bahn aufruft, Fahrradgeschäfte pflegen Angebote für 10 Euro am Tag. Swapfiets nutzt hingegen das hippe Flatrate-Prinzip. Also einmal zahlen und über einen längeren Zeitraum unbegrenzt nutzen.

Standardrad für alle

Jeder Kunde bekommt ein eigenes 28er-Swapfiet-Exemplar mit Unisex-Rahmen, inklusive Nabendynamo-betriebener Beleuchtung, Sieben-Gänge-Nabenschaltung, Ring- und Zusatzschloss sowie Frontgepäckträger. In anderen Städten gibt es eine Auswahl an Modellen, auch E-Bikes, in Berlin sogar einen Test mit E-Scootern, in Bremen ist nur ein Standardmodell verfügbar: kein Angeberfahrrad, kein Statussymbol, sondern ein praktisch robustes Allzweckrad für den Stadtgebrauch.

Rennen gewinnt man mit dem schweren Ding nicht. André Illmer, Country Manager von Swapfiets in Deutschland, sieht keine Konkurrenz zu bestehenden Mieträder-Konzepten: „Wir richten uns an die Menschen, die öfter Fahrrad fahren und sich nicht von Minutenpreisen hetzen lassen wollen. Mit unserem Konzept wollen wir dafür sorgen, dass sich mehr Menschen fürs tägliche Fahrradfahren begeistern lassen.“

Die Miete für vier Wochen kostet 19,50 Euro, Studierende zahlen zwei Euro weniger. Günstig? Muss jeder selbst für sich durchrechnen. Komfortabel? Klar. Denn Kaution, Grundgebühren, Mitgliedsbeiträge et cetera werden nicht fällig. Der Abo-Vertrag ist monatlich kündbar, also praktisch beispielsweise auch für Menschen, die neu oder nur für einen bestimmten Zeitraum in Bremen sind.

Preis inklusive Wartung und Reparatur

Im Preis inklusive ist der umfassende Wartungs- und Reparaturservice. Wirkt der Sattel zu niedrig, ist die Vorderlampe kaputt, klemmt die Schaltung, ist ein Reifen platt, scheint ein Gesundheitscheck des Gefährts notwendig – einfach eine Nachricht per Mail, App oder Telefon an die Werkstatt schicken, innerhalb von 24 Stunden und ohne Extrakosten, so das Versprechen, kommt jemand mit Schraubenziehern, Fachkenntnissen und Ersatzteilen vorbei, repariert in zehn Minuten oder stellt ein neues Rad zur Verfügung. Daher der Name Swapfiets – swap ist Englisch und heißt übersetzt austauschen, fiets ist der niederländische Begriff für Fahrrad.

Kenntlich sind die Swapfiets an dem blauen Mantel am Vorderrad. Das verweist auf den Gründungsort des jungen Unternehmens: Delft, bekannt für Delfter Blau, die idyllenmalerisch in Blauweiß verzierte Keramik aus der südholländischen Universitätsstadt. Marinetechnik studierte dort das Gründer-Trio Richard Burger, Dirk de Bruijn und Martijn Obers, alle Ende 20. 2014 boten sie erstmals Kommilitonen ihr All-inclusive-Angebot an.

Damals wurde mit aufgetakelten Gebrauchträdern gearbeitet, nach anderthalb Jahren auf fabrikneue Modelle gesetzt und mit frischem Geld die Idee in andere Studentenstädte exportiert. Laut FAZ-Recherchen gehört neben Banken der Wagniskapitalgeber Ponooc zu den Financiers. Bei dessen Tochter- oder sonstige verwandten Gesellschaften, etwa Gazelle und Derby Cycle, würden die Swapfiest jetzt als eigene Marke hergestellt. Nur für den Verleih, kaufen verboten. In Bremen unterstützen die Förderbank BAB und das Starthaus das Angebot.


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